Die Godin
Untersuchung über alle Waffenverkäufe der letzten Monate anordnen. Der Dandl mag mich nicht, obwohl er mit meinem Vater per Du gewesen ist. Die Durchführung der Waffenverkäufe hab ich nur deshalb angetragen bekommen, weil ich seinerzeit, wie man nach guten Verstecken gesucht hat, sofort welche parat gehabt hab. Der Dandl war bis vor kurzem auch strikt dagegen, daß überhaupt was verkauft wird. Gott sei Dank haben ihn die anderen überzeugen können, daß die Zeiten für Märsche auf Berlin oder sonstwohin vorbei sind.«
»Meinst?«
»Du glaubst doch nicht, daß die nach der Blamage im Bürgerbräu wieder auf’d Fuß kommen?! Nein. Die Leut werden langsam vernünftiger.«
»Bist ja glatt ein Republikanischer!«
»Mit der Zeit mußt gehen! Bei mir gibts keinen Stillstand. Ich hab vor, mich auch in solideren Branchen zu installieren. Und der Dandl könnt mir da dazwischenfunken. Es gibt nichts, wo der nicht seine Finger drin hat. Der Dandl tut zwar wie ein Klerikaler, mauschelt aber mit allen, mit den Königstreuen genauso wie früher mit den Hitlerischen, mit den Reichsdeutschen genauso wie mit den Panbavaren. Sogar mit den Sozis.«
»Weiß schon«, sagte Schoos hämisch, »du wirst also doch noch Bauer werden.« Urban griente zweideutig. »So was ähnlichs, Schoos.«
»Jetzt bin ich aber gespannt.«
»Kannst ruhig gspannt sein«, sagte Urban abweisend. »Aber da gibts noch nichts zu wissen.«
Schoos tippte sich an die Stirn. »Ach - die Sach mit dem Kurbad.«
»Was für ein Kurbad?« fragte Urban unwillig.
»Na, von dem der besoffene Ministeriale neulich im Variete geschwafelt hat. Wars nicht im Rottal drunten? Nein, jetzt erinner ich mich, in der Näh von Sarzhofen unten!« Schoos suchte nach einer Möglichkeit, die Zigarette auszudrücken. »Mich hats ja nicht interessiert, aber ich hab genau gesehen, wie du deine Ohren aufgestellt hast wie ein Has.«
Urban machte eine wegwerfende Handbewegung. Schoos bohrte nicht weiter. »Versteh«, sagte er, »das war nicht gut.« Er warf die Zigarette auf den Fußboden. Urban sah es mit mißbilligendem Blick.
»Nein«, bestätigte er nachdenklich, »das war sogar schlecht.« Er kratzte sich am Handgelenk.
»Da gibst dem Posch halt in Herrgottsnam ein paar von den Gewehren.«
»Sind doch schon längst weg«, erwiderte Urban ungeduldig. »Hab ich an die >Erwachenden Magyaren< oder wie der Haufen da unten heißt, verkauft.«
»Dann gib ihms Geld zurück.«
Urban lachte ungläubig. »Jetzt spinnst aber komplett. Weißt du, was ein Mercedes kostet?«
»Möchst jetzt noch einen Mercedes?«
»Brauch ich! Ich kann doch nicht mit einem Ami-Auto daherkommen, wenns ums Geld geht! Da müßtest es hören, die Bankleut! Nein - der Buick taugt gut zum Schnallen-Chauffieren, aber fürs andere brauch ich was aus dem Reich.«
Schoos sah es ein. Nachdenklich betrachtete er die Orient, die er aus seinem Etui genommen hatte.
»Fritz, jetzt muß ich dir amal ganz franschman was anders sagen: Vom Krieg her weiß ich, daß es nicht gut ist, wenn auf einmal eine zweite Front hinter einem entsteht. Bei dir aber, Fritz, da gibts nicht bloß zwei, da gibts vier, fünf. Paß auf. Einmal krachts.«
»Davon verstehst du nichts«, sagte Urban herablassend.
»Doch, Fritz. Ich bin im Feld gewesen.«
Urban lachte überlegen. »Der Krieg ist aus, Schoos. Du mußt es sehen wie ich: als ein Spiel. Viel Einsatz, viel Gewinn. Nichts schlimmer, als wenn was langweilig wird.«
»Wie du meinst, Fritz. Dann mußt dir halt was einfallen lassen.« Schoos stand auf und ging zur Tür. »Ich schau wieder runter, ob alles in Ordnung ist.« Er kratzte sich am Nacken. »Übrigens, die Mia…«
»Was ist mit der?«
»Ich weiß, sie ist dein Bopperl. Du möchst was anderes aus ihr machen, hast sie von der Straß getan. Aber die wird mir für meinen Geschmack etwas zu gschnappig. Gestern hats gsagt, sie mag nicht in den >Salon< gehen. Ich hab gesagt, Mia, ein Haufen Leut haben schon nach dir gefragt, die anderen Weiber sind schon ganz neidisch deswegen, das wird der Fritz nicht gern hörn wollen, daß du kein Geld mehr zum Zeug bringen magst. Aber meinst, sie war rübergegangen?«
»Dann schmier ihr eine.«
»Hab ich auch getan.« Er verließ das Büro.
Urban stand auf und ging zu einem Spiegel, der neben dem Kleiderständer hing. Er betrachtete sich prüfend und fuhr mit der Hand über sein Haar. Plötzlich lächelte er.
>Warum bin ich nicht schon eher draufgekommen<, dachte er. Er ging zurück
Weitere Kostenlose Bücher