Die Götter - Die Macht der Dunkelheit - Grimbert, P: Götter - Die Macht der Dunkelheit - Les Gardiens de Ji, Tome 3: Le deuil écarlate
drangen weiter in die Tiefe vor.
» Das gefällt mir überhaupt nicht«, murmelte Damián. » Mir wäre es fast lieber gewesen, sie hätten uns angegriffen. Ich habe das Gefühl, die hecken irgendwas aus. Es ist, als hätten sie uns erwartet.«
» Wir können immer noch zurückgehen und ihnen Feuer unterm Hintern machen«, befand Maara großspurig.
Ihr Gestichel aber war nichts weiter als Ausdruck ihrer Nervosität. Insgeheim teilte sie Damiáns Befürchtungen. Was hier geschah, war alles andere als normal. Wie sollte man gegen Feinde kämpfen, die durch Wände gingen und sich in Nebel auflösen konnten? Mördern, Piraten oder irren Fanatikern hätte sie sich mutig entgegengestellt, aber gegenüber diesen körperlosen Schemen fühlte sie sich machtlos.
» Was machen die überhaupt noch hier?«, fragte Souanne. » Warum sind sie nicht mit dem Karu verschwunden, wie alle anderen Dämonen auch?«
» Darüber wissen wir einfach zu wenig«, antwortete Damián. » Vielleicht sind die Geister des Tiefen Turms gar keine Dämonen, sondern Wesen ganz anderen Ursprungs. Oder hier unten gibt es tatsächlich noch eine intakte Pforte, und die Nähe zu ihr hält die Gespenster am Leben.«
» Wir wissen also, dass wir nichts wissen«, knurrte die Wallattin.
Sie kam nicht mehr dazu, noch weiter nachzubohren. Ein ganzes Geschwader von Geistern, zu einer Wolke zusammengeballt, tauchte plötzlich vor ihnen auf. Sie verströmten einen bestialischen Gestank und streckten ihnen drohend ihre Krallen entgegen.
Guederic war offenbar der Einzige, der nicht unter der unheimlichen Atmosphäre litt, und dessen war er sich schmerzlich bewusst. War er vielleicht schon so sehr an den Tod gewöhnt, dass ihm die Gegenwart von Gespenstern nichts mehr ausmachte? In diesem verfluchten Loch fühlte er sich wie ein Fisch im Wasser. Allerdings machte er auch gern Zechtouren durch Spelunken, in die sein Bruder nie einen Fuß setzen würde …
Jedenfalls hielt ihm sein Hochgefühl abermals vor Augen, dass er kein gewöhnlicher Sterblicher war.
Am liebsten hätte er mit Souanne darüber geredet oder in Maaras Armen ein wenig Trost gefunden, aber das wäre in dieser Situation mehr als unpassend gewesen. Seit sie den Turm erkundeten, hatte er sich zusammengerissen und seine Probleme mit sich selbst ausgemacht. Nach und nach hatte sich sein vages Unbehagen erst zu dumpfer Wut auf sich selbst und schließlich zu einem regelrechten Hass auf die ganze Welt gesteigert. Was hatte er getan, um solch ein Schicksal zu verdienen? Welche Logik, welche höhere Gerechtigkeit steckte dahinter?
Als sich die Horde Gespenster dann plötzlich auf ihn und seine Gefährten stürzte, war er außer sich vor Freude, weil er seine Wut nun endlich an jemandem auslassen konnte. Auf der engen Treppe schwang er sein Rapier, so gut es ging, und durchschnitt die weißlichen Körper, die mal nur aus Nebel, mal aus festerem Material zu bestehen schienen. Als eins der Gespenster versuchte, ihn in die Hand zu beißen, schlug er ihm mit aller Kraft die Faust ins Gesicht. Guederic ließ seinem Zorn freien Lauf. Da er die Geister nicht töten konnte, bestand auch keine Gefahr, dass er abermals dem Blutrausch verfiel.
Der erste Angriff war allerdings schnell vorbei. Die Schemen wallten über die Erben hinweg und formierten sich zehn Stufen weiter oben neu. In der kurzen Verschnaufpause hatten die Gefährten Gelegenheit, sich um ihre Verletzungen zu kümmern. Damián hatte es am schlimmsten getroffen: An seinem Kopf klaffte eine böse Wunde. Zum Glück sah die Verletzung schlimmer aus, als sie war. Rasch wischte sich Damián das Blut von der Stirn und machte sich dann daran, seine Lampe wieder anzuzünden. Die Gespenster hatten drei ihrer fünf Laternen gelöscht, und allen war klar, dass sie in völliger Dunkelheit nicht die geringste Chance hätten.
Noch hielten die Gespenster Abstand und schienen zu zögern. Vielleicht wollten sie gar nicht noch einmal angreifen, sondern den Sterblichen nur Angst einjagen und sie immer weiter in den Turm hinabtreiben. Aber Guederic empfand keine Angst – im Gegenteil. Die Kopfwunde seines Bruders stachelte seinen Kampfgeist noch zusätzlich an. Guederic konnte dem Drang nach Gewalt nicht widerstehen und stieß sogar Najel und Lorilis beiseite, um schneller bei den Geistern zu sein.
Darauf hatten die Schemen offenbar nur gewartet. Mit wildem Fauchen stürzten sie sich auf den Sterblichen, der es wagte, sie herauszufordern. Nur Damiáns
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