Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Godin

Die Godin

Titel: Die Godin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hueltner
Vom Netzwerk:
und raunte ihren Namen. Sie schob ihn zurück. »Geh«, sagte sie verlegen, »ich stink doch schon nach altem Weiberleut.«
    Sie solle keinen Blödsinn reden, befahl er mit gespieltem Ärger und führte sie in das Bahnhofscafe. Sie fanden einen leeren Tisch, nahmen am Fenster Platz und winkten der Kellnerin.
    Verstohlen betrachteten sie einander und stellten erschrocken fest, daß sie sich fremd geworden waren. Eine bittere Pause entstand.
    Die Kellnerin trat an den Tisch. »Was darfs sein?«
    »Zwei Tassen Melange und zwei Stückerl vom Apfelkuchen!« befahl Fleischhauer. »Pius - nein«, sagte die Frau unbehaglich. »Was - nein?«
    Die Kellnerin sah verärgert auf die beiden Gäste herab. »Haben Sies bald?«
    »Ich mag kein Süßzeug«, beharrte die Frau. »Aber der Kuchen da herinn ist gut!« drängte er. »Ich mag ihn trotzdem nicht!«
    »Aber einen Kaffee - den magst schon?« fragte er gereizt.
    Sie nickte zögernd. Die Kellnerin ging zurück. Der Mann sah betreten auf die Tischplatte und fingerte eine Zigarette aus seiner Manteltasche. »Entschuldige…«, murmelte er.
    »Hör auf«, flüsterte sie gepeinigt. Er sah überrascht auf. Sie lächelte unglücklich. »Es tut wieder weh mit dir. Wie früher …«
    Sie erkannten sich wieder. Als wenig später das Bestellte gebracht wurde, sprachen sie längst vertraut über Vergangenes. Am Schluß redete nur noch sie, während er gebannt zuhörte und nur hin und wieder ungläubig den Kopf schüttelte.
    »Und deswegen«, schloß sie, »bin ich zu dir gekommen.«
    Er schwieg eine geraume Zeit und sah nachdenklich aus dem Fenster.
    »Es ist schon seltsam mit dir.« Er wandte ihr wieder sein Gesicht zu. »Wo du hinlangst, ist es richtig.«
    »Wie?« wunderte sie sich.
    »Schau«, erklärte er sachlich, »damals bist du mit dem anderen weggegangen. Es hat weh getan. Aber es war richtig. Ich war nichts gewesen für dich. Ich, mit meiner Unrast wie eine überdrehte Uhr.«
    Sie antwortete nicht.
    »Es war nicht gutgegangen«, fuhr er fort, »da hätten wir uns liebhaben können, wie wir gewollt hätten - es hätt kein gut getan. Is nicht wahr?«
    »Ja«, log sie.
    Der Detektiv beugte sich vor. »… Ich hab doch noch alles sehen müssen, ich hab nichts als einen Hunger gehabt wie alle, die aufgewachsen sind hinten im Wald. Ich hab dich lieb gehabt, aber bis ans End meiner Tag war ich unglücklich geworden, wenn ich nicht getan hätt, was ich hab tun müssen. Und was war das nicht alles: Ich bin danach auf Hamburg hinauf, auf Amerika rüber, nach Afrika runter. Ich könnt nichts auslassen. Nein«, er bestätigte sich mit einem Nicken, »mit mir wärst du eingegangen. Irgendwann hätte ich zu schreien angefangen, wäre böse geworden und eines Tages ausgebrochen.«
    Sie sah ihn aufmerksam an.
    »Hast recht«, stimmte sie nüchtern zu. »Deshalb bin ich damals mit dem Hans nach Sarzhofen gegangen. Er ist kein Feiner gewesen, und wenn ich ihn nach der Arbeit getroffen hab, hat er gestunken wie ein Sauknecht. Und das Gewandte von dir, das hat er auch nicht gehabt. Viel geredet, wie du, der einen einwickeln hat können, bis einem ganz zweierlei geworden ist, hat er nie. Aber wenn er gesagt hat: Gut is! oder: Schlecht is! oder: Schief is! oder: Grad is! - dann war es gut oder schlecht, schief oder grad. Und wie er dann gesagt hat: Geh mit!, da wüßt ich, daß er ernst mit mir sein wollte. An einem festen Platz, wo ein Dach war über mir. Wo hätt ich hinsollen? Die Fabrik in Schwabing, wo ich zu deiner Zeit gearbeitet hab - das war nicht meins. Ich bin eine Einfache. Wenn ich ja sag, sag ich ja. Ich habs nie bereut.«
    »Ich bin dir nicht bös«, log er und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ich klag nicht. Ich hab ein gutes Leben gehabt. Nein - was ich mein, ist, auch jetzt wieder langst du dorthin, wo es richtig ist. Denn wenn einer dir bei der Geschieht, die du mir da grad erzählt hast, helfen kann, dann bin ich das.« Eitel legte er seine Hand auf seine Brust.
    »Weiß ich«, sagte sie. Er nickte zufrieden.
    »Aber…«, er sah erstaunt auf ihre Tasse, »du hast ja gar nicht getrunken?«
    »Ich mag gar keinen Kaffee. Ich… vertrag ihn nicht.«
    Fleischhauer brauste auf. Wieso sie das nicht gesagt hätte!
    »Was hast denn?« fragte sie tonlos.
    Was-denn-was-denn-was-denn?! Es würd ihn an etwas erinnern, jawohl! An das nämlich: Ein Stück Wegs mitgehen, dann bocken! Schon damals hätte es ihn zur Weißglut gebracht! Und überhaupt: Kaum sei er weg gewesen, hätte sie

Weitere Kostenlose Bücher