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Die Göttin im Stein

Titel: Die Göttin im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Beyerlein
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    Zitternd drängte sie sich an Lykos, küßte seine Schultern, streichelte die Narben. Steht mir bei, ihr Nothelferinnen!, ließ ihre Hand nach unten gleiten, blies heißen Atem in sein Ohr.
    Lykos lachte leise, drehte sich herum, drehte sie auf den Rücken. Achtlos entglitt die Schnur seinen Fingern, ehe er den Knoten gefühlt hatte.
    Er war über ihr.
    Bebend schob sie die Schnur unter das Kissen zurück. Nie wieder, nie wieder, ich schwöre...
    Ich habe geschworen.
    Und beinahe den Schwur gebrochen.
    Sie nestelte an dem Faden, löste mit fliegenden Fingern die Knoten, wickelte den Faden auf die Spindel, warf die Spindel in den Korb und stand hastig auf.
    Schwärze. Schwindel.
    Sie schwankte.
    Sahir eilte herbei und hielt sie.
    »Laß nur, es geht schon wieder«, wehrte Moria ab und stürzte aus dem Haus.
    Luft!
    Moria lehnte sich an die Hauswand, drückte sich in den Schatten.
    So schlecht bin ich.
    Knüpfe Knoten gegen ein Mädchen, wie ich einmal eines war. Das nichts kann für das, was geschieht. Das nicht gefragt worden ist, ob es Lykos' Frau werden will.
    Knüpfe Knoten gegen meinen eigenen Mann.
    Alles, was ich jetzt hinnehmen muß, ist die Strafe dafür. Sie preßte die Fäuste an die Schläfen.
    Daß Lykos zurückgekehrt war, merkte sie nicht. Sie wurde seiner erst gewahr, als er auf sie zukam.
    Ein schuldbewußtes Lächeln zuckte in ihr Gesicht. Und gefror.
    Lykos trug einen Säugling im Arm, einen Säugling, der nicht in Wickelbänder gebunden, sondern fast nackt war.
    Sie vergaß zu grüßen.
    Er streckte ihr das Baby hin. »Hier, Moria, ich übertrage dir die Sorge für meinen Sohn! Meine Nebenfrau hat ihn mir geboren. Ich will, daß du ihn aufziehst wie dein eigenes Kind. Vergiß nicht, daß du selbst für ihn die Verantwortung hast! Er soll hier am Hof unter deiner Fürsorge und meiner Aufsicht nicht anders aufwachsen als die Söhne, die du mir gebären wirst. Wenn er das Alter dafür hat, werde ich persönlich ihn erziehen.«
    Das Kind der Nebenfrau.
    Er verlangt, daß ich das Kind aufziehe, das er der anderen gemacht hat.
    Ich habe den Knoten gebunden.
    Als habe es einen Sinn, sich gegen den Willen der Götter aufzulehnen.
    Ich habe ihn hintergangen, indem ich seine Leidenschaft zu der anderen heimlich zerstört habe.
    Es geschieht mir recht, daß ich nun für die Frucht dieser Leidenschaften sorgen muß.
    »Moria, hörst du nicht?« Er faßte sie am Kinn. Da war er wieder, der Blick.
    »Doch. Ich höre.«
    Das Baby verzog das Gesicht und begann jämmerlich zu weinen.
    Sie nahm es aus Lykos' Händen und drückte es an sich. »Und seine Mutter?« fragte sie mühsam.
    Er zuckte die Achseln. »Mit Naki habe ich nichts mehr zu schaffen. Ich habe sie verstoßen.«
    Verstoßen. Und ihr das Kind weggenommen.
    Da war keine Erleichterung, keine Befriedigung, kein Triumph.
    Da war nur Entsetzen.
    Wenn er wüßte, was ich getan habe. Wenn er es je erführe –Er nähme mir mein Kind weg –
    Er kennt keine Gnade.
    Sie wiegte hilflos das weinende Kind. Es ließ sich nicht beruhigen. Sein Brüllen steigerte sich zu höchster Not und Verzweiflung.
    Schrei nur, Kind, schrei!
    »Nun beruhige es doch!« sagte Lykos harsch.
    »Aber ihm fehlt eine Mutter!«
    »Hast du nicht verstanden, daß du jetzt seine Mutter bist?!« fuhr er sie an.
    »O doch! Ich meine nur, es braucht Milch«, erwiderte sie. »Und hier am Hof ist keine Amme, die es stillen könnte!«
    »Milch?« Er faßte sich an den Bart. »Nun gut, ich werde mich darum kümmern! Morgen, ehe ich aufbreche, besorge ich eine Magd, die zur Amme taugt. Und jetzt tu endlich was, damit es aufhört zu brüllen, ich kann es nicht mehr hören!«
    Er ging ins Haus.
    Ich hasse dich, Lykos. Du bist ein Schwein. Ein elendes Schwein.
    Sie erschrak über ihren eigenen Gedanken. Aber sie nahm ihn nicht zurück.
    Laut rief sie nach Noedia und drückte der Älteren das schreiende Baby in die Arme. »Bitte, Noedia, bitte, du hast doch Kinder großgezogen, versuch du es zu beruhigen, ich kann das nicht, morgen erst bekommt es eine Amme, es ist ein Sohn des Herrn, meinst du, wir könnten ihm etwas Kuhmilch ...«
    »Bloß nicht!« erwiderte Noedia. »Das bringt nur sein Gedärm in Aufruhr. Ich versuche es mit Tee. Und dann werde ich es erst mal ordentlich auf ein Wickelkissen schnüren, sonst kratzt es sich noch die Augen aus. Nicht zu glauben, wie diese Bäuerinnen ihre Kinder verlottern lassen. Das arme Würmchen! Was ist mit seiner Mutter?«
    Moria schüttelte den

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