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Die Godin

Die Godin

Titel: Die Godin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hueltner
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Patron.«
    »Red deinen Chef nicht so verwandt an, Schoos. Wie schauts heut aus?«
    Der über einen leichten Überbiß fransig hängende Schnauzbart bog sich. »Gut, Fritz«, grinste Schoos. »Hinten sind die gleichen Saubären wie allweil und ein Schwung Fremder. Vorn haben wir heut den Vorstand vom Sendlinger Konsumverein, der seinem Namen alle Ehr macht. Die Niederbergerin liegt schon wieder unterm Tisch.«
    »Die Stadträtin? Und wer liegt auf ihr?«
    Schoos grinste breit.
    »Hab noch nicht nachgeschaut. Soll ich?«
    »Nein. Schön, daß sie so eine Freud haben, nachdems letzte Woch mit dem Geld von ihren Einzahlern einen Konkurs gebaut haben, der das halbe Viertel ruiniert hat.«
    »Ein bissei was ist scheints noch übriggeblieben.«
    »Na wunderbar. Jaja, Schoos, die Welt ist ein Wirtshaus. Vorn die Politik, hinten die Geilheit.« Er gab der Gruppe ein Zeichen und betrat das spärlich beleuchtete Variete.
    Der Zuschauerraum war dicht besetzt, der rotsamtene Bühnenvorhang geschlossen und unbeleuchtet. Auf der linken Seite der Bühne standen einige Instrumente. Die Kapelle machte Pause. Aus gedämpftem Stimmengewirr drang vereinzelt Gelächter. Dichter Rauch hing über den Tischen. Es war stickig warm.
    Der Inhaber steuerte einen runden Tisch an, der auf einer halbmeterhohen Empore im hinteren Teil des Raumes stand und an dem bereits zwei Männer und eine junge Frau in tief ausgeschnittenem Kleid saßen. Ein Kellner eilte devot heran, nahm dem Inhaber Mantel und Hut ab und entfernte sich mit einem Bückling.
    »Hockens Ihnen zu uns her!« Der Besitzer winkte befehlend. Kajetan setzte sich. Er sah aus den Augenwinkeln, daß er mit einer Mischung aus Argwohn und Neugierde beobachtet wurde.
    »An dem seiner Schneid nehmts euch ein Beispiel«, sagte der Besitzer gutgelaunt und ließ sich auf den Stuhl fallen. »Der hat den Messer und den Bierkugel ganz alleinig aufgemischt. Auch wenn mans ihm nicht ansieht.«
    Die beiden Männer grüßten reserviert. Das dekolletierte Mädchen hob seine schweren Lider und wandte sich an Mia. »Echt wahr? Der? Das glaub ich nicht.«
    »Dann läßt es halt bleiben, Gotti«, gab Mia spitz zurück.
    »Dabei wissen wir noch nicht einmal, wie er heißt!« stellte der Inhaber fest.
    Kajetan nannte seinen Namen.
    Die Getränke wurden serviert. Der Besitzer hob das Glas. »Prost, Herr Kajetan! Wer dem Urban einen Gefallen tut, dem solls nicht schlecht gehen!« Er trank, setzte das Glas ab und strich über sein Menjou-Bärtchen. »Respekt, kann man da bloß sagen, Respekt! Woher hat er denn soviel Schmalz, daß er die zwei grimmigsten Schläger vom Kaiser niedermacht?«
    Kajetan lächelte geschmeichelt. »Schmalz ist nicht alles.«
    Fritz Urban hob anerkennend die Brauen. »Stimmt.« Er tippte sich an die Stirn. »Ein Hirn brauchts vor allem!« Er warf einen abschätzigen Blick auf einen der beiden Männer. »Gell, Kandl?«
    Die Lippen im gelben und brauenlosen Gesicht des kleinen, stämmigen Mannes zuckten getroffen. Sein Blick duckte sich.
    Gotti spitzte ihren Mund. »Was tuns denn sonst so, Herr Kajetan?« wollte sie wissen. Kajetan zögerte mit einer Antwort. »Unterschiedlich…«
    »Aha?« Sie senkte den Kopf und suchte seine Augen. Er wich verlegen aus.
    »Also, im Moment, da bin ich, ehrlich gsagt, grad wieder auf der Suche nach einer Arbeit.«
    »So ein tüchtigs Mannsbild wie Sie!« gurrte sie und beugte sich vor. »Das wird doch leicht was finden.« Kajetans Blick flüchtete in ihr Gesicht. Zweifelnd wiegte er den Kopf.
    Mia hatte das Gespräch verfolgt. »Fragens doch den Fritz!« mischte sie sich mit leichtem Ärger in der Stimme ein. Noch bevor Kajetan antworten konnte, berührte sie Urban mit ihrer Schulter und näherte sich mit ihrem Mund dessen Ohr.
    In diesem Augenblick setzte die aus einem Violinspieler, einem Pianisten und einem Kontrabassisten bestehende Kapelle ein. Vom Bühnenrand trat, mit pfauenhaften Bewegungen und von einem fahrig geführten Lichtkreis begleitet, ein Mann in dunklem Anzug vor das Publikum. Die Lautstärke der Gespräche nahm nur unmerklich ab.
    »Hochverehrte Gäste, Mesdames, Messieurs! Ladies und Gentlemen! Wir setzen unser Programm fort! Sie sehen nun das lebende Bild >Cleopatra und Antonius