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Die Göring-Verschwörung

Die Göring-Verschwörung

Titel: Die Göring-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Müller Hale
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hinter dem Minister her marschierte und sich, wenn immer sein Meister das Wort an ihn richtete, zu diesem wie zu einem Kind hinunterbeugte.
    Nach Osten hin ging der Platz in Berlins berühmte Flaniermeile Unter den Linden über, die, ihres traditionellen Reizes beraubt, einen traurigen Anblick bot. Heerscharen von Reichsarbeitsdienstmännern hatten in den vergangenen Tagen einen Gutteil ihrer Bäume gefällt und ihre verzweigten Wurzeln aus dem Boden gerissen. Pünktlich zu den Feierlichkeiten von Hitlers fünfzigstem Geburtstag im nächsten Monat würde stattdessen eine Allee von Obelisken aufgerichtet werden, auf deren Spitzen abwechselnd das Hakenkreuz und der Reichsadler thronten. An diesen steinernen Symbolen neu erstandener deutscher Herrlichkeit sollten dann stundenlang Wehrmachtseinheiten im preußischen Stechschritt wie Roboter in einem Fritz-Lang-Film vorbei marschieren, unterbrochen nur von Panzerkolonnen, deren Dröhnen den Zuschauern in den Ohren schmerzen musste.
    Der Duft des frisch geschnittenen Holzes, das ordentlich zersägt und bereit für den Abtransport am Straßenrand lag, rief Clarson eine Erinnerung aus einer anderen Welt ins Gedächtnis. In der Familienmanufaktur hatte das gleiche Aroma Werkstätten wie Büros durchzogen. Vor nicht allzu langer Zeit hatte er seine Tage noch damit verschwendet, über Entwurfskizzen und Geschäftsplänen zu brüten. Er war unschlüssig, ob seine derzeitige Tätigkeit einen sinnvolleren Einsatz von Lebenszeit darstellte.
    Die Stadt wurde wie häufig im Übergang zum Frühjahr von einem eisigen Wind geplagt und der Platz war praktisch menschenleer. Wenn man nach Westen schaute, konnte man jenseits des Brandenburger Tors die Kroll-Oper am Königsplatz erspähen, in der seit 1933 die seltenen Sitzungen des Reichstags stattfanden. Dem deutschen Parlament war als einzige Aufgabe das Bejubeln der Hitler ’ schen Tiraden geblieben und hinter vorgehaltener Hand verspotteten die Berliner es als den teuersten Gesangverein der Welt .
    In der letzten dieser Inszenierungen, wenige Wochen zuvor, hatte der Diktator unter dem frenetischen Beifall der Abgeordneten im Falle eines neuen Krieges die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa angekündigt. Da er jedoch darauf verzichtet hatte, offene Angriffsdrohungen in die Welt zu schreien, war die Rede in London weitgehend positiv aufgenommen worden. Die britische Regierung glaubte noch an den Erfolg ihrer Politik der Kooperation und Zugeständnisse.
    Clarsons Auftraggeber gab sich solchen Illusionen nicht hin.

8
    »Das Britische Empire und das Großdeutsche Reich eint ihr gemeinsames Interesse am Frieden in Europa. Beide Mächte sollten partnerschaftlich für seine langfristige Sicherung eintreten. Das Abkommen von München und das vom Reichskanzler und dem Premierminister seiner Majestät seinerzeit unterzeichnete Papier bieten dafür ein solides Fundament. Ich habe alles Vertrauen in die Männer, die Deutschlands Schicksal heute gestalten. Ihnen obliegt eine große Verantwortung für die Zukunft des Kontinents und der Welt als Ganzes. Es ist mir daher eine ausgesprochene Ehre, Eure Exzellenz Reichsminister Dr.   Goebbels in der Botschaft Seiner Majestät begrüßen zu dürfen.« Vizebotschafter Ashfield hob das Champagnerglas in seiner Hand. »Auf das Wohl des Führers.«
    Edward Frederick Ashfield war mit Leib und Seele englischer Gentleman. Den Cutaway trug er wie eine zweite Haut und das außergewöhnlich volle, silberfarbene Haar wirkte wie eine Krone auf seiner schlanken Gestalt. Mehr als dreißig Berufsjahre, erfüllt von geneigtem Zuhören, hatten ihn eine leicht vornübergebeugte Haltung annehmen lassen. Dennoch überragte er die Mehrheit der Anwesenden. Um seine kleine Begrüßungsrede zu halten, hatte er sich in die Mitte der stehenden Versammlung begeben. Lange, feminin wirkende Hände untermalten seine Worte mit gemessener Gestik, während seine Augen, die unter buschigen Brauen neugierig hervorlugten, die Runde über alle Anwesenden machten.
    Er strahlte gediegene Würde aus, passend zum Ort des Geschehens, der dem Thronsaal eines Fürstentums Ehre gemacht hätte. Wände und Decke des hohen Raumes waren mit dunklem Tropenholz aus den westafrikanischen Kolonien vertäfelt, den Boden bedeckten ornamentierte indische Teppiche. Der Empire Room war der zentrale Repräsentationssaal der Botschaft und eine Reihe mannshoher Gemälde erinnerte den Betrachter an die glorreiche Geschichte des britischen Weltreiches.

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