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Die Godin

Die Godin

Titel: Die Godin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hueltner
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Braunau. Sie ist von Pöcking gewesen.«
    »Er aus…« Kajetan sah ihn ungläubig an. »Ah so! - Und wissen Sie vielleicht etwas über andere weitschichtige Verwandtschaften?«
    »Von ihr dürft noch eine Halbschwester leben, die aber schon lang auf Amerika gegangen ist.«
    »Sonst nichts?«
    »Nein.«
    Kajetan holte unauffällig Luft. »Ah… haben Sie denn die Familie Aichinger persönlich gekannt?« Er hob eine Augenbraue. »Blöde Frag.«
    »Stimmt, Sie haben ja damals in dieser Sache ermittelt…. Es muß ja eine rechte Tragödie gewesen sein. Ich hab gehört, daß das keine leichte Angelegenheit für die Polizei gewesen ist.«
    »Wie mans nimmt«, antwortete der Gendarm mit unbewegter Miene. »Gehört des dazu?«
    »Nein. Aber fast jeder, mit dem ich hier red, sagt mir, daß keiner an seine Schuld geglaubt hat. Aber Sie, hab ich mir gedacht, werden das ja am allerbesten wissen. Was sagt denn der Experte?«
    »Er hats ja zugegeben.« Sinzinger wirkte plötzlich angespannt. »Da ist nicht mehr viel zu ermitteln gewesen.«
    »Hat das, was Sie ermittelt haben, auch seine Aussage bestätigt?«
    Sinzinger schien sich zu winden. »Widersprüche gibts immer.«
    »Welche waren das in diesem Fall?«
    Der mürrische, überhebliche Ernst zu Beginn des Gesprächs war von Sinzinger abgefallen. Mit unwillkürlichem Gehorsam, als müsse er vor Gericht Auskunft geben, beantwortete er Kajetans Fragen. »Ein paar Leut haben gemeint, der Eglinger - also der, der erstochen worden ist - hätt zuvor mit einem anderen gestritten. Aber dieser andere hat ein Alibi gehabt. Drum hab ich nicht soviel drauf gegeben. Die Leut waren ganz narrisch, noch ganz wirr im Kopf, weils kurz zuvor eine dermaßene Dürre gegeben und dann der Hagel alles zerdroschen hat. Aber auch der Aichinger Marti selber hat einen rechten Schmarrn dahergeredet und sich nicht mehr genau erinnert, wo er den Eglinger erstochen hat.«
    »Haben Sie das Alibi des anderen Verdächtigen überprüft?« fragte Kajetan schnell.
    »Ich hab nachgefragt, ja.«
    »Und?«
    Sinzinger starrte Kajetan an. »Ist bestätigt worden von einer Persönlichkeit, die über jeden Verdacht erhab… aber, sagens…« Er atmete plötzlich schwer. Ein verborgenes Entsetzen schien seine Stimme zu brechen. »Sind Sie epper auch…?«
    »Ein Polizist? Wie kommens da drauf? Hab Ihnen doch gesagt, was ich bin?«
    »So redt kein Notari! - Sind Sie einer?«
    »Ich ein Kollege von - Ihnen? Schau ich so aus?«
    »Nein… aber…«
    »Sehns, Herr Sinzinger.«
    Kajetan wußte nicht, welchen Zweck es haben sollte, dem Alten etwas vorzuspielen. Aber er genoß den Verdacht, den Sinzinger geäußert hatte, erhob sich mit vielsagender Miene und verabschiedete sich mit einer angedeuteten militärischen Geste.
    Sinzinger sah ihm stierig nach, bis die Schritte des Besuchers verklungen waren. Er senkte geschlagen den Kopf und starrte lange auf seine geöffnete Hand, bis sie unter seinem Blick zu brennen schien.
    Eine Weile saß er bewegungslos. Schließlich machte er eine Bewegung, als wolle er mit der Kante seiner halbgeöffneten Hand den Tisch abwischen.
    Er stand auf, ging mit bedächtigen Schritten im Haus herum, richtete hier etwas gerade, zupfte dort an einem Tuch. Dann hatte er sich entschlossen. Er wußte, was er zu tun hatte. Und auch, wie er es tun würde.
     
     
    Kajetan öffnete seinen Mantel. Es war heiß, doch gelegentlich durchfächerte die Strömung eines wohltuend kühleren Windes, der vom Flußtal heraufzog, die Luft. Vor einigen Türschwellen schliefen Hunde. Sie hoben uninteressiert ihre Augenlider, als Kajetan vorüberging. Es war still; nur das helle Dengeln aus einer Schmiede sang durch eine Gasse.
    Er blieb stehen und dachte nach. Bis jetzt wußte er nur, daß Mia auf dem Gemeindeamt gewesen war und dort von einer testamentarischen Bestimmung erfahren hatte - eine Nachricht, mit der sie vermutlich nicht allzuviel anfangen konnte. Sie hatte bestimmt nicht vorgehabt, dieses Wohnrecht auszuüben. Vor allem konnte es kein Grund dafür gewesen sein, daß sie anschließend so verstört nach München zurückkehrte. Wenn sie dieses Recht auch nicht selbst wahrnehmen wollte, so hätte sie es sich ablösen lassen können. Viel Gewinn wäre nicht zu erwarten gewesen, aber einige Mark hätte es sicherlich ausgemacht.
    Vom Schicksal ihres Vaters hatte ihr der Gemeindediener nichts erzählt. Und mit anderen Sarzhofenern war sie angeblich nicht zusammengetroffen. Blieb also nur noch die Totenpackerin übrig.

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