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Die Göring-Verschwörung

Die Göring-Verschwörung

Titel: Die Göring-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Müller Hale
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einen grau-weiß gestreiften Anzug trug und dazu helle Lederschuhe, wie man es von Angehörigen einer amerikanischen Mafia vermuten würde.
    Die Aufmerksamkeit der Umgebung war jedoch im Augenblick vollständig auf die Mitte der Lobby gerichtet, wo Magda zusehends ungeduldiger wurde. Die Limousine ihres Mannes war bereits vorgefahren. Sie hatte eine freundliche Miene aufgesetzt, ignorierte den eilfertig seine Dienste anbietenden Hoteldirektor und genoss die neugierigen Blicke.
    Als Clarson vom Aufzug kommend die Bar gegenüber der Rezeption passierte, rief ihm eine vertraute Stimme zu: »Hey Mister Goebbels, schick sehen Sie aus.«
    Patrick Jenner, Journalist der CBS, war zu jeder Tageszeit in der Adlon-Bar anzutreffen. Die Berichterstattung über die Internationale Automobilausstellung, für die er aus New York angereist war, lastete ihn in keiner Weise aus. Stets auf der Suche nach Trinkkumpanen, war er in der letzten Woche zweimal in Clarson fündig geworden. Er bestand zu seiner eigenen Erheiterung darauf, ihn mit Mister Goebbels anzusprechen. Clarson hatte den Widerstand dagegen aufgegeben. Jenner war gesellig und der Einzige, der ihm offen und unbefangen gegenübertrat. Ausländische Journalisten, die sich gerne in der Adlon-Bar trafen und ihr ein angenehmes internationales Flair gaben, begegneten Clarson mit Zurückhaltung. Fiel es doch in die Zuständigkeit des Schwagers seiner Frau, unliebsamen Pressevertretern die Akkreditierung zu entziehen.
    »Wollte mich verabschieden«, rief Jenner zu ihm hinüber, ohne sich vom Tresen zu rühren.
    Früher mochte er einmal der Star des Footballteams seines Colleges gewesen sein. Inzwischen ging er sparsamer mit körperlicher Betätigung um. Zwei Jahrzehnte regelmäßigen Alkoholkonsums hatten die Physis seiner Jugendtage fast zur Gänze unkenntlich gemacht. Sein vorrangiges Bestreben bestand darin, sich stets in Reichweite des nächsten Drinks aufzuhalten und mit ironischem Blick seine Umgebung zu beäugen.
    Clarson entschuldigte sich kurz und ließ eine missvergnügte Magda mit Ariane in der Halle stehen. Den Ellenbogen aufgestützt, hockte Jenner alleine an der Theke. Die Bar hatte an diesem Nachmittag nur wenige Gäste angelockt. An den Rundtischen saßen zwei Pärchen und in der hinteren Ecke des Tresens stand ein einzelner Mann im Trenchcoat bei einem Weißwein.
    »Die IAA ist zu Ende. Morgen verlasse ich Berlin.« Jenner schaute zu dem Mann am Ende der Theke, der sich abgewandt hatte und in eine Lederkladde schrieb. »Sehr viel werde ich hier kaum verpassen. Sie waren jedenfalls ein unterhaltsamer Lichtblick in dieser Stadt, Mister Goebbels.«
    Durch die riesige Drehtür am Hoteleingang trat der echte Goebbels in Begleitung von Oberscharführer Kraneck ein und zog sofort alle Augen in der Lobby auf sich.
    »Gute Heimreise«, wandte sich Clarson wieder Jenner zu. »Sagen Sie New York einen Gruß von mir.«
    »Melden Sie sich, wenn es Sie wieder mal dahin verschlägt. Ich kann Ihnen dort ein paar Bars zeigen, die in Europa ihresgleichen suchen.«
    Augenscheinlich wartete sein Schwager nicht gerne. Anders als Magda, die auffordernd zu ihm hinüberstarrte, würdigte Goebbels ihn keines Blickes. Er hatte stattdessen Kraneck losgeschickt, der mit seinen langen Beinen in die Bar geeilt kam.
    »Der Herr Minister wartet«, zwang sich der SS-Mann zu höflicher Verbindlichkeit, während seine Miene demonstratives Missfallen signalisierte.
    »Familienpflichten«, zuckte Clarson mit den Schultern und schüttelte Jenner die Hand zum Abschied. Er bedauerte, seinen einzigen privaten Kontakt in Berlin zu verlieren.
    Die ausgezeichnete Lage des Adlon mitten im Herzen der Hauptstadt machte es möglich, die meisten Regierungsgebäude und Sehenswürdigkeiten bequem zu Fuß zu erreichen. Das Hotel überschaute den Pariser Platz, in den von Süden her die Wilhelmstraße mündete, wo sich die Reichskanzlei und die wesentlichen Ministerien aneinander reihten. Die Britische Botschaft stand in unmittelbarer Nachbarschaft des Adlon am Kopf der Wilhelmstraße. Goebbels schien selbst die kurze Wegstrecke ums Eck als eine Belastung zu empfinden. Er vermied tunlichst alle Fußwege, die für ihn eine unfreiwillige Zurschaustellung seines Klumpfußes waren. Die verkrampften Bemühungen des vorauseilenden Goebbels um einen ebenmäßigen, geraden Tritt ließen Clarson innerlich schmunzeln. Der komische Eindruck wurde noch verstärkt durch die Erscheinung des langen Kraneck, der halb neben, halb

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