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Die Godin

Die Godin

Titel: Die Godin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hueltner
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Wohnrecht bringt er es natürlich nicht an.« Kajetan war sich nicht sicher, ob die Stimme des Mannes bei dieser Erklärung etwas reservierter geklungen hatte.
    »Hat das die Tochter gewußt?« fragte er.
    »Freilich. Ich habs ihr gesagt. Sie hat den alten Doktor recht gelobt.«
    »Sie hat davon gar nichts gewußt?«
    Der Gemeindediener schüttelte den Kopf und wechselte das Thema. »Also, wegen andere Verwandten, da müßtens dann schon in Simbach anfragen. Und wer bei uns noch was wissen könnt?« Er kratzte sich an der Nase und sah nach oben. Eine Rauchwolke bildete sich vor seinem gelblichen Gesicht. »Die Müllner Marie vielleicht. Mit denen waren die Aichingerischen immer gut an, und sie war gar, wenn ich mich recht entsinn, die Godin… aber Versprechens Ihnen nix davon. Sie ist recht eigen geworden in letzter Zeit. Wundern Sie sich nicht, wenn sie Sie erst gar nicht ins Haus laßt.«
    Kajetan setzte sich seinen Hut wieder auf und stand auf. Der Gemeindediener seufzte und sah aus dem Fenster.
    »Der Marti… ja… so ein Verdruß ist das gewesen«, sagte er nachdenklich, »das hat ihm keiner zugetraut. Ein jeder war wie vor den Kopf geschlagen. Dann hat er ja noch seine Frau gehabt, die so krank gewesen ist. Die Fallsucht hat sie nach dem Kindbett gekriegt und ist schwermütig geworden. Und das kleine Kind ist auch noch dagewesen. Wie hat er die bloß vergessen können?«
    Kajetan, dessen Hand schon auf der Türklinke lag, war erstaunt stehengeblieben. Er drehte sich noch einmal um.
    »Wer ist da eigentlich seinerzeit der Gendarm gewesen? Ist der noch im Dienst?«
    »Der Wachtmeister Sinzinger ist das gewesen. Aber der ist schon längst Pensionär. Wohnt gleich da drüben.« Er zeigte aus dem Fenster. »Aber der kann ihnen da gwiß nicht mehr sagen - ah… was hab ich gesagt, daß ich grad machen wollt?«
    Kajetan lächelte liebenswürdig und öffnete die Türe. »Die Katastergschicht. Auf Wiederschaun!«
    Der Helfer nickte dankbar, fuhr in die Höhe und lief wieder vor dem Schrank auf und ab. »Wo hab ich denn den hingelegt … Himmelherrgottnocheinmal… Ja, auf Wiederschaun, Herr.«
    Als Kajetan vom Flur auf den Marktplatz gehen wollte, bemerkte er, daß ihn die nervöse Sprunghaftigkeit des Gemeindedieners bereits angesteckt hatte. Er kehrte noch einmal um.
    »Haben Sie der Aichinger Mia eigentlich gesagt, daß der Vater im Zuchthaus gewesen ist?«
    Die Pfeife pendelte heftig hin und her. »Das hab ich nicht übers Herz gebracht.«
    »Sie hat es also nicht gewußt?«
    »Von mir auf jeden Fall nicht, Herr.«
     
     
    Auch sein zweiter Versuch, die Totenpackerin anzutreffen, war vergeblich gewesen. Eine schwarzgekleidete junge Frau, die er in der Leichenhalle angetroffen hatte, gab an, daß sie erst am Abend wieder aus dem Nachbardorf zurückkehren würde, da die dortige Leichenfrau auf den Tod läge. Sie beschrieb ihm den Weg zum Baderhaus, das sich am Hang auf der anderen Seite des Flusses befände. Mit dem Bader-Vinz nämlich sei sie verheiratet, die Totenpackerin. Das würde sich gut vertragen, scherzte sie, denn der eine richte mit seinen Roßkuren die Leut zugrunde, die die andere dann einzusargen hätte.
    Die Sonne hatte sich bereits nach Westen gesenkt. Noch fiel ihr Licht auf den größten Teil des baumlosen Marktplatzes, doch das grauverputzte Haus des alten Wachtmeisters, das sich zwischen Kirchbäck und Kolonialwarenladen einfügte, lag bereits im Schatten.
    Der pensionierte Gendarm trat mürrisch an die Tür. Kajetan stellte sich vor, schmeichelte dem gedrungenen, redfaulen Alten und wurde schließlich eingelassen. Das Haus roch nach Einsamkeit. Die Vorhänge des Wohnraums, in den der Alte Kajetan führte, waren zugezogen.
    »Sie wohnen schön hier, Herr Wachtmeister«, lobte Kajetan, »ein schönes Haus.« Sinzinger sah mit einem schnellen, mißtrauischen Blick auf.
    »Ja«, nickte er knapp und deutete wortlos auf einen Stuhl. Auch der Alte nahm Platz und wollte noch einmal wissen, warum man ihn aufsuche.
    »Eine schriftliche Recherche nach den Nachfahren würde zuviel Zeit beanspruchen. Da Sie ja lange Zeit in Sarzhofen Dienst getan haben, hab ich mir gedacht, daß Sie mir vielleicht, mit ihrer Erfahrung, weiterhelfen könnten.«
    »Dann gehns doch auf die Gemeinde.« Die schmalen Lippen im soldatenhaft starren und dunklen Gesicht des Alten bewegten sich kaum.
    »Von da komme ich grad. Dort ist nur bekannt, daß die Eheleute Aichinger zugezogen sind.«
    Der Alte nickte griesgrämig. »Aus

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