Die Götter - Die Macht der Dunkelheit - Grimbert, P: Götter - Die Macht der Dunkelheit - Les Gardiens de Ji, Tome 3: Le deuil écarlate
Füßen angekettet waren, bekam er Gewissensbisse. Er hatte keine Ahnung, was der Hexer vorhatte, und obwohl er Pirat und Söldner war, widerstrebte es dem Seemann, eine Frau zu opfern, die ihren Säugling im Arm hielt.
» Dann nehmt doch den Mann«, drängte ihn der Admiral. » So schwer kann das doch nicht sein.«
Mourd erstarrte, und das Zeichen auf seiner Stirn begann wieder zu brennen. Konnte der Hexer etwa seine Gedanken lesen?
Von jetzt an versuchte er nur noch an das zu denken, was ihm aufgetragen worden war. Wahrscheinlich hatte der Admiral genau das mit seinen Worten bezweckt. Nicht denken! Nicht denken!
Hastig nahm er dem Gefangenen die Ketten ab, die scheppernd auf den nackten Steinboden fielen. Vorsichtshalber hielt Mourd ein gutes Stück Abstand zu dem Mann, aber dieser war so schwach, dass er kaum aufstehen konnte. Mit Mühe schleppte er sich zu Frau und Kind und bedeckte sie mit Küssen, als wäre es das letzte Mal.
Den Hexer ließ die herzzerreißende Szene völlig kalt. Ungeduldig schnalzte er mit der Zunge, trat auf den Mann zu und packte ihn an der Gurgel. Das verzweifelte Flehen seiner Frau ignorierte er. Mit einem Arm, der noch dazu völlig abgemagert war, hob der Admiral sein Opfer anderthalb Fuß hoch in die Höhe. Verzweifelt rang der Mann nach Luft und versuchte vergeblich, sich zu wehren und den eisernen Schraubstock, der ihm die Luftröhre zusammenquetschte, zu lösen. Dabei musste er längst wissen, dass er verloren war, und auch Mourd hegte keinen Zweifel am Ausgang der Szene. Was sollte also diese Demonstration? Sie bestätigte nur die Einschätzung des Seefahrers, dass die Gefangenen völlig hilflos waren.
» Gleich«, kündigte der Admiral an. » Gleich seht Ihr es mit eigenen Augen.«
Der Kapitän konnte den Blick nicht vom Gesicht des Mannes abwenden, das inzwischen blau anlief. Es würde nicht mehr lange dauern. Tatsächlich sah es ganz danach aus, als hätte der Gequälte den Todeskampf schon überstanden. Er hatte keine Kraft mehr, sich zu wehren, und hing von der Faust seines Henkers herab wie eine leblose Marionette. Jeden Augenblick erwartete Mourd zu hören, wie sein Genick brach, als der Mann ganz plötzlich von einem unerklärlichen Energieschub durchdrungen wurde. Seine Muskeln spannten sich, und als er den Kopf hob, leuchteten seine Augen wie Feuer. Es gelang ihm, zwei Finger zwischen den Griff des Hexers und seine Kehle zu schieben, den Druck zu lockern und wieder ein wenig Luft durch seine Lungen strömen zu lassen. Der Admiral hatte aufgehört zu scherzen und richtete jetzt seine ganze Konzentration auf den Kampf, der längst nicht mehr so ungleich schien wie noch kurz zuvor. Der Gefangene wirkte beinahe wie ein Besessener. Einen nach dem anderen löste er die Finger des Hexers von seinem Hals und schien auf dem besten Wege, sich ganz aus seinem Griff zu befreien.
Bald fürchtete der Kapitän um sein eigenes Leben, was noch eine Dezille zuvor völlig unvorstellbar gewesen war. Er zog seinen zweischneidigen Dolch, zögerte aber, ohne Erlaubnis seines Meisters einzugreifen. Dessen Gesichtszüge waren grauenvoll verzerrt, was einerseits auf die Anstrengung zurückzuführen war, aber auch zeigte, welch sadistisches Vergnügen ihm der Kampf bereitete. Als sich der Gefangene fast völlig befreit hatte, legte der Hexer ihm die freie Hand auf die Brust, und der Unglückliche wurde von einem Blitz erschlagen. Es ging ganz schnell, und doch konnte Mourd noch den Ausdruck tiefen Leids auf dem Gesicht des Gequälten erkennen – und die Genugtuung auf den fratzenhaften Zügen des Admirals.
Kurz darauf ließ der Hexer die leblose Hülle des Mannes neben der verängstigten Frau auf den Boden fallen. Der Seefahrer konnte die Augen nicht von dem Leichnam abwenden. Fast erwartete er, dass er jeden Augenblick wieder aufstehen würde.
» Wie kann das sein …«, stammelte er.
» Durch seine Adern floss das Blut des Jal«, antwortete der Hexer. » Er hat es nur zu spät gemerkt. Aber Ihr wisst gar nicht, wovon ich spreche, nicht wahr?«
Mourd schüttelte den Kopf. Er wollte auch gar nicht mehr darüber erfahren. Er wollte bloß zurück ins Sonnenlicht und auf sein Schiff.
» Vertraut mir«, forderte der Admiral. » Ich habe es mit Mächten zu tun, die Euer Verständnis weit übersteigen. Versucht also nicht, sie infrage zu stellen. Begnügt Euch damit, meine Befehle zu befolgen, und gebt das auch an die anderen weiter.«
Der Seemann nickte wieder, diesmal jedoch mit so viel
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