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Die Godin

Die Godin

Titel: Die Godin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hueltner
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Wortwechsel folgte, hatte ihn zusammenzucken lassen. Die energische Stimme der Fürsorgebeamtin war deutlich zu hören. Was eine dunkle Männerstimme rief, war nicht zu verstehen. Nach kurzer Zeit kam die Beamtin mit von Zorn und Anstrengung gerötetem Gesicht die Treppe herab. Sie zog ein widerstrebendes weinendes junges Mädchen mit sich.
    »Du hast es knapp beinander, Brettschneider!« rief, sie scharf. Ohne den Besitzer noch eines Blicks zu würdigen, verließ sie den Raum und schlug die Tür hinter sich zu. Die Scheiben klirrten. Der Pensionsbesitzer fuhr sich mit der Hand über die fettige Stirn.
    »Das Fräu’n Ella - also so was…«, log er.
    Kurz danach waren schwere Tritte auf der Treppe zu hören.
    »Wo kriag i iatz mei Geld zruck?« schrie der junge Bauer und setzte einen Fluch nach. »Auf der Stell möchte i mei Geld zruck!« Brettschneider musterte ihn verächtlich.
    »Da gehst am besten gleich in die Nußbaumstraß. Da gibts eine Stelle, wo so ein Kloiffe wie du sein Geld zurückkriegt!«
    Der Bauer stutzte. »Tatsach?« Erleichterung malte sich auf sein gerötetes Gesicht. »Hab ich a Massl! Nußbaumstraß! Wo ist denn des?«
    Der Inhaber antwortete nicht. Der Bauer wandte sich an Kajetan. »Woaßtas du?«
    Kajetan nickte. »Nicht weit vom Bahnhof. Das ist die Psychiatrische.«
    »Die - wos?«
    Brettschneider mischte sich wieder ein. »Das Narrenhaus, du Äff!«
    Das Gesicht des Bauern wurde dunkelrot. Kajetan trat einen Schritt zurück. Der Bauer wollte sich auf Brettschneider stürzen. »Du Halunk, du ausgschaamter!«
    Brettschneiders Stimme klang schneidend. »Halt doch die dumme Fotzn. Weißt, wie alt die war? Wenn die achtzehn gewesen ist, wars alt. Sei froh, daß du nicht ins Zuchthaus kommst, du Rindviech, du saudummes.«
    Der Mann erschrak und dachte nach. Ein boshaftes Leuchten glänzte in seinen Augen. »Kunnt sei«, sagte er schlau, »du aber auch, nedwahr? Also - gib du mirs Geld. Sunst…« Er beugte sich drohend über die Empfangstheke.
    Brettschneider blieb ungerührt. »Wennst meinst. Komm ich halt ins Zuchthaus. Macht mir nichts.«
    »Ha?«
    »Überhaupt nichts. Weil mir des der Spaß, wenn deine Alte und die ganze Gmoa davon erfahren, wert ist.«
    Der Bauer suchte zornig nach Worten. Dann drehte er sich mit einem heftigen Ruck und polterte fluchend aus dem Raum. Brettschneider sandte ihm einen abschätzigen Blick hinterher.
    »Blöder Hund«, knurrte er. Er sah zu Kajetan und wies mit dem Daumen nach oben. »Aber noch blöder als die Britschn, die Ella, kann wohl keins sein. Laßt die von ihrem Haberer eine Annonce aufgeben und meint ganz besonders raffiniert zu sein. Ich denk, mich trifft der Schlag, wie es les: >Zigarettenprobiersalon. Zigaretten-Ella.< Und meine Adreß! - Tja. Aber jetzt hamns doch Glück gehabt. So schnell kanns gehen. Zimmer elf…«, er radierte im Belegbuch, »… wäre frei geworden.« Er sah nüchtern auf. »Wollens allweil noch einziehen? Ein schönes Zimmer. Und eine Unterhaltung habens auch, wie Sie gesehen haben. Ja? - Dann braucht ich bloß noch eine Anzahlung.«
    Kajetan nickte. Das sei natürlich kein Problem für ihn, sagte er. Es würde ihn freuen, hatte Brettschneider geantwortet, weil Probleme, die hätte er selber genug.
     
     
    »Was soll das sein?« Der Angestellte des Pfandhauses in Schwabing konnte nichts mit diesem kleinen Kästchen, aus dem ein Draht mit einer Art Kopfhörer hing, anfangen. »Das ist ein Detektor«, erklärte Kajetan und blickte schmerzvoll auf das Gerät, das er sich von seinem ersten Lohn, den er im Kopierwerk erhalten hatte, gekauft hatte und dessen letzte Rate er erst kurz vor seinem Hinauswurf bezahlen konnte.
    »Ein was?«
    »Ein Radio halt.«
    »Ahso.« Der Angestellte begriff. »Nobel, nobel«, stichelte er boshaft. Abschätzig wiegte er das Gerät in seinen Händen.
    Kajetan hob den Zeigefinger. »Aber ein besonderer. Nämlich mit einem neuen Kramolin-Zweikristall und einem Isaria-Kopfhörer.«
    »Soso. Und was kost so was - neu?«
    »Neu gute dreißig Mark.«
    »Dreißig Mark? So ein Haufen Geld? Erzählens mir nichts. Dreißig Mark für das Kasterl! Also… nein, das kann ich Ihnen nicht abnehmen. Radio! Das interessiert bloß die Spinnerten.« Er schob es zurück. »Habens sonst noch etwas?«
    Kajetan klappte den Deckel seines Koffers wieder hoch. Der Angestellte beugte sich vor und runzelte die Stirn.
    »Das Gewand da könnens auch gleich drin lassen. Flöh haben wir schon genug da herinn. Nimm ich ned. -

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