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Die Godin

Die Godin

Titel: Die Godin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hueltner
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Arbeit mehr gefunden hatte, zur Fürsorge gegangen sei. Dort hätte man ihn angehört, ihn nach seinem Beruf gefragt, ihm aber eine Unterstützung verweigert, wenn er nicht bereit sei, die angebotene Arbeit anzunehmen.
    »Es war… eine Arbeit im Schlachthof drunten. Da würden Leut gebraucht…«
    Kajetan verstand. »Nicht grad das, für was du Latein gelernt hast.«
    Ein mageres Grinsen glomm in Emils alt gewordenen Zügen. »Nein, nicht grad. In die… Darmputzerei…«
    »In die Darmputzerei? Du?« rief Kajetan ungläubig.
    Emil bestätigte mit unmerklichem Nicken.
    »Muß ja auch gemacht werden… und es gibt dreckigere Sachen…«
    »Trotzdem! Du im Schlachthof!«
    »Weißt, was das… Schlimmste… war?« Emil schien zu würgen. »Da stehst da… und drückst den Dreck aus den… Därmen… und wenn einer ausgedrückt ist… dann legens dir… neue hin… und die sind wieder voller Scheißdreck… und dir kommts vor, als tätens… ärger stinken als zuvor… und wieder drückst…« Emil brach erschöpft ab und holte mühsam Atem. »Und dann ist mir auf einmal gekommen… Paule… wie ich noch geschrieben hab… und geredt hab… gegen die Kriegstreiber… Bagage… gegen den, gegen den ganzen braunen…«
    »Scheißdreck!« ergänzte Kajetan. Emil nickte schwach.
    »… Da, Paule, da wars… nicht anders. Es wird immer wieder … und immer wieder so ein Dreck… daherkommen… und hört nie auf…«
    »Schmarrn«, widersprach Kajetan energisch.
    »Verstehst nicht? Das… das ist doch mein Leben gewesen! … Hab gmeint, was wunder für Wichtigkeit… ich war und war bloß… ein Narr.« Seine Stimme klang mürbe. Kajetan beugte sich besorgt über ihn. Emils Atem stank.
    »Hör auf damit!« sagte Kajetan entschlossen und nahm die Suppenschale. »Da! Ein wenig Suppe ist noch übrig. Die trinkst jetzt aus. Und ich wird den Doktor holen gehen.« Er stand auf. »Aber vorher mach ichs Fenster auf und laß wieder eine Sonn herein.«
    »Sonn?« flüsterte Emil.
    »Ja! Es hat zu regnen aufgehört! Draußen scheint die Sonn. Und du, du verfaulst da herinn!« Kajetan ging zum Fenster und zog die Vorhänge zurück. Es wurde jedoch nur unmerklich heller. Eine schmutzigrote, durchnäßte Ziegelwand höhnte herüber. Es hatte wieder zu regnen begonnen.
    Ein gedämpftes Gurgeln ließ ihn herumfahren.
    Emils Kopf war zur Seite gesunken. Aus seinem Mund war ein mit hellem Blut vermischter Schwall Erbrochenes gedrungen und hatte sich über Kinn, Hals und Kissen ausgebreitet. Seine Augen waren weit geöffnet.
     
     
    Aus dem Variete dröhnte Gelächter in das darüberliegende Büro. Fritz Urban hatte sich zufrieden in einem Stuhl zurückgelehnt. Amüsiert schüttelte er den Kopf.
    »Daß ihr allerweil gleich zuhauen müßts, Schoos«, tadelte er, »weißt doch, wie zwider mir das ist.«
    Schoos schob sich eine Zigarette unter seinen Schnauzbart und tat unschuldig.
    »Wir, gerauft? Na gut, ich geb zu, vor der >Gruben<, wo dem Kaiser seine Leut gestanden sind, da hats ein wenig gefunkt.
    Aber zum Kaiser selber waren wir, wie es sich für den Kaiser von der Altstadt gehört.«
    »Soso.« Urban lehnte sich zurück. Dann schmunzelte er.
    »Also? Wo habt ihr ihn aufgestöbert? Erzähl.«
    »Gibts nicht viel zum erzählen«, sagte Schoos und strich ein Zündholz an.
    »Zu wievielt wart ihr?«
    »Zu fünft. Der Domerl, der Kandl, der Irg, der Ferdl und ich.«
    »So wenig bloß? Spinnts ihr?«
    Schoos atmete paffend aus. »Alles eine Sach der Taktik, Fritz.«
    »Bist ein alter Maul-Auf«, sagte Urban gereizt. »Also. Wo habt ihr ihn gefunden?«
    »Wo er um die Zeit allweil ist. Mit seinen Weibern ist er in der >Gruben< gesessen. Vor der Tür sind zwei von ihm gestanden, die sich aber bald hingelegt haben. Der Kaiser war nicht wenig platt, wie wir zur Tür hereingekommen sind. Ich hab gsagt: >Habe die Ehre, Kaiser.< Die Weiber sind von ihm weggespritzt wie Hühner, wenn der Blitz einschlagt. Entschuldigst schon<, sag ich, >aber mit dir ist es jetzt gar, Kaiser.< Kasweiß ist er geworden. Hat aber noch den Helden gespielt: >Auf was warts, Arschlöche<,, sagt er, >druckts ab.< >Geh, Kaiser<, sag ich, >i bin doch gar ned aso. Stell dich auf den Tisch da.< Er schaut mich blöd an. Was das werden soll, will er wissen. >Halts Maul und steig auf den Tisch<, sag ich.«
    Schoos Mundwinkel unter seinem fransigen Schnauzbart bogen sich nach oben. »Gut, ich geb zu, da haben ihm der Domerl und der Kandl ein paar runterhauen müssen, bis er es getan

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