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Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Hunger. Ich dachte, du hättest vielleicht welchen. Vielleicht sollte ich lieber gehen.«
    »Willst du nicht reinkommen, Billy Bob?«, sagte sie und zog mich am Arm, sei es aus Unmut, oder weil sie mich versöhnlich stimmen wollte. Ich wusste es nicht.
    Ein verchromter Revolver vom Kaliber .44 Magnum lag auf einem Tisch im Flur.
    »Einen Moment«, sagte sie, nahm den Revolver, ging ins Arbeitszimmer und öffnete einen mit Filz ausgelegten verglasten Waffenschrank, in dem mindestens ein Dutzend alte und moderne Pistolen hingen. Sie klappte die Trommel des Revolvers heraus und ließ die Patronen in ihre Hand fallen, hängte ihn dann an die Haken und schloss die Glastüren.
    »Was für eine Sammlung«, sagte ich.
    »Die haben meinem Vater gehört. Er war Berufsoffizier bei der Army. Er wollte immer einen Sohn haben.«
    »Hat er dir das Schießen beigebracht?«
    »Das habe ich mir selber beigebracht. Möchtest du ein Roastbeef-Sandwich?«
    »Klar«, sagte ich.
    Als wir das Arbeitszimmer verließen, sah ich oben auf einem Bücherschrank ein gerahmtes Foto von einem kleinen Jungen stehen. Er trug einen Cowboyhut und saß auf einem Shetlandpony.Das Pony hatte den Kopf in einen Futtereimer gesteckt, und die Beine des kleinen Jungen war so kurz, dass er mit den Füßen nicht an die Steigbügel kam. Der Junge hielt sich am Sattelknauf fest, als hätte er Angst, weil er so hoch oben saß.
    Ich folgte Cleo in die Küche.
    »Warum bist du so still?«, fragte sie.
    Schmalztollen auf ihrem Hof, dazu ihre mühsam unterdrückte Wut und Trauer um ein ermordetes Kind, ihr Mitleid mit einem vergewaltigten Mädchen und Not leidenden Indianern, ihre ganze innere Zerrissenheit. Ich wusste nicht einmal, wo ich ansetzen sollte, so viel ging mir durch den Kopf.
    »Mein Sohn wohnt drüben bei Doc. Ich möchte, dass du ihn kennen lernst«, sagte ich.
    Aber sie ging nicht darauf ein.
    Ich stand neben ihr am Ablaufbrett und schaute aus dem Fenster. Hart und unbeugsam zeichneten sich die Douglasfichten auf dem Hügelkamm vor dem Himmel ab. Ich legte ihr die Hand auf den Rücken. »Musst du heute Nachmittag in die Klinik?«, sagte ich.
    »Eigentlich nicht.«
    »Hast du irgendwelche andere Verpflichtungen?«, sagte ich und strich über ihre Haare.
    »Ich muss allerhand erledigen«, sagte sie.
    Ich nickte und zog die Hand weg.
    »Du hast mich ausgefragt, Billy Bob. Das kann ich nicht leiden«, sagte sie.
    »Nicki Molinari ist ein Rauschgifthändler, und er ist abartig. Er bringt nicht nur Menschen um, er lässt sie in Stücke zerlegen.«
    »Das musst du mir nicht erzählen. Mein Mann hat ihn zu uns nach Hause mitgebracht. Er hat von unserem Telefon aus angerufen und sich eine Nutte in sein Motel bringen lassen.«
    Es war nicht der richtige Zeitpunkt, um noch irgendetwas zu sagen. Genau genommen hatte ich es satt, den Dummen zu spielen. Ich nahm meinen Hut und ging. Als ich durch das Viehgatter fuhr, sah ich sie im Rückspiegel in der Tür stehen, sah, wie ihr das Kleid um die Schenkel wehte.
    Ich fuhr zurück zu Doc, wo Lucas auf der Treppe vor dem Haus saß und Gitarre spielte. Es war eine Martin HD-28, die ich ihm zum Geburtstag geschenkt hatte. Beim leichtesten Anschlag des Plektrons drang aus dem Schallkörper ein satter, warmer Ton, der klang, als wäre er in altem Eichenholz gereift.
    »Das hier kennst du bestimmt nicht«, sagte er. Dann fing er an zu singen.
    »I’m an old log hauler,
    I drove a big truck.
    I shot the pinball machine,
    But it caused me bad luck.
    All I ever made
    On a pinball machine
    Was four katty-corners,
    Then I’d miss the sixteen.«
    Er legte den Arm über die Martin, achtete darauf, dass er mit dem Manschettenknopf an seinem Jeanshemd nicht den Lack zerkratzte.
    »Das ist ein alter Song«, sagte er.
    »Tatsächlich«, sagte ich und verkniff mir ein Lächeln, weil ich doch wusste, was er unter alt verstand. »Wo sind die anderen?«
    »Doc und Maisey haben sich gestritten. Ich weiß nicht, wo erhingegangen ist, aber sie ist mit einem Jungen aus der Highschool abgehauen. Benimmt sich Maisey nicht ein bisschen komisch für ein Mädchen, das vergewaltigt worden ist?«, sagte er.
    »Inwiefern?«
    »So wie sie sich anzieht und aufführt. Reifohrringe, feuerroter Lippenstift und ein BH, mit dem –« Er wandte den Blick ab, wie immer, wenn er das Gefühl hatte, er müsste mich schonen, dürfte mir nicht zu viel von den Erkenntnissen seiner Generation erzählen.
    »Was denn?«, sagte ich.
    »Mit dem sie einem nicht grade zu

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