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Die Göring-Verschwörung

Die Göring-Verschwörung

Titel: Die Göring-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Müller Hale
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schwieg.
    »Was soll das hier? Ich verlange eine Erklärung! Was erlauben Sie sich?«, rief er mit wachsender Empörung.
    Derweil hatte sich hinter ihm lautlos eine Seitentür geöffnet, ein Mann in der Uniform eines Hauptscharführers schlüpfte in den Raum und setzte übergangslos eine Luger-Pistole am Genick des Oberstleutnants an. Von Dannegger fuhr herum, ergriff den Unterarm des Angreifers und drückte den überraschten Mann entschlossen gegen die Wand. Er rang mit seinem Gegner um den Besitz der Waffe, als er einen Schuss hinter sich hörte, der aus der Pistole des Unterscharführers stammen musste. Einen Augenblick später breitete sich ein Gefühl der Lähmung in seinem Rücken aus, und erst dann, zuletzt, setzte der Schmerz mit seiner ganzen Wucht ein. Er taumelte durch den Raum, von den beiden SD-Männern gespannt beobachtet, und sank nach wenigen Schritten vornübergeneigt in die Knie, ungläubig ins Leere starrend. Warum keine Verhaftung, kein Verhör, keinerlei Fragen? Warum diese Hinrichtung, einem Meuchelmord gleich? Der nervenzerreißende Schmerz im Rückgrat verband sich mit der quälenden Erkenntnis, in die Falle gegangen zu sein, die vor nichts haltmachende Brutalität des Regimes noch unterschätzt zu haben.
    Von Dannegger nahm seine Umgebung nicht mehr wahr, hörte die Beschimpfung durch den Hauptscharführer nicht, der herantrat, die Waffe wenige Zentimeter über seinen Hinterkopf hielt und mit zugekniffenen Augen abdrückte.
    Sein Oberkörper erschütterte unter dem Einschlag der Kugel und er spürte, wie seine Lebensgeister begannen, ihm zu entgleiten. Einen Moment lang stemmte er sich noch mit aller ihm verbliebenen Energie gegen die Endgültigkeit des Todes, dann kippte er mit einem Zucken seitlich auf den einfachen Leinenteppich und blieb regungslos liegen.

38
    Binnewies’ Büro befand sich im Erdgeschoss des Nordflügels des Gebäudekomplexes, der sowohl die Leitung der zivilen Luftfahrt als auch das Oberkommando der Luftwaffe beherbergte. Die Einrichtung setzte sich zusammen aus einem kleinen Aktenschrank, einer stattlichen Getränkebar und dem Schreibtisch mit einem gerahmten Foto seiner Frau, zwei kleine Mädchen im Arm haltend. Den einzigen Wandschmuck bildeten ein Alpenpanoramagemälde und ein vergrößertes Foto einer Gruppe erschöpft dreinschauender Soldaten in irgendeinem Schützengraben des Weltkriegs. Es war weder der Arbeitsplatz eines Bürokraten noch der eines aktiven Offiziers. Abgestellt zur besonderen Verwendung , war er nur wenig mehr als dem Namen nach Angehöriger von Görings Infanterieregiment. Seine eigentliche Aufgabe bestand darin, seinem Dienstherrn für die Erledigung heikler Aufträge zur Verfügung zu stehen, und an solchen bestand im Intrigenspiel des Dritten Reiches niemals Mangel.
    »Cognac?«, fragte er, müde im Schreibtischstuhl sitzend, und goss sich selbst ein.
    »Um Himmels willen«, antwortete Clarson, dessen Schädelbrummen sich beim bloßen Gedanken an Alkohol noch verstärkte.
    Die Nachwirkungen ihres Gelages waren deutlich an Binnewies’ Körperhaltung ablesbar. Doch hatte er es irgendwie geschafft, seine gesunde Gesichtsfarbe zu bewahren. »Ich dachte, du würdest Patrick mitbringen«, sagte er und prostete ihm zu.
    Die gemeinsam durchzechte Nacht hatte sie zu einer Art Freunde gemacht. Binnewies war nach dem Weltkrieg als Hauptmann mit dem Eisernen Kreuz zweiter Klasse auf der Brust verabschiedet worden und hatte sich anschließend als Bankkaufmann versucht, bis er vom Kollaps der Weltwirtschaft dem Heer der Arbeitslosen zugeführt worden war. Zuletzt hatte er sich in einer Tiroler Kleinstadt mit dem Verkauf von Versicherungen durchgeschlagen und war schließlich, nach dem Anschluss Österreichs, in Heydrichs Dienste getreten.
    Den SD-Chef hatte er im Glauben gelassen, dass er Ressentiments gegen seinen kometenhaft aufgestiegenen ehemaligen Bataillonskameraden hegte, und den Auftrag erhalten, das Gebaren in dessen Ämterimperium unter die Lupe zu nehmen. Doch Göring hatte den Spieß umgedreht, seinen Gefährten aus Weltkriegstagen in sein Ministerium geholt und zum Major befördert   – ein Binnewies’ Alter halbwegs angemessener Dienstrang. Mittels dieses Manövers hatte er nicht bloß den immer dreister auftretenden Geheimdienst für den Moment ausgebremst, sondern sich auch gleich noch Zugang zu ein paar Dienstgeheimnissen des SD verschafft.
    »Macht auch keinen Unterschied mehr«, räsonierte Binnewies, nachdem Clarson ihm einen

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