Die Götter - Das Schicksal von Ji: Die Götter 4 - Roman (German Edition)
Zü-Kriegerinnen, die sie zum Dorf eskortiert hatten, zogen den Kreis um die Erben enger, sodass ein Entkommen unmöglich war. Souanne wandte sich in regelmäßigen Abständen zu Damián und Josion um und suchte nach einem Zeichen dafür, dass sie ihr Schwert ziehen oder die Flucht ergreifen sollte. Doch die beiden Männer blickten nur starr geradeaus und trugen die Bahre mit Zejabel immer weiter. Was blieb ihnen auch anderes übrig? Zejabel zurückzulassen, war undenkbar, und ihre Waffen zu ziehen, kam einem Selbstmord gleich. Ihre einzige Chance war es, das Missverständnis aufrechtzuerhalten.
Umzingelt von ihrer Eskorte bewegten sich die Erben auf die Ansammlung Zü-Kriegerinnen zu. Beim Näherkommen fiel Souanne auf, dass keine von ihnen jünger als dreißig war. Manche waren alt und grau, aber die meisten standen in der Blüte ihrer Jahre. In der Mitte der Menschenmenge saßen drei uralte Frauen auf einer kleinen Bank, und vor ihnen kam die kleine Schar zum Stehen. Souanne hielt den Atem an, als die drei aufstanden und sich über Zejabel beugten. Im nächsten Moment verzogen sie hasserfüllt das Gesicht, und Souanne wurde es angst und bange.
» Das ist nicht die Göttin!«, rief eine der Frauen, deren Rücken vom Alter gebeugt war. » Das ist die Zejabel, die einstige Kahati – verflucht sei ihr Name. Diese Verräterin hat uns unsere Mutter genommen.«
Die Menge brüllte vor Wut auf. Dann legte sich furchterregendes Schweigen über das Dorf. Souanne wandte sich abermals zu Damián um– vielleicht zum letzten Mal.
Guederic hatte sich gehörig zusammenreißen müssen, um sich nicht auf die Zü-Kriegerinnen zu stürzen. In seinen Augen hatte er eine geradezu übermenschliche Leistung vollbracht: Er hatte zugelassen, dass ihn diese Furien wie ein Stück Vieh in ihr Dorf trieben, während er die ganze Zeit danach lechzte, ihnen die Kehle durchzuschneiden. Doch jetzt war er mit seiner Geduld am Ende. Ohne sich länger um die Folgen zu scheren und ohne über einen Blick das Einverständnis seines Bruders einzuholen, zog er sein Rapier und baute sich breitbeinig vor Zejabels Trage auf. Seine Körperhaltung ließ keinen Zweifel an seinen Absichten.
Als Maara seinem Beispiel folgte, grinste er breit. Najel tat es seiner Schwester gleich, und auch Josion ließ seinen Zarratt aus dem Ärmel seines Gewands gleiten. Er würde seine Mutter bis aufs Blut verteidigen. Nun zog auch Souanne ihr Schwert, und sei es nur, um Lorilis zu beschützen. Schließlich stand nur noch Damián mit leeren Händen da, während sich ihnen ein Wald aus Dolchen, Speeren und Pfeilen entgegenreckte.
» Ja, das ist Zejabel«, sagte Damián feierlich. » Ihr habt sie erkannt. Aber ihr wisst auch, dass niemand Zuïa treuer ergeben ist.«
» Sie ist eine dreckige Verräterin!«, fauchte die Älteste der drei Frauen. » Sie verdient hundertmal den Tod, genau wie ihre Begleiter. Wir werden euch im Namen der Göttin richten.«
» Das wäre ein großer Fehler«, erwiderte Damián. » Denn die Kahati überbringt euch eine Botschaft von der Göttin. Sie hat ihr Leben für euch aufs Spiel gesetzt. Wenn sie tatsächlich eine Verräterin ist, warum hätte sie dann ins Lus’an zurückkehren sollen? In all den Jahren war sie eine von euch, mehr noch, sie war die treueste Dienerin der Göttin. Wenn ihr sie sterben lasst, ohne sie anzuhören, seid ihr die wahren Verräterinnen.«
Wieder zeigten die umstehenden Zü-Kriegerinnen ihre Wut, indem sie in wildes Geschrei ausbrachen und drohend ihre Waffen reckten. Nur die Ältesten wirkten nachdenklich. Sie steckten die Köpfe zusammen und tuschelten, und Guederic hoffte inständig auf ein Wunder. Er bewunderte die Kaltblütigkeit und das selbstsichere Auftreten seines Bruders. Wann hatte sich Damián diese Lügengeschichte ausgedacht? Hatte er sie aus dem Stegreif erfunden oder auf dem langen Marsch durch die Sümpfe daran getüftelt?
Trotzdem senkte Guederic sein Rapier nicht. Als die alten Frauen die Menge mit einer knappen Handbewegung zum Schweigen brachten, wappnete er sich für den Kampf.
» Nun gut«, verkündete die Alte mit dem krummen Rücken. » Wir werden sie gesund pflegen. Dann hören wir uns ihre Lügen an. Und anschließend werden wir über sie richten.«
» Aber ihr könnt sie nicht mitnehmen«, sagte Josion mit Nachdruck. » Wir bleiben zusammen.«
Zu Guederics Erstaunen begann die Alte hämisch zu lachen. Sie warf ihm einen Blick zu, aus dem Verachtung und Grausamkeit sprachen.
» Wie
Weitere Kostenlose Bücher