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Die Godin

Die Godin

Titel: Die Godin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hueltner
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die jetzt schon schuldig bleiben? Hab gemeint, daß ich Ihnen das nicht zu sagen brauch«, sagte der Inhaber eisig.
    Kajetan nickte und kramte hastig in seiner Hosentasche. Als er die Münzen auf den Tisch legte, versuchte er zu lächeln.
    »Müssens entschuldigen, Herr Brettschneider, aber ein Umzug … verstehens schon…?«
    Mit geübter Bewegung stricht der Inhaber das Geld in seine geöffnete Hand.
    »Schon recht«, brummte er. »Nehmen Sies mir nicht übel. Aber heut langts mir grad schon wieder.«
    »Was ist denn passiert?«
    »Nichts. Gehns nur rauf. Nummero elf. Das Glump vom Madl hab ich schon rausgeschmissen. Der Abort ist einen halben Stock höher.«
    »Weiß ich.«
    »Worauf wartens dann noch? Auf den Träger?« Kajetan griff nach seinen Koffern und betrat die Stiege.
    »Ach ja, Herr… Herr…«, der Inhaber sah mürrisch auf.
    Kajetan blieb stehen und sah ihn über die Schulter an.
    »Herzlich willkommen.« Brettschneider hatte gequält gelächelt, doch bereits bei der vorletzten Silbe war sein Mundwinkel wieder nach unten gefallen.
    Die Treppenbohlen des alten Hauses knarzten. Als Kajetan auf dem zweiten Stock anhielt, um etwas Luft zu holen, öffnete jemand hinter seinem Rücken, am Ende des lichtlosen Flurs, eine Tür. Leises Gemurmel war zu hören. Dann wurde die Türe wieder geschlossen. Mit eiligen Schritten löste sich eine Gestalt aus dem dämmerigen Dunkel.
    »S’Gott«, grüßte die junge Fürsorgerin gedankenverloren, maß ihn mit einem kurzen Blick und betrat eilig die Treppe nach unten. Ihre Schritte verloren sich. Kajetan erwiderte kopfschüttelnd den Gruß und setzte seinen Weg fort.
    Die Zimmertür war nicht verschlossen. Er stellte sein Gepäck ab, setzte sich auf einen der beiden Stühle und sah sich um. Die Kammer war winzig. Neben dem Fenster stand ein schmales eisernes Bettgestell mit dünner Roßhaarmatratze, vor dem ein verwaschener und dünn ausgelaufener Teppich lag. Daneben blieb nur noch Platz für ein kleines Nachtkästchen, auf dem sich eine Schüssel mit einem Wasserkrug befand. Darüber hing ein an den Rändern gefleckter Spiegel. Zwischen Schrank und Bett fand sich gerade noch Platz für einen kleinen Holztisch, doch um den Schrank zu öffnen, würde man bereits die Stühle verrücken müssen. Was die winzigen dunklen Sprenkel an der Wand neben dem Bett bedeuteten, wußte Kajetan sofort: Auch seine Vormieter hatten offenbar einen vergeblichen Kampf gegen die Wanzen geführt.
    Eine warmfeuchte Luft drang in die Kammer. Die Fensterflügel waren weit geöffnet. Kajetan beugte sich hinaus und sah in die fleckige, graue Dämmerung über den Dächern der gegenüberliegenden Häuser.
    Auf dem Pflaster der engen Gasse näherte sich ein Fuhrwerk. Kajetan stützte sich auf den Sims und sah nach unten. Das Gespann zog einen geschlossenen, kastenähnlichen Wagen. Ein heiserer Ruf ließ die Pferde anhalten. Während der Fuhrmann auf dem Bock sitzen blieb, stiegen seine beiden Begleiter ab. Die Männer im dunklen Anzug hatten die Pension betreten. Wenig später kreischte die Tür erneut in den Angeln. Ein älterer Mann mit einem Arztkoffer in der Hand verließ das Haus, setzte sich seinen Hut auf und ging die leicht abschüssige Gasse hinab.
    Nach wenigen Minuten kamen die beiden Männer zurück. Sie trugen einen schmucklosen Holzsarg, stellten ihn neben dem Wagen ab, öffneten dessen Klappe und schoben den Sarg hinein. Die Pferde zogen an. Das Fuhrwerk ächzte, wendete und verschwand hinter der Biegung. Bald war auch das Klappern der Hufe und das Knirschen der eisenbeschlagenen Räder auf dem Pflaster verstummt.
    Kajetan schob das Fenster zu. Nachdem er seine Koffer entleert und den Inhalt im Schrank verstaut hatte, griff er in seine Tasche, kramte seine letzten Geldstücke hervor, legte sie auf den Tisch und begann zu rechnen.
    Das Geld würde gerade noch für zwei Tage reichen. Er griff nach der Liste, die er vor einiger Zeit aus dem städtischen Berufsbuch notiert hatte. In der Stadt gab es ein knappes Dutzend Detekteien. Etwa die Hälfte von ihnen hatte er bereits vergeblich aufgesucht. Es handelte sich meistens um schwindsüchtige Ein-Mann-Büros, aus denen er sofort wieder hinauskomplimentiert worden war. Sein Finger fuhr über das Papier und deutete auf eine Adresse, die er noch nicht ausgestrichen hatte.
    Es würde wieder nichts werden.
     
     
    Pius Fleischhauer, Inhaber der Auskunftei gleichen Namens, hatte seine Enttäuschung darüber, daß der Besucher nicht mit einem

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