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Die Göring-Verschwörung

Die Göring-Verschwörung

Titel: Die Göring-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Müller Hale
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seiner Suche war entsprechend eng begrenzt geblieben.
    Er ließ sich auf dem Sofa nieder, das Bein auf einem kleinen Palisanderholzschemel abgelegt, und band sich die Schuhe in einer umständlichen Prozedur, zu der ihn das steife Knie zwang.
    Der Streit der beiden Schwestern wurde lauter.
    »Ich kann es nicht glauben«, Ariane hat sich in eine ihrer Stimmungen geredet. »Ich kann es einfach nicht glauben.«
    »Ich muss an die Kinder denken und an die Zukunft«, hörte er Magdas kühle Stimme durch die Tür. »Es ist das Beste für alle so.«
    »Nach allem, was er dir angetan hat?«
    »Joseph ist ein fürsorglicher Vater und auch ein guter Ehemann, zumeist jedenfalls. Er hat versprochen, dass das Geschehene für immer der Vergangenheit angehört. Der Führer hat einen Ehevertrag vermittelt, der alles regelt. Außerdem bezeugt der Führer den Vertrag und Joseph würde niemals einem Wort, dass er dem Führer gegeben hat, zuwiderhandeln.«
    »Und was ist mit den Juden, denen man die Fenster einwirft und die Synagogen abgebrannt hat?«
    »Nationalsozialismus und Juden sind nun einmal Feinde«, erklärte Magda trocken.
    Er hörte Ariane mit dem Fuß aufstampfen, wie sie es zu tun pflegte, wann immer sich die Welt um sie herum nicht nach ihren Vorstellungen richten wollte. »Wie kannst du so kaltherzig sein?«
    »Du verstehst die Zusammenhänge nicht und siehst alles durch deine englisch-liberale Brille«, fuhr die große Schwester fort. »Die Welt funktioniert nun mal anders, als man es sich euren vornehmen Londoner Teehäusern ausmalt. Warte, du wirst schnell einsehen, welch großes Glück es für uns bedeutet, in diesen historischen Zeiten zu leben. Ihr beide könnt euch hier eine herrliche, sorgenfreie Existenz aufbauen. Joseph kann Henry helfen, sich in Berlin zu etablieren. Und du solltest dich auf deine Aufgaben als Frau besinnen.«
    »Du bist unausstehlich geworden«, fauchte Ariane. »Hast du alles vergessen, was der Papa uns gelehrt hat?«
    Clarson trat aus dem Schlafzimmer. Er musste den Streit unterbrechen, bevor Ariane dauerhaften Schaden anrichtete.
    Magda kam ihm zuvor: »Nun ist genug geredet. Lasst uns runtergehen. Joseph wird uns jeden Moment abholen.«
    »Wir kommen nach«, zischte Ariane, »Lust auf den dummen Empfang habe ich jetzt sowieso nicht mehr.«
    »Das war überflüssig«, kommentierte Clarson, als er mit Ariane zum Hotellift ging. Er vermied jedes offene Wort in der Suite. Für den SD oder einen von Goebbels beauftragten Schnüffler musste es ein Leichtes sein, dort verborgene Mikrofone zu installieren.
    »Magda soll dieses Scheusal verlassen«, sagte Ariane trotzig.
    »Das wird nicht passieren.«
    »Denkst du etwa, du wirst etwas erreichen?« Ariane wurde lauter, als es ratsam war. »Großartige Dinge erfahren, wenn wir ab und zu mal bei den Goebbels zum Tee eingeladen sind?«
    Clarson entgegnete nichts. Es gab keine überzeugende Antwort auf diese Frage. Sollte der Streit der Schwestern eskalieren, war auf engeren Kontakt zu Goebbels jedenfalls nicht zu hoffen.
    Ein gedämpfter Glockenton erklang und die Aufzugstüren öffneten sich.
    »Erdgeschoss?«, fragte der Liftboy.
    Das Adlon, zu Beginn des Jahrhunderts erbaut, um den Luxushotels der Metropolen von London und Paris die Stirn zu bieten, und von Kaiser Wilhelm persönlich eingeweiht, war eine der ersten Adressen Europas. Erlesene Wandteppiche und Deckenmalereien im Stil des Barock auf gewölbten Stuckdecken, die auf quadratischen Säulen ruhten, ließen die Lobby mehr einem Schloss als einem Hotel gleichen. Hinter dem breiten Marmortresen der Rezeption stand stets mindestens ein halbes Dutzend Angestellter bereit, um den Gästen die Wünsche von den Augen abzulesen. Clarson und Ariane als Bewohner einer der Suiten im obersten Stockwerk wurden von ihnen wie Halbgötter behandelt.
    An den Rändern der ausgedehnten Eingangshalle befanden sich eine Bar mit vertäfelten Wänden aus Kirschbaumholz und ein Café, in dem großblättrige Zimmerpalmen in enormen Porzellantöpfen einzelne Sitzgruppen abgrenzten. Wer sich von den patrizischen Getränkepreisen nicht schrecken ließ, fand hier vorzügliche Gelegenheit, seine Zeit mit Sehen und Gesehen werden zu vertun.
    Ein eben eingetroffenes, französisch sprechendes Paar hätte an einem anderen Tag Anlass für gewisses Getuschel geboten. Das Gesicht der Dame war kaum auszumachen unter einem überdimensionalen, mondänen Hut, den man so vermutlich nur in Paris erstehen konnte, während ihr Begleiter

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