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Die Godin

Die Godin

Titel: Die Godin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hueltner
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nicht präpariert«, flüsterte sie, »wir müssen uns anders liebhaben. Sei mir nicht bös.«
    »Wie?« raunte er, vergraben in ihrem Haar, dessen Geruch ihn betrunken gemacht hatte. Ein leises, belustigtes Lachen drang an sein Ohr.
    »Oh mei, Bub«, gluckste sie.
    Sein Mund öffnete sich plötzlich wie der Schnabel eines hungrigen Vogels. Er wollte etwas sagen, doch sein Mund weigerte sich, die Worte zu formen. Er bleckte die Zähne und grub sie mit heftiger Zärtlichkeit in ihre Haut.
    »Friß mich nicht!« stöhnte sie. Sie hatte begonnen, ihn mit heftigen Bewegungen zu streicheln, und kreiste mit ihrer flachen Hand auf seinem Bauch.
    »Hab so einen Hunger!« jammerte er. »Und ich erst!« flüsterte sie mit bebender Stimme. Ihre Hand krallte sich in sein Fleisch. Sie senkte ihren Kopf und begann seine Haut wie die einer reifen, salzigen Frucht zu lecken. Ihr Körper glänzte. Ziellos schnappend, sich windend wie ein erstickender Fisch, drängte sich Kajetan an sie, doch sie drückte ihn mit einer kräftigen Bewegung zurück. »Nein!« zischte sie böse und setzte sich mit einer flinken Drehung rücklings auf seine Brust. Er küßte sie. Vergraben in Haut und Hitze und Haar, schoben sich ihre Körper weich und naß übereinander und wogten mit sanften Bewegungen vor und zurück. Längst hörten und sahen sie nicht mehr, was um sie herum vor sich ging.
    Der Mond war hinter den Dächern versunken und hatte diesen Teil der Stadt in pechige Schwärze getaucht. Nur aus dem Fenster eines der gegenüberliegenden Häuser schimmerte Licht. Die Laute eines heftigen Streits drangen in die Nacht.
    Mia und Kajetan lagen nahe beisammen, als seien sie eins. Auch als der Schlaf in ihre satten Körper kroch, lösten sie sich nicht voneinander. Er grunzte leise. Mit unendlich langsamer Bewegung strich sie durch sein schweißiges, zerwühltes Haar.
    Sie fühlte, wie ihre Augen zu brennen begannen. Eine Träne löste sich, rieselte über seine Schulter und versickerte im Leintuch. Er bemerkte es nicht.
    Sie suchte im Dunkeln sein Gesicht. Dann schloß sie die Augen.
    Sie hatte nie wirklich gelernt, von sich zu sprechen. Oft stieg stechend der Verdacht in ihr auf, daß sie dazu zu unbedeutend sei. Und weil sie nun liebte, kam ihr nur diese Frage in den Sinn. Sie öffnete den Mund, zögerte und schloß ihn wieder.
    »Paul?« flüsterte sie schließlich, »gehts dir… gut?« Er antwortete nicht. Sie hörte auch nicht, wie sich sein Atem veränderte. Sie drehte ihren Kopf zurück.
    >Brauchst auch gar nichts zu sagen, Paul<, dachte sie mit kraftlosem Trotz und fühlte den Schlaf nahen, >ich nämlich… bin so dermaßen glücklich...<
     
     
    Das Fenster im obersten Stockwerk des Hauses in der Baumstraße stand einen Spalt geöffnet. Die Krallen eines kleinen, frühen Vogels tickten aufgeregt auf dem mit Zinkblech verblendeten Sims. Das Tier flatterte mit leisem Zirpen davon, als sich der Vorhang ins Freie bauschte. Ein Sonnenstrahl geisterte einen Windhauch lang über das Bett, in dem Mia unter einem zerwühlten Tuchert lag, das sie im Schlaf bis an ihr Kinn gezogen haben mußte.
    Ihr Mund war halb geöffnet; sie lag auf dem Rücken und atmete friedlich. Aus der Tiefe des Hinterhofs tönte das Geschrei eines Säuglings. Es mischte sich mit dem regelmäßigen Kreischen der mechanischen Säge, das aus dem Tor einer Schreinerei im zweiten Hof drang.
    Wieder bauschte sich der dünne Stoff des Vorhangs, eine sanfte Bö kippte klare Morgenluft in das Zimmer. Langsam erwachte Mia. Sie sah benommen um sich. Die Decke fröstelnd an ihren Körper gepreßt, richtete sie sich auf.
    Die Sonne stand noch tief; als ihre Strahlen wieder auf das Bett fielen, erhellten sie nur die weiße Fläche der Bettdecke, erreichten aber noch nicht das Gesicht des Mädchens. Eine Weile blieb Mia schlaftrunken und sinnend sitzen.
    >Wie seltsam.. .<, dachte sie. Schließlich stand sie auf, gähnte, blieb einen Augenblick unschlüssig stehen und ging dann mit tappenden Schritten zum Fenster. Sie zog den Vorhang zur Hälfte auf und sah, den Stoff mit der Hand haltend, in den Himmel. Die Morgenkühle rötete ihre Haut. >Was für ein Tag.. .<, taumelten die Worte durch ihr Gehirn, >… was für ein entsetzlich schöner Tag.<
    Sie schloß berauscht die Augen und atmete tief. Dann streckte sie sich und drehte sich um. Ihr Blick fiel auf das zerwühlte Bett, und eine Wonne durchströmte ihren Körper. Sie kroch wieder unter die Decke und schloß die Augen. Ihre Nasenflügel

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