Die Götter der Flusswelt - Flusswelt-Zyklus 5
Nur gesagt, daß du dich dem Ende dieses Buches näherst, das du Richard Francis Burton nennst? Es ist in zwei Bänden veröffentlicht worden, Erd-Burton und Flußwelt-Burton. Dieser Turm ist vielleicht Das Ende.)
(Es ist immer eine ausgezeichnete Philosophie gewesen, so zu leben, als würde man in der nächsten Stunde sterben, hatte Frigate gesagt. Jeder pflichtet dem bei, aber die einzigen Menschen, die danach leben, sind die, die wissen, daß sie bald sterben werden. Und nicht einmal dann.)
(Aus diesem Grund steige ich, wann immer es möglich ist, ins Bett, hatte Aphra gesagt. Marcelin, bist du in Stimmung?)
(Selbst der eifrigste Soldat muß dann und wann einmal ein Ruhelager aufsuchen, sagte De Marbot. Im Augenblick bin ich ein alter, müder, sattelwunder Veteran.)
11.
Auch Burton fühlte sich wie ein müder, sattelwunder Veteran. Er hatte sich - und die anderen - zu lange zu hart angetrieben. Nun, wo die letzten hundert Hindernisse überwunden waren, mit denen er sich gleichzeitig belastet hatte, benötigte er Ruhe und Erholung. Die Probleme, die noch gelöst werden mußten - jene, die der Computer bereitete -, konnten später angegangen werden.
Und doch, dachte er, als er in einen Spiegel sah, sehe ich nicht aus, als hätte ich neunundsechzig Jahre auf der Erde und siebenundsechzig Jahre hier gelebt. Mein Gesicht ist nicht das eines einhundertsechsunddreißig Jahre alten Mannes. Es ist das Gesicht, das ich hatte, als ich ein junger Bursche von fünfundzwanzig Jahren war. Abzüglich des langen teufelsschwarzen herabhängenden Schnurrbarts, eines haarigen sichelförmigen Mondes. Die Ethiker hatten es so eingerichtet, daß die wiedererweckten Männer kein Gesichtshaar mehr aufwiesen, ein Arrangement, das Burton stets bedauert hatte. Es war schon richtig, daß die Männer sich nicht mehr zu rasieren brauchten, aber was war mit den Gefühlen - den Rechten - derjenigen, die einen Schnurrbart oder Vollbart tragen wollten?
Nun, da ich im Turm bin, dachte er, könnte ich doch versuchen, diese despotische Anordnung abzuändern. Es wird doch sicher eine Möglichkeit geben, wie ich das Haar auf meinem Gesicht wieder wachsen lassen kann.
Auf der Erde hatte er an leichtem Strabismus gelitten; vielleicht war »gelitten« ein zu hartes Wort dafür. Er hatte ein »wanderndes Auge« gehabt. In mehr als einer Hinsicht. Diesen kleinen Fehler hatte der Computer korrigiert, als er im Flußtal von den Toten wiedererweckt worden war.
Also war der Verlust des Bartes durch die Korrektur des Sehfehlers aufgewogen worden. Aber warum konnte er jetzt nicht beides haben?
Er machte sich im Geiste eine Notiz, dieser Frage nachzugehen.
»Stirn eines Gottes, Kinn eines Teufels«, hatte ein beeindruckter Biograph über ihr geschrieben. Allerdings eine zutreffende Beschreibung. Und eine solche, die beide Personen in ihm berücksichtigte: die eine, der es nach Erfolg, und die andere, der es nach der Niederlage gelüstete.
Das hieß, falls die Bücher, die man über ihn geschrieben hatte, mit ihrer Einschätzung richtig lagen.
Einige davon lagen jetzt auf dem Tisch. Er hatte ein paar der Titel angefordert, die Frigate vorgeschlagen hatte, und der Computer hatte sie für ihn ausgedruckt, gebunden und ihm als Reproduktionen über einen Konverter zukommen lassen. Das beste, hatte Frigate gesagt, sei Der Teufel jagt voran, geschrieben von der Amerikanerin Fawn M. Brodie, erstmals veröffentlicht im Jahre 1967.
»Als dieses Buch herauskam, gab ich meine Absicht auf, eine Biographie über dich zu schreiben«, hatte Frigate gesagt. »Aber ihre Qualität und Umfassenheit hat andere nicht davon abgehalten, danach ebenfalls Biographien von dir zu verfassen. Es mangelte ihnen an einem guten Urteil. Vielleicht gefällt dir Der Teufel jagt voran aber trotzdem nicht. Die Brodie kam nicht umhin, dich in Freudschen Begriffen zu analysieren. Andererseits kannst du mir vielleicht sagen, ob sie recht hatte oder nicht. Doch wahrscheinlich bist du der letzte, der es weiß, nicht wahr?«
Burton hatte den Text zwar noch nicht gelesen, aber er hatte sich die Reproduktionen der Fotos angesehen. Eins zeigte ihn im Alter von einundfünfzig Jahren; ein Werk des berühmten Malers Sir Frederick Leighton, das in der National Portrait Gallery in London hing. Er sah finster aus, wie ein Elizabethianer und Freibeuter zugleich. Leighton hatte ihn aus einem solchen Winkel abgebildet, daß man genau seine hohe Stirn sehen konnte, die über
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