Die Götter - Das Schicksal von Ji: Die Götter 4 - Roman (German Edition)
neugierig. » Wie sieht das aus?«
» Ich habe keine Ahnung«, antwortete Damián. » Ich stelle es mir wie ein durchgeschnittenes Seil vor, dessen Ende lose herabhängt. Jedenfalls kamen Yan und mein Vater nach langem Nachdenken zu dem Schluss, dass diese unterbrochenen Strahlen diejenigen waren, die sie zuvor mit dem Jal verbunden hatten. Eurydis hatte ihnen erklärt, dass sie die einzigen Sterblichen waren, die sowohl das Dara als auch das Karu besucht hatten. Das verlieh den Vierzehn Macht über diesen Ort, der seine Existenz nur der Magie verdankte.«
» Also reichte es, das Jal zu verleugnen, um die Verbindung zu kappen?«, fragte Josion.
» Als sich alle vierzehn darauf einigten, dass das Jal nicht existierte, verband es nichts mehr mit der Wirklichkeit. Deshalb löste es sich auf.«
» Aber warum verschwand es nicht schon hundert oder tausend Jahre früher? Zu einer Zeit, als sich kein Sterblicher mehr an seine Existenz erinnerte?«, fragte Souanne nachdenklich.
Damián nahm ein paar Seiten seiner Notizen zur Hand, als würde die Berührung des Papiers seinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen.
» Mein Vater stellte sich dieselbe Frage. In seinen Aufzeichnungen spricht er die Vermutung aus, dass die Seelen der Verstorbenen in den Gärten des Dara und der Unterwelt des Karu verhinderten, dass sich das Jal auflöste. Bevor es verschwinden konnte, mussten erst alle Seelen befreit werden, und dazu brauchte es eine unmissverständliche Erklärung. Jemand musste die Existenz des Jal in vollem Bewusstsein seines Tuns verleugnen. Nichts anderes haben die Vierzehn getan.«
Für eine Weile trat Schweigen ein. Alle brauchten etwas Zeit, um diese Vermutung zu durchdenken und zu überlegen, welche Folgen sie hatte.
» Und was ist jetzt mit diesem neuen Jal?«, wollte Maara schließlich wissen.
» Das fragten sich Yan und mein Vater auch. Sie dachten über ein Prinzip der ethekischen Philosophie nach, demzufolge alles, was geschehen ist, auch wieder ungeschehen gemacht werden kann. Sie überlegten, was wohl passieren würde, wenn sie ihre Erklärung zurücknähmen. Was würde geschehen, wenn sie schwüren, dass das Jal existierte? Würden die unterbrochenen Energieströme den Weg zum Jal zurückfinden, auch wenn es diesen Ort gar nicht mehr gab?«
» Aber Zejabel war nicht mehr an Bord des brennenden Boots, als sie das Jal neu erschufen«, sagte Najel, » und sie war eine der Vierzehn.«
» Es ist unklar, ob die Anwesenheit aller vierzehn nötig war. Vielleicht hätte es gereicht, wenn ein Einziger seine Worte zurückgenommen hätte. Unsere Eltern hatten es nie ausprobiert. Sie hatte immer nur über diese Fragen nachgedacht und sich nächtelang die Köpfe heißgeredet. Dabei blieb es. Bis zu jener Nacht, als sie im Meer zu versinken drohten. In ihrer Verzweiflung blieb ihnen nichts anderes übrig, als einen Versuch zu wagen. Die Vernichtung des Jal rückgängig zu machen, war ihr letzter Ausweg.«
Er sah Lorilis in die Augen und konnte ihre Antwort kaum erwarten. » So war es doch, oder?«
Das Mädchen nickte mit ernstem Gesicht.
Seit die Zü ihr Nachtlager umzingelt und ihren Bericht unterbrochen hatten, wartete Lorilis auf diesen Moment. Den ganzen Tag hatte sie sich innerlich darauf vorbereitet, das Ende der Geschichte zu erzählen, und sich immer wieder alle Einzelheiten in Erinnerung gerufen. Schwer war ihr das nicht gefallen. Die Vision, die ihr die Pforte beschert hatte, war so eindringlich gewesen, dass Lorilis sie bis zu ihrem Lebensende nicht vergessen würde.
Im vergangenen Dekant, während Damián über Amanóns Aufzeichnungen brütete, hatte sie in ihrem Notizbuch ein paar Zeichnungen angefertigt, die Szenen aus ihrer Vision wiedergaben. Saats Dreimaster mit geblähten Segeln… Die an der Reling aufgereihten Piraten… Der vom Alter gezeichnete, abscheuliche Körper des Hexers, gehüllt in einen Mantel, der mit ethekischen Schriftzeichen bestickt war… Vor allem dieses letzte Bild ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Nun musste sie ihren Gefährten nur noch das Ende der Geschichte erzählen.
Zum Glück hatten Damiáns Erklärungen die anderen bereits auf die Auflösung vorbereitet. Anderenfalls hätten sie Lorilis sicher mit Fragen bestürmt, auf die sie keine Antwort gehabt hätte. Und auch sie selbst verstand die Ereignisse, die zum Verschwinden ihrer Eltern geführt hatten, nun besser.
Für das Ende ihres Berichts brauchte sie nicht mehr als eine knappe Dezille: » Bildet einen Kreis, und
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