Die Godin
hätt.«
»Was für einen Antrag nachert?« fragte Wimmer. »Den Antrag auf Freigang zur Beerdigung von seiner Alten.«
»Aber das ist doch schon so lang her, Bletz. So was kann doch einem jeden passieren«, sagte Wimmer. »Ich mag den Kuntn auch nicht. Auf einmal wird der bigott!«
»Eine arme Sau ist es«, warf Feichtl ein. »Außerdem, muß ich schon sagen, ist es wahr, daß der Bletz gern solche Anträge verschmeißt.«
»Ja, einen Unterschied zwischen einem Sanatorium und einem Zuchthaus«, entgegnete Wimmer empört, »muß die Bagasch schon auch noch spüren, was, Bletz? Außerdem - den Bletz beim Pfarrer hinhängen, das bringt sie dann schon noch fertig, die gar so arme Sau.«
»Er selber wars ja gar nicht«, erwiderte Feichtl.
»Wer sonst?«
»Was weiß ich? Vielleicht die Alte, die ihn jetzt ein paarmal besucht hat.«
»Die von Sarzhofen meinst?«
»Ja. Oder der Pfaff. Der kanns auch gwesen sein.« Feichtl gähnte. Er stand auf und zog seine Uniformjacke über.
»Werdets sehn, den auf Achtzehn tragen wir bald mit den Füßen voraus aus seinem Loch. Der mag nimmer, besonders, seit seine Alte gestorben ist. Das spür ich.«
Wimmer beugte sich vor. »Hat der je mögen? Ich bin jetzt da herinn, seit der Krieg aus ist. Der auf Achtzehn ist allerweil schon gewesen wie ein leibhaftiges Gespenst.«
»Ich geh jetzt noch einmal herum«, sagte Bletz in beiläufigem Ton. Er schloß seinen Gürtel und und setzte seine Mütze auf. »Dann ist für heut Schluß.«
»Du hast es gut, Bletz. Aber daß du beim Heimfahrn nicht wieder in den Graben fahrst. Hast dein Radi jetzt schon richten lassen? Was ist denn überhaupt mit dem Licht neulich gewesen? Ist ja kein Wunder, wenn du dich da im Finsteren fast derrennst.«
»Was weiß ich? An der Lampe ist etwas hin. Ich tu Karbid rein, aber zwei Tag später brennt sie schon wieder nicht mehr.«
»Tus halt in die Werkstatt runter.«
»Da ist es doch schon andauernd. Nutzt gar nichts. Jeder stellt sich dumm.« Er grüßte und griff nach der Türklinke. »Bagasch, die.«
In der Schlange der Arbeitssuchenden vor der Städtischen Arbeitsvermittlung hatte Kajetan zwei Männern zugehört, die verärgert von ihren Erlebnissen in den Filmstudios im Münchner Süden sprachen. Sie waren darüber erbost, daß ein aufgeblasener Assistent, der die Komparserie zu einem Historienfilm auszuwählen hatte, sie schon bei der ersten Durchsicht mit der Feststellung, sie hätten nun einmal nichts, aber schon gar nichts von einem römischen Helden, als ungeeignet ausgesondert hatte. Da Kajetan angesichts der beiden ungeschlachten Männer diesem Urteil zustimmen mußte, hatte er sich hoffnungsvoll in das Besetzungsbüro in Geiselgasteig begeben. Er hatte zunächst Glück; man suchte Statisten für einen neuen Film. Pech hatte er allerdings, weil es sich dabei um ein Epos über den heldenhaften Kampf germanischer Recken handelte. Mit der Bemerkung, man würde ihn sich für einen anderen Film notieren, hatte man ihn, der sich schon auf der Leinwand sah, entlassen. Er hatte noch wissen wollen, um welchen Film es sich dabei handeln würde.
Für einen ebenfalls geplanten Sittenfilm, in dem es um die verheerenden Auswirkungen von Wollust und Absinth in den Hafenkaschemmen von Marseille gehen würde, wurde ihm erklärt. Enttäuscht hatte er den Heimweg angetreten.
Bereits auf dem Treppenhaus sah er, daß die Tür zu seiner Kammer offenstand.
»S’Gott, der Herr«, sagte Burschi gemütlich.
Kajetan verbarg sein Entsetzen, als er den mächtigen Brauknecht am Tisch sitzen sah. Er zog die Tür hinter sich zu. »Der Burschi!« erwiderte er mit gezwungener Freundlichkeit.
Der Brauknecht sah sich anerkennend um. »Recht kommod hast es da. Muß schon sagen.«
»Was gibt mir die Ehr?« versuchte Kajetan zu scherzen.
»Zweng der Kraus-Tant ist es«, erklärte Burschi entschuldigend, »sie sagt, daß sie die Kammer wieder brauchen tat.«
»Die Kammer?« fragte Kajetan dumm.
»Deine Kammer, ja.« Der Brauknecht rülpste verhalten. »Genau die. Die tat sie brauchen, sagts. Es war denn, du gäbertst mir soviel, wie der Zins für drei Monat ausmacht.«
»Moment! Bloß zwei stehen aus, hat mir die Tant gsagt.«
Burschi grinste verschlagen.
»Kann schon sein. Aber ich sag: drei. Wohnungen sind gesucht heutzutag. Das sollts einem wert sein.«
»Ah so!« Kajetan verstand. »Ein Geschäft.«
»Schön hast das gesagt. Lieber gesund und reich als arm und krank, heißt es beim Burschi. Der muß
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