Die Göring-Verschwörung
Frage?«, brauste der Vizebotschafter auf. »Adrian Wardley war einer meiner engsten Freunde.«
»Ja und darum wird er sich Ihnen anvertraut haben«, gab Clarson zurück und erhob sich aus dem Sessel. »Sie sind die mysteriöse Informationsquelle des SD«, sagte er laut und zeigte dabei mit seinem Stock auf die Brust des Vizebotschafters.
Ashfield sprang nun ebenfalls auf, offen empört über die verletzende Geste. Clarson war sich nicht sicher, wohin seine Anschuldigungen führen würden. Immerhin hatte er nicht den geringsten Beweis. Doch der wie ein erwischter Lausbub dreinschauende Struttner im Aufzug der Botschaft war ihm Indiz genug. »Sie haben Ihren Freund an den SD verraten!«
»Es gehört schon ein gehöriges Maß an Impertinenz dazu, hier in meinem eigenen Büro mit dem Tonfall eines Staatsanwaltes aufzutreten«, erwiderte Ashfield scharf. Seine Adern an der geröteten Kehle traten deutlich hervor. »Ich muss Sie bitten, auf der Stelle die Botschaft zu verlassen und mir nicht mehr unter die Augen zu treten, ehe Sie wieder bei Sinnen sind.« Er wies mit seinem langen, dünnen Arm zur Tür.
Ein um Einlass bittendes Klopfen war zu vernehmen. Das Geräusch kam jedoch nicht von der Eingangstür, sondern von der Seitenwand neben dem Porträt des Herzogs von Marlborough, dort, wo ein mannshoher Paravent den Blick auf die Wand verdeckte. Mit seinen indischen Dschungelmotiven diente er als malerische Hintergrunddekoration für eine davor postierte Zimmerpalme.
Das Klopfen wurde intensiver, fordernder und schien Ashfield in regelrechte Panik zu versetzen.
»Wollen Sie nicht öffnen?«, fragte Clarson, unwillig der Aufforderung zu gehen Folge zu leisten.
Zögernd begab sich der Vizebotschafter zur Quelle seines Schreckens und schob den Paravent zur Seite.
Auf der nun einsehbaren Stelle der Wand zeichneten sich die Umrisse einer schmalen Seitentür ab. In der gleichen marineblauen Stofftapete verkleidet wie der Rest der Wand, hätte man sie auch ohne die Abdeckung leicht übersehen können. Ashfield drehte den winzigen Knauf und zog die Tür mit kämpferischer Geste auf.
Das enge, samtverkleidete Zwischenzimmer verfügte über Türverbindungen sowohl zum leer stehenden Nachbarbüro als auch zum Dienstzimmer des Botschafters. Auf diese Weise konnte es nicht nur zum Abhören von Gesprächen, sondern auch als Versteck und als diskreter Ausgang Verwendung finden.
»Du hast mich zu informieren, bevor du die Kammer benutzt«, fuhr Ashfield den eintretenden Air Attaché an. »Es ist alles eine Verwechslung«, setzte er, um eine gleichmütigere Stimme bemüht, fort, noch ehe Ellis das Wort ergreifen konnte. »Der Stress der vergangenen Tage hat Herrn Clarson etwas zugesetzt. Er sieht Gespenster.«
»Das lässt sich ja überprüfen«, entgegnete sein neuer Gast kühl. »Ein privater Freund aus dem Reitklub, der dich in deinem Büro aufsucht, da kannst du doch sicher nähere Angaben machen.«
»Was fällt dir ein? Ich bin dein Vorgesetzter!«
»Nur in meiner Funktion als Air Attaché.«
»Das ist unerhört«, echauffierte sich Ashfield. »Ich bin der amtierende Geschäftsträger. Ich alleine übe in dieser Mission die Amtsgewalt aus.«
»Nicht in dieser Angelegenheit.«
»Übernimmt der Secret Service jetzt etwa die Führung der Geschäfte in der Berliner Vertretung?«
»Ich habe einen Mord aufzuklären, nichts weiter.«
»Glaubst du etwa, ich hätte Adrian auf dem Gewissen? Schnüffelst du mir deshalb hinterher?«
»Du warst außerordentlich erschüttert über Adrians Tod. Es war richtiggehend rührend, das mit anzusehen. Ich frage mich nun allerdings, ob es in Wahrheit die Mitschuld an seinem Tod war, die du so schmerzhaft empfunden hast.«
»Du trinkst zu viel, Peter, du hast Wahnvorstellungen.«
»Die Verantwortung für den Tod eines Freundes zu tragen …«, sagte Ellis, den Kopf wiegend.
»Ich trage keine Schuld an Adrians Tod!«, krähte Ashfield. »Struttner hat mir eben einen Eid darauf geschworen, dass der SD damit nichts zu tun hatte!«
Niemand antwortete. Auch Ashfield unterbrach die Stille nicht, sondern schloss die Augen, als ihm klar wurde, in welche Lage er sich manövriert hatte.
»Warum, Edward?«, fragte Ellis nach einer Weile, den Vizebotschafter mehr traurig als vorwurfsvoll anschauend.
Ohne etwas zu antworten, begann Ashfield sich mit starrem Blick durch den Raum zu bewegen und ließ sich ermattet in den Sessel hinter seinem Schreibtisch sinken.
Ellis trat an ihn heran. »Was
Weitere Kostenlose Bücher