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Die Götter 2. Das magische Zeichen

Die Götter 2. Das magische Zeichen

Titel: Die Götter 2. Das magische Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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betäuben. Ihnen zuliebe beschloss Josion, die Gemächer seiner Eltern aufzusuchen. Jeder Schritt kostete ihn große Überwindung – dort lauerten so viele Kindheitserinnerungen … Wie sollte er es verkraften, nie wieder das Lächeln seines Vaters zu sehen? Mit diesem Gefühl war er offenbar nicht allein: Durch die Tür hörte er Zejabel weinen. Als er zweimal leise anklopfte, verstummte das Schluchzen abrupt.
    » Ich komme « , rief seine Mutter.
    Ihre Stimme klang erstaunlich hart für jemanden, der gerade noch geweint hatte. Josion wandte sich um und wollte zu den anderen zurückgehen, als die Tür aufsprang. Im ersten Moment erkannte Josion die Gestalt im Rahmen nicht wieder. Seinen Reflexen folgend spannte er alle Muskeln an und duckte sich, um einem Angriff zu entgehen. Erst als er bemerkte, dass es Zejabel war, entspannte er sich wieder und starrte sie verblüfft an.
    Sie trug ihr rotes Kahati-Gewand.
    Seit dem Verschwinden des Jal vor über zwanzig Jahren hatte Zejabel es nicht mehr getragen. Als Josion noch ein Junge war, hatte sie ihm das Kleid gezeigt, um ihre Erzählungen zu veranschaulichen, aber er hatte es nie an ihrem Körper gesehen.
    Die Bedeutung der Geste entging ihm nicht: Die Erben von Ji führten abermals Krieg gegen Sombre, und Zejabel würde in der vordersten Reihe kämpfen – und zwar in dem Gewand, in dem sie den Dämon schon einmal besiegt hatte. Nötigenfalls schien seine Mutter in dem Kleid in den Tod gehen zu wollen.
    » Ich bin bereit « , sagte sie fest.
    Josion ließ ihr den Vortritt. Angesichts dieser in Rot gekleideten Frau mit dem stahlharten Blick fühlte er sich abermals wie ein kleines Kind. Wie ihr kleines Kind.
    Josion hasste dieses Gefühl.
    Souanne war so in Gedanken versunken, dass sie nicht gleich den Kopf wandte, als Zejabel und Josion den Saal betraten. Erst als es plötzlich still wurde, zwang sie sich, ihren Platz am Fenster aufzugeben. Wie den anderen verschlug ihr der Anblick die Sprache. Die Zü war bis an die Zähne bewaffnet und hatte ihre Reisekleider gegen ein blutrotes Gewand eingetauscht. Zwei breite Lederarmbänder schützten ihre Handgelenke, und an ihrem Gürtel waren ein fremdartiger Dolch und mehrere Wurfmesser befestigt. Über ihrer rechten Schulter hing ein Köcher voller gefiederter Pfeile. In der linken Hand hielt Zejabel einen Mantel und ein kleines Reisebündel, in der rechten einen Langbogen und ihren Speer. In diesem kriegerischen Aufzug würde die Zü kaum unbemerkt bleiben, doch dann dämmerte Souanne, dass das wohl Zejabels geringste Sorge war. Sie zog in den Krieg, daran bestand kein Zweifel.
    Da gab es nur ein Problem: Souanne hatte nicht vor, so schnell wieder zu kämpfen.
    Das war so ziemlich das Einzige, dessen sie sich sicher war. Ansonsten waren ihre Gedanken ziemlich wirr und widersprüchlich. Sie konnte sich einfach nicht entscheiden, welchen Weg sie einschlagen wollte, während die anderen bereits über den bevorstehenden Aufbruch sprachen.
    Die Nachricht von Amanóns Tod machte ihr viel stärker zu schaffen, als sie gedacht hätte. Der Anführer der Grauen Legion war für sie mehr als nur ein ranghöherer Offizier gewesen. Er hatte sie durchs Leben geführt und eine schützende Hand über sie gehalten. Nun, da er tot war, stand Souanne völlig allein da. Bei wem sollte sie jetzt Rat suchen? Wer würde sie durch die Höhen und Tiefen der Existenz begleiten, wer würde an dunklen Tagen für sie da sein? Die Menschen, mit denen sie die erschütterndsten Momente ihres Lebens verbracht hatte, waren alle in diesem Saal versammelt. Doch ihre Familien waren seit Jahrzehnten befreundet, während sich Souanne nur durch einen unglücklichen Zufall in ihrer Gesellschaft befand.
    Zumal sich Souanne seit heute Nacht selbst fremd war.
    Immer wieder musste sie an das berauschende Gefühl denken, das sie beim Töten der beiden Angreifer durchströmt hatte. Wenn sie wenigstens einfach abwarten könnte, bis sie den unseligen Vorfall vergessen hätte … Doch ein krankhafter Drang trieb sie dazu an, weitere Leben auszulöschen. Gegen diesen Impuls anzukämpfen, kostete sie so viel Kraft, dass sie kaum an etwas anderes denken konnte. Deshalb war sie zu dem Schluss gekommen, dass sie weitere Kämpfe um jeden Preis vermeiden musste.
    Nur leider schien das Schicksal die Erben geradewegs neuen Kämpfen entgegenzuführen.
    Plötzlich bemerkte Souanne, wie die anderen einer nach dem anderen den Saal verließen. Sie hatte nichts von ihrem Gespräch

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