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Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Blitze entstand, an das Knattern der Palmwedel und die roten und goldenen Blätter, die im Herbst von den Bäumen rieselten.
    Vor ihrem inneren Auge sah sie das Eulenweibchen aus dem Wald zurückkehren, mit ausgebreiteten Schwingen auf das Loch im Scheunendach zuschweben, den Bauch voll geschlagen, nachdem es die ganze Nacht auf der Jagd gewesen war. Die Rückkehr der Eulen bedeutete, dass ein neuer Tag anbrach, nicht wahr, ein Tag voller Verheißungen und Erwartungen? Aber diesmal zwängte sich die Eule nicht durch das Loch im Dach. Stattdessen flog sie mit ausgestreckten Fängen genau auf ihr Gesicht zu.
    Sie wurde größer und massiger, spannte die Schwingen immer weiter, die jetzt ledrig wirkten, durch die Luft klatschten und die Sonne verdeckten. Das Klatschen wurde so laut, dass es ihr in den Ohren dröhnte und die Erde erbeben ließ.
    So ist es also, wenn der Tod kommt, dachte sie, und sie würgte an ihrem Speichel und spürte, wie ihr der Schlauch aus dem Mund glitt.
    In diesem Moment wuchtete jemand mit beiden Händen einen flachen Felsbrocken von ihrer Stirn, wischte ihr die Erdeaus dem Gesicht, löste das Klebeband von ihren Augen und entfernte einen Steinsplitter von ihrer Zunge.
    »Billy Bob?«, sagte sie.
    Dann wurde sie an beiden Armen aus dem Grab gezogen, wie ein Gekreuzigter, der vom Schandholz genommen wird.
    »Sie werden es überstehen, Lady«, sagte der Sheriff. »Nur keine Sorge. In zehn Minuten sind Sie auf dem Hubschrauberlandeplatz beim St. Pat’s.«
    Sie starrte in die Sonne, auf die Silhouetten über ihr und die gedrungenen Umrisse eines Helikopters neben ein paar Ponderosakiefern, die auf blankem Fels wuchsen. »Billy Bob?«, sagte sie.
    »Ja«, sagte ich.
    Aber sie schaute auf den Fluss hinab, der unter uns über die Felsblöcke toste, und auf die schillernde Gischt an den Wänden der Klamm, dann auf den schmelzenden Schnee auf den Föhren, die braunen Falken, die am Himmel kreisten, und die langen, grünen Hänge der nördlichen Rocky Mountains und fand keine weiteren Worte mehr.

21. KAPITEL
    Der Sheriff setzte sich in den Warteraum des St. Patrick’s Hospital. Er betrachtete mich, während ich auf und ab ging.
    »Ich buchte Dixon ein. Sie haben mein Wort darauf«, sagte er.
    »Was dann?«, sagte ich.
    »Sie hat seine Stimme noch nie gehört. Ich sehe zu, dass ich ein halbes Dutzend anderer Hinterwäldler auftreibe und lasse sie zu einem Stimmenvergleich antreten.«
    »Sie hat ihn mit dem Zigarettenanzünder gebrannt. Das sollte genügen.«
    »Es ist ein Anfang. Nun beruhigen Sie sich doch. Sie erinnern mich an eine Eidechse, die auf einem heißen Stein rumhechelt.«
    »Sie sollten ihn lieber aus dem Verkehr ziehen, Sheriff.«
    »Ich glaube, Ihre Mama hat Sie ausgesetzt, bevor Sie trocken hinter den Ohren waren, mein Junge. Wirklich wahr«, erwiderte er.
    Eine halbe Stunde später, nachdem der Sheriff weg war, kam Temple aus der Notaufnahme. Ihre Kleider waren zerknittert und mit Erde verschmiert, die Haare zerzaust.
    »Nimmst du ein Mädchen mit?«, sagte sie.
    »Bist du okay?«
    »Klar«, sagte sie.
    »Lass mich erst mit dem Arzt sprechen«, sagte ich.
    Sie kam zu mir und legte die Stirn an meine Schulter. Ich nahm den Geruch nach feuchter Erde und fauligem Laub wahr, der in ihren Haaren und in der Kleidung hing. »Bring mich heim, Billy Bob«, sagte sie.
    Ich hielt ihr die Tür des Pick-ups auf und fuhr den Broadway entlang zu ihrem Motel. Der Himmel war blau, der Schnee auf den Bäumen war mittlerweile weggeschmolzen, und die Straße glitzerte nass in der Sonne. Es war ein herrlicher Tag, aber Temple hatte keinen Blick für die Welt rundum übrig.
    »Sag das noch mal. Wie habt ihr mich gefunden?«, sagte sie.
    »Jemand im Fitnessstudio hat gesehen, wie ein Mann mit deinem Explorer weggefahren ist. Ich habe den Sheriff angerufen, und er hat eine Großfahndung danach in die Wege geleitet. Ein Autobahnpolizist hat sich gemeldet und durchgegeben, dass er so einen Wagen gesehen hätte, als er durch die AlbertonGorge in Richtung Westen fuhr. Der Sheriff hat einen Hubschrauber besorgt, und wir sind losgeflogen.«
    »Ihr habt den Explorer aus der Luft sehen können?«
    »Yeah, so war’s in etwa.«
    Sie wirkte in sich gekehrt, als wäre sie mit einer Rechenaufgabe beschäftigt.
    »Wenn sie den Explorer unter den Bäumen geparkt hätten, wärt ihr über mich weggeflogen«, sagte sie.
    »Vermutlich ja«, sagte ich.
    Sie holte Luft und strich sich die Haare aus der Stirn.
    »Ich glaube, ich

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