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Die Göring-Verschwörung

Die Göring-Verschwörung

Titel: Die Göring-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Müller Hale
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Zeit, um die Information innerlich abzuspeichern.
    »Ich verlasse mich auf Sie«, fügte Wardley so leise flüsternd hinzu, dass Clarson ihn kaum noch verstehen konnte. »Das Schicksal ganz Europas steht auf dem Spiel.«

9
    Clarson bereute es, sich für den vierunddreißiger Châteaux Lafite entschieden zu haben. Es war ohne Zweifel der beste Wein, den das Haus anzubieten hatte, doch sein mildes Bouquet war dem würzigen Geschmack des hervorragenden Steaks nicht gewachsen. Die Qualität der Küche hatte ihn überrascht. Sie bot mehr, als die Straße und das bäuerliche Interieur hatten hoffen lassen. Umso befremdlicher war es, dass das Restaurant selbst an einem Samstagabend kaum Gäste begrüßen konnte. Das einzig irritierende Element bildete ein fettleibiger Herr am Nebentisch, der den Rest seines Weins mit einer dicken Zigarre genoss. Das Aroma eines guten Glases mit beißendem Rauch am Gaumen zu verderben, war unglücklicherweise eine verbreitete Unkultur, die für Clarson an Vulgarität grenzte.
    Ariane war bester Abenteurerlaune und grinste verschmitzt, als sei das Ganze ein Lausbubenstreich. Auffordernd prostete sie ihm zu. »Du musst jetzt gehen.«
    Er war dem Ratschlag seiner Frau gefolgt und ließ äußerste, vielleicht übertriebene Vorsicht walten. Sie hatten das Hotel gemeinsam wie zu einem harmlosen Spaziergang verlassen. Den langen Weg hatten sie zu Fuß zurückgelegt und dabei immer wieder überprüft, ob ihnen jemand folgte. In der Kreuzberger Straße waren Sie in eines der Restaurants eingekehrt und hatten an einem der Seitentische Platz genommen. Er würde Ariane nun für ein paar Minuten alleine lassen, um Wardley in der Bar um die nächste Straßenecke zu treffen.
    Die dunkle Seitengasse war menschenleer. Allein die Lichter einer einzelnen Gaststätte zeugten von Leben. Erst an deren Eingang erkannte Clarson seinen Irrtum. Zum goldenen Ross stand in geschwungenen Lettern an der Hauswand. Wo war die Tivoli-Bar?
    Er ging die Sackgasse bis ans Ende ab. Fassaden vierstöckiger Wohnblocks, von denen der Putz bröckelte, eine Werkstatt für Reparaturen aller Art , ein Zigarettengeschäft, fast alle Fenster verriegelt. Kein Anzeichen für eine Bar. Clarson machte sich auf den Weg zurück zur Straßenecke, um sich zu vergewissern, dass er in der Storchengasse war. Als er einen kleinen Hof zwischen zwei Häuserblocks passierte, hörte er gedämpfte Geräusche. Geräusche von einer Art, wie er sie als letztes inmitten Nazi-Deutschlands erwartet hätte. Es gab keinen Zweifel, da spielte jemand eine Aufnahme des Tiger Rag von Louis Armstrong.
    Er inspizierte den dunklen, muffig riechenden Hof. Die Musik drang aus einem Raum hinter einer einfachen Holztür in der gegenüberliegenden Ecke. Über dem Eingang hing ein unbeleuchtetes Emailschild, das im fahlen Mondlicht kaum auszumachen war: Tivoli-Bar . Als er die Tür öffnete, fühlte er sich in einen Vorort von London versetzt. Das kleine Gasthaus bestand aus einem einzigen Raum, der mit ungefähr hundert Besuchern gut gefüllt war. Die Innenausstattung, soweit man davon sprechen konnte, schien angelsächsischen Stil nachahmen zu wollen. Auf einem halb vergilbten Plakat am Ende des Raumes posierte eine Jazzband und die langen vertikalen Zapfhebel hinter der Theke hatten vermutlich bereits in einem Pub auf den britischen Inseln Dienst getan.
    Die Mehrzahl der Besucher konnte kaum zwanzig Jahre alt sein und pflegte einen völlig anderen Kleidungsstil, als man ihn von den Straßen Berlins gewohnt war. Er konnte keine der sonst allgegenwärtigen Uniformen ausmachen. Stattdessen überwogen zu weit geschnittene helle Jacketts und breite Hosen mit Schlag. Dazu trugen viele der Gäste das mit Zuckerwasser nach hinten gekämmte Haar ein Stück länger, als es die Norm zuließ. Sie standen in Kleingruppen herum, Regenschirme und Shag-Pfeifen wie Ehrenzeichen tragend, und wippten mit den Füßen im Takt des Big-Band-Swing, der aus einem auf dem Tresen abgestellten Grammofon dröhnte. Bei den Frauen waren lange Zigarettenspitzen das modische Muss der Stunde. In der Mitte des in gedämpftes Licht getauchten Raumes tanzten ein Dutzend Paare in betont lässiger Haltung mit hängenden Schultern und halb gebeugten Knien.
    Wardley hob erleichtert den Arm, als er Clarson in der Tür sah. Er hockte in einem dicken grauen Mantel an einem kleinen Tisch neben dem Hinterausgang. Seine Krawatte saß schief, der Kragenknopf darunter war offen geblieben.
    Ein blondes Mädchen in

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