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Die Godin

Die Godin

Titel: Die Godin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hueltner
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sich mit dem anderen eingelassen!
    Was?! schnappte sie, zwei Jahre, Pius! Zwei Jahre sei er fort gewesen!
    Was meinte sie denn? Ob das so schnell gehen würde, sich nach Land in Amerika drüben umzuschauen? Wäre sie halt mitgekommen! Sie wären nicht die ersten und nicht die einzigen gewesen!
    Ihre Augen funkelten jung: »Du? Du - und ein Bauer? Ha!«
    Die anderen Gäste wandten sich neugierig um.
    Grau vor Unglück nahmen beide voneinander Abschied.
    Ja, nickte er verstimmt, als er sie auf den Bahnsteig begleitete. Natürlich würde er sie nicht im Stich lassen.
    Der Zug fuhr ab. Bald flirrte nur noch die heiße, mittägliche Luft über den Gleisen.
    Verdammt, dachte der Detektiv.
    Es war ja noch alles da! Als wären nicht Jahrzehnte vergangen seit jenem Tag, als er, erschöpft und ohne einen Pfennig in der Tasche, nach München zurückgekehrt war und erfahren mußte, daß seine Geliebte vor einem halben Jahr geheiratet hatte und längst in irgendeinem Nest am unteren Inn - niemand wußte, wo genau - lebte.
    Es war noch alles da. Der Zorn. Die Bitterkeit. Die Verzweiflung.
    Und die Liebe. Er fluchte laut.
    Dann dachte er daran, worum sie ihn gebeten hatte. Es würde nicht nur der am schlechtesten bezahlte (gut gesagt, dachte er grimmig, ich kann doch nichts von ihr verlangen), sondern auch der gefährlichste Auftrag werden, den er jemals übernommen hatte. Er seufzte.
     
     
    Die Gaslampen vor dem Zentralbahnhof schimmerten matt durch den Nebel. In ihren Lichthöfen wandelten sich die Fußgänger zu gespenstischen Figuren, flatterten aus der Dämmerung, klumpten sich mit anderen Schatten zu bizarren Gebilden und lösten sich, nur begleitet vom Tuckern der Droschkenmotoren und einem Chor Tausender, wie Herbstlaub raschelnder Tritte, nach wenigen Schritten wieder ins Nichts.
    Den ganzen Tag über hatte Kajetan unter einer schmerzhaften Unruhe gelitten. Obwohl er an diesem Tag kein Ziel mehr hatte, als sich irgendwann in seine Kammer zu begeben und sich dort ins Bett zu legen, bewegte er sich noch immer mit kurzen, hastigen Schritten. Er blieb nur stehen und holte Atem, wenn die Schmerzen in Oberschenkel und Rücken wieder zugenommen hatten.
    Kajetan betrat den Wartesaal des Bahnhofs, setzte sich erschöpft auf eine Bank, schloß die Augen und legte den Kopf zurück.
    »Aufwachen!« befahl eine Stimme. Kajetan fuhr erschrocken hoch. Der Bahnbeamte machte eine ungeduldige Handbewegung.
    »Da herinn wird nicht übernachtet. Verstanden? Also, wenns so nett sein mögen?«
    »Ich… ich…«, stammelte er.
    »Harns epper Ihren Zug verschlafen? Pech ghabt. Heut fahrt nichts mehr. Der Bahnhof wird gleich zugemacht.«
    Kajetan schüttelte sich schlaftrunken. »Oder wartens auf den Zug von Budapest? Nicht? Dann gehns zu.«
    Kajetan erhob sich steif. Die Bahnsteige hinter den hohen Glastüren lagen bereits in dämmerigem Dunkel.
    »Ein wengerl Tempo war ganz recht, gell?«
    Das große Tor wurde hinter ihm zugeschlagen, ein Schlüssel drehte sich klappernd.
    Es war bereits über Mitternacht. Ein feuchtkalter Wind fegte über den menschenleeren Bahnhofsplatz und trieb den Nebel vor sich her. Kajetan trottete benommen über das Pflaster. Beinahe hätte er eines der Autos übersehen, die in hohem Tempo vorbeifuhren und in die Schützenstraße einbogen. Er war aufgewacht, verschränkte frierend die Arme vor der Brust und ging mit eiligem Schritt in Richtung Stachus.
    »Geh her zu mir, Burschi!« hörte er eine verhaltene Stimme aus dem Dunkel eines Hauseingangs. Kajetan blieb stehen. Wieder lockte die Stimme. Kajetan trat näher.
    Die Hure ging ihm einen Schritt entgegen. Ein matter Lichtschein zeigte ein weißes Gesicht, dessen Nase vor Kälte dunkel gerötet war. Die Hure war groß. Sie trug einen langen Rock und ein wollenes Mieder, dessen obere Knöpfe geöffnet waren. Kajetans Körper, der plötzlich keine Kälte mehr verspürte, hatte eher begriffen. Kajetan murmelte etwas und wollte weitergehen.
    »Aah!« sah sie enttäuscht auf ihn herab. »Wosch ma a so gfalla dädsch! Warum denn it?«
    Er hob bedauernd die Schultern. »Geht nicht.«
    Sie lächelte, wiegte sich leicht in den Hüften und gurrte mütterlich. »Bei mir schtänd er glei, Burschi.«
    Er kratzte sich am Nacken.
    »So? Aber obs so ging, wies ich gern hätt?«
    Sie kam neugierig näher. »Du wärst des erschta Mannsbild, dem was neues einfallert. Wie hädsch es denn gern?«
    »Das sag ich nicht.« Er grinste albern. »Weils du das bestimmt nicht kannst.«
    Sie sah

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