Die Godin
Rott?«
Kare schüttelte benommen den Kopf. Tapsend wich er zurück.
»Und zu Landshut warst auch nie, gell? Das hab ich mir schon denkt. Komm mit.«
»Was… was…«, stotterte Kare gebrochen, während ihm der zweite Beamte die Hände zusammenschloß und ihn wegführte. Der erste Polizist schlug das Gitter wieder zu. »Und du«, rief er in die Zelle, »du darfst noch ein bisserl bei uns bleiben. Des freut dich doch, oder? Erst muß nämlich der Amsrichter gehört werden. Nach Paragraph hundertsiebenundzwanzig, verstehst? Heut sind wir nämlich korrekt.«
Der Polizist drehte den Schlüssel um.
»Ah, des hätt ich glatt vergessen: Des da ist kein Hotel. Da muß ich den Herrn leider enttäuschen. Wenn er biseln muß, kann er in seine Hosen biseln. Weh dir, wenn ich in der Früh reinkomm und seh eine Lacken!«
»Was… was geschieht mit dem Kare?«
»Geht dich nichts an.« Der Beamte ging weg.
»Na? Rausch ausgeschlafen!«
Ein Beamter hatte das Gitter geöffnet. Kajetan richtete sich träge auf.
»Ahhh - da stinkts ja wieder wie im Bockstall!« Der Polizist verzog das Gesicht und winkte ungeduldig. »Jetzt steh halt auf! Raus da.«
Kajetan setzte seine Füße auf den Boden und stand steif auf. Seine Glieder schmerzten. Benommen musterte er den Beamten. Er kannte ihn nicht. Die Schicht hatte gewechselt.
»Geh zu, schlaf nicht ein«, drängte der Ältere. »Die Mama wart gewiß schon.« Er griff Kajetans Ärmel und zog ihn in den Flur.
»Da gehts raus.« Er zeigte zum Ende des Flurs. »Schleich dich. Und laß dich nimmer blicken.«
Mit steifen Gliedern tappte Kajetan durch den Flur. »Da! Durch die Wachstuben gehts raus!« rief ihm der Gendarm nach.
Kajetan betrat die Wachstube. Ein ernst wirkender, blasser junger Polizist sah kurz auf und wies auf die nach außen führende Tür. Kajetan durchquerte den Raum und griff an die Türklinke. »Halt!«
Der Ruf klang entsetzt. »Halt!… ah, haltens an!« Der junge Beamte stieß seinen Stuhl mit einer heftigen Bewegung zurück und eilte heran. »Sagens…«, stammelte er fassungslos, »Herr… Herr Inspektor…?«
Kajetan blieben stehen.
»Tatsächlich! Herr… Inspektor! Sie?« Die Augen des Polizisten waren geweitet. »Kennens mich nimmer? … Zunhammer, Thadäus… Thadädl habens mich allweil genannt im Vierer! Erinnerns Ihnen nimmer? Sie san doch in der Kriminalabteilung gewesen?«
Kajetan wandte sich langsam um.
»Zunhammer?«
»Ja! Anwärter im Vierer! Kapuzinerstraß! Wissen Sie es nimmer?«
Er erkannte den Jungen und lächelte gequält. »Der Zunhammer Thadädl…«
»Akkurat der!«
»Der wo allweil in die Spuren getappt ist?«
Der Polizist bestätigte. »Der wo all weil in die Spuren getappt ist! Akkurat der.«
Kajetan mußte schmunzeln. »Aber der trotzdem der wifste Kopf von allen gewesen ist?«
Zunhammer nickte. Als Kajetan jedoch erfreut auf den jungen Polizisten zugehen wollte und seine Arme hob, versteifte sich Zunhammer plötzlich. Er trat einen halben Schritt zurück.
»Ich hab ghört, daß Sie bei der Polizei, ah, aufhören haben müssen.«
»Man hat mich rausgeschmissen, ja.«
»Aber… jetzt, wie kommen Sie denn jetzt da herein… in die Zelle? Und in so einem… Zustand?« fragte er reserviert.
Ernüchtert ließ Kajetan die Arme sinken. Auch er roch jetzt den Gestank, der von ihm ausging.
»Da fragst am besten die gestrige Schicht, Thadädl«, sagte er bitter.
»Im Schichtbericht steht bloß was von einer Schlägerei in Zusammenhang mit der Straßenprostitution. Sie sind doch nicht…?«
»Was?«
»Ich mein, Sie haben doch nichts zum tun mit…?«
»Ach so. Ob ich auf den Strich umgestiegen bin?«
»Hab ich nicht gsagt.«
»Aber ich. Nein, soweit ist es noch nicht. Das tat ich wissen, Thadädl.«
»Eh… Wachtmeister Zunhammer, entschuldigens - ist Vorschrift.«
»Ah so, ja. Entschuldige, Thadäd…«
»Und mit dem Kaiser oder dem Urban haben Sie doch auch nichts zu schaffen? Was schreiben die Kollegen dann für einen Blödsinn in den Schichtbericht?«
»Wer soll der Kaiser und der Urban sein?«
Zunhammers Augen verengten sich mißtrauisch.
»Der Kaiser ist der, der wo den Strich in der Altstadt unter sich hat. Da gibts dann noch das Revier am Zentralbahnhof und beim Ostbahnhof.«
»Ah so. Des hats zu meiner Zeit noch nicht gegeben.«
»Da waren ja auch noch Bordellhäuser erlaubt. Außerdem haben Sie allweil bloß die Nasen in irgendwelche Kadaver gesteckt.«
»Stecken müssen.«
Zunhammer
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