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Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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aufgetürmt wurde, so als wäre jemand mit einem Schanzgerät der Army am Werk, und sie wusste, dass jetzt zwei Personen dabei waren, ein Grab für sie auszuheben.
    Sie versuchte, sich aufzusetzen, doch eine große Hand ergriff sie und drückte sie wieder zu Boden. Der Mann beugtesich dicht über sie, sodass sie seinen Atem auf der Haut spürte, und sie wusste, dass er ihren Mund, die Nase und das Haar musterte, wie ein Tier, das neugierig die Beute untersucht, auf die es in einem Unterschlupf gestoßen ist. Mit einem Finger strich er über das Mal an ihrem Mundwinkel, fuhr dann mit dem Knöchel an ihrem Unterkiefer auf und ab, und sie war davon überzeugt, dass sie noch nie von einer derart groben Hand berührt worden war. Sie war voller Schwielen, als wäre die Haut mit Ziegelstaub abgerubbelt oder mit Chemikalien verätzt und gehärtet worden. Die Fingerspitzen fühlten sich an wie Schmirgelpapier.
    Er streifte ihr mit dem Daumen über die Lippen und spielte mit den Nägeln an ihren Zähnen, drückte sie dann auseinander und schob ihr einen Gummischlauch in den Mund.
    »Nein, spucken Sie ihn nicht aus. Das ist nicht klug. Nein, Sir, gewiss nicht«, sagte der Mann.
    Aber sie machte es trotzdem, spie den Schlauch und den ekelhaften Geschmack seiner ungewaschenen Hand aus.
    »Ihr Scheißkerle«, sagte sie und drehte den Kopf herum, um ihm die Worte ins Gesicht zu schleudern.
    »Eine unanständige Frau bringt ihr ganzes Geschlecht in Verruf. Bitte gebrauchen Sie mir gegenüber keine solchen Ausdrücke mehr. Ich stelle fest, dass diese Welt zu einer Kloake geworden ist«, sagte der Mann.
    Er schob ihr die Hände unter die Achseln und zerrte sie in eine steinige Grube, sodass ihre Füße jäh auf den harten Boden schlugen. Dann warfen die beiden Männer eine Schaufel Erde nach der anderen auf ihren Leib und fingen an, sie lebend zu begraben.
    Sie wunderte sich darüber, wie rasch ihre Füße, dann die Waden, die Oberschenkel, der Bauch und die Brust mit Erde und Steinen bedeckt waren, die auf ihr lasteten und sie festhielten,als steckte sie in Zement. Einer der beiden Männer hielt inne, ließ seine Schaufel zu Boden fallen, kniete sich hin und schob ihr eine Haarsträhne aus dem Mundwinkel.
    Dann drückte er ihr wieder den Schlauch an die Zähne, und diesmal öffnete sie den Mund und nahm ihn entgegen.
    Die Männer machten sich wieder an die Arbeit, und sie spürte die Krumen wie Regen auf ihre Wangen prasseln, spürte, wie sich die Erde über ihrem Gesicht schloss. Das Tosen des Flusses und die Stimmen der Männer verstummten, als wären sie aus der Welt getilgt, und die einzigen Geräusche, die sie noch hörte, waren ihre Atemzüge durch den Schlauch und der dumpfe Aufprall großer Steine, die auf sie gelegt wurden.
    Sie versuchte an die Farm unten an der Mandragora Bay zu denken, wo sie als kleines Mädchen gelebt hatte. Die Weiden waren im Frühling mit Kornblumen übersät gewesen, und in einer verfallenen roten Scheune hinter dem Haus nistete ein Eulenpaar, und wenn sie bei Sonnenaufgang aus dem Fenster schaute, sah sie, wie sich die Eulen aus einem Loch im Scheunendach zwängten und in den Wald davonschwebten, zurückkehrten und wieder darin verschwanden, wenn die Landschaft ins erste rosige Morgenlicht getaucht wurde. Mit der Zeit verband sie den Flug der Eulen in die Dunkelheit mit dem Anbruch eines neuen, herrlichen Tages.
    Sie dachte an die Stürme über dem Golf und an den Regen, der über die Bucht zog und auf den Wassermelonen auf den Feldern ihres Vaters tanzte. Sie sah das Windrad vor sich, das sich in der auffrischenden Brise drehte und Wasser in die Pferdetränke pumpte, den harten blauen Himmel und das wehende Moos an den immergrünen Eichen, die auf der einen Seite ihres Hauses standen und Schatten spendeten. Sie sah ein Flugzeug, das den Namen einer Limonadenmarke in denHimmel schrieb, sich in die Kurve legte und geradewegs ins Himmelszelt aufstieg, während es mit weißem Rauch einen dicken Buchstaben nach dem anderen malte. Dann zerflossen die Lettern und lösten sich in kleine Klümpchen auf, wie geronnene Buttermilch, und ihr Vater erklärte ihr, das läge am Wind, der hoch oben am Himmel wehte, und sie fragte sich, wie dort der Wind wehen konnte, wo es doch keine Bäume gab.
    Sie dachte an all die Gaben der Erde, die in der Luft lagen, an den Geruch nach Meersalz an heißen Tagen, daran, wie sich die Wolken verformten, wenn man im Gras lag und zum Himmel aufblickte, an das Ozon, das durch die

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