Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)
öffnen.«
Er wirkte einen Moment lang in sich gekehrt, mit Gedanken beschäftigt, die niemand anders vermutlich auch nur annähernd erraten konnte.
»Wir sind jetzt fertig miteinander«, sagte er.
»Meinetwegen«, sagte ich und stand auf. »Aber ich will Ihnen mal sagen, was gelaufen ist. Sie haben Carl Hinkel über das Internet kennen gelernt. Dann sind Sie auf seinem Anwesen aufgetaucht, um sich mit ihm zu treffen, und wurden dabei aufgegriffen. Er war fein heraus, und Sie sind wegen Kinderschändung eingefahren. Wie fühlt man sich dabei? Übrigens, ich werde Carl Bescheid sagen, dass wir miteinander geplaudert haben.«
Dobbs stand auf und hämmerte an die Stahltür.
»Was ist denn los?«, fragte der Aufseher.
»Ich will in Einzelhaft«, erwiderte Dobbs.
Als wir wieder in Missoula waren, setzte ich Temple bei ihrem Motel ab und fuhr nach Stevensville, dann nach Osten, in Richtung der Sapphire Mountains und zu Nicki Molinaris Ranch. Ich sah seinen Nachbarn, den alten Prediger, der dürres Gras aus dem Abflussgraben vor seiner Kirche rechte. Ich steuerte meinen Pick-up an den Straßenrand und winkte ihm zu.
Er trug eine Latzhose ohne ein Hemd darunter und hatte einen Strohhut mit seitlich hochgerollter Krempe auf. Die hitzigen roten Flecken an seinem Hals und im Gesicht wirkten wie Flammenzungen. Als er sich zum Fenster herunterbeugte, sah ich, dass er eine blutige Beule, etwa so groß wie ein Entenei, auf der Stirn hatte.
»Wie geht’s Ihnen heute, Sir?«, sagte ich.
»Ich bin grade am Aufräumen. Wir haben morgen Abend einen Taufgottesdienst. Da drüben am Bach. Wir machen es auf die alte Art und Weise«, sagte er.
»Das ist die einzig richtige«, sagte ich.
»Sie dürfen gerne kommen«, sagte er.
»Ich wurde in einem Fluss in den Winding Stair Mountains im Osten von Oklahoma getauft.«
»Ich hab’s gewusst«, sagte er.
»Wie das?«
»Leute, die im Fluss getauft worden sind, haben eine ganz bestimmte Eigenschaft. Sie schauen einem in die Augen. Warum treiben Sie sich bei dem Gauner rum?«
»Durch meinen Beruf gerate ich manchmal in etwas sonderbare Gesellschaft.«
»Tragen Sie eine Waffe?«
»Manchmal.«
»Halten Sie sich von diesem Kerl fern, mein Sohn. Er ist des Teufels.«
Der alte Mann schlug mit der flachen Hand an die Fensterkante und wandte sich wieder seiner Arbeit zu.
Ich parkte auf dem weißen Kies neben Molinaris Haus und wollte zur Haustür gehen. Hinter dem Haus hörte ich ein Sprungbrett knallen, dann ein lautes Platschen und Frauengelächter. Als ich um die Hausecke kam, stiegen mir der Bratenduft von einem japanischen Grill und der durchdringende Geruch einer Crackpfeife in die Nase, und ich sah, wie Molinari auf die flachere Seite des Pools zuschwamm, während ihm drei Frauen mit Sonnenbrillen und Bikinis von ihren Liegestühlen aus zuschauten.
Sein Gemächt drückte sich unter der gelben Badehose ab, als er triefend über die gekachelte Treppe aus dem Pool stieg. Er trocknete sich mit einem flauschigen Handtuch Haare und Gesicht ab, worauf ihm eine Frau ein Glas Eistee mit einem Minzzweig reichte. Er schlüpfte in seine Badeschlappen, während er trank, und musterte mich über den Rand des Glases.
»Dort, wo Sie herkommen, ruft man wohl nicht an, bevor man bei anderen Leuten aufkreuzt?«, sagte er.
»Ist Wyatt Dixon hier gewesen?«, fragte ich.
»Nein. Das sollte er auch lieber bleiben lassen.«
»Ich habe heute Morgen mit einem Pädophilen in Deer Lodge gesprochen. Er wurde vor Carl Hinkels Haus festgenommen.«
Molinari wischte sich das Wasser von der Stirn und warf sein Handtuch über die Lehne eines Stuhls.
»Gehen wir ein Stück spazieren«, sagte er und warf einen Blick auf die Frauen am Pool. Er legte mir die Hand auf den Arm. »Erzählen Sie’s mir in drei Sätzen.«
»Dieser Typ wurde auf Hinkels Grundstück verhaftet. Ich glaube, Hinkel lässt Kinder entführen und verkauft sie an Kinderschänder.«
»Was bin ich froh, dass ich das weiß. Aber ich bin zurzeit ziemlich beschäftigt. Muss ein bisschen viel auf einmal machen, verstehen Sie? Erzählen Sie Cleo oder Holly nicht, was Sie hier gesehen haben. Ansonsten dürfen Sie morgen gern wieder herkommen, wenn ich mehr Zeit habe.«
»Sie Arschloch.«
»Ich fasse es nicht, dass jemand wie Sie auf meinem Grund und Boden steht. Sie wollen, dass ich diesen Typ in die Mangel nehme, aber gleichzeitig nennen Sie mich ein Arschloch? Wissen Sie, was ich mit jemand mache, der mir gegenüber eine derartige
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