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Die Göttin im Stein

Titel: Die Göttin im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Beyerlein
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Haibe in die Höhe, starrte in die Finsternis. Ihr Puls jagte. Es dauerte lang, bis sie begriff, wo sie sich befand.
    Erschöpft ließ sie sich wieder zu Boden sinken.
    Die dritte Nacht im Grab – oder ist schon der vierte Tag? –, bald ist es soweit – du wirst Stimmen hören und Bilder sehen, in denen Erkenntnis liegt –
    Die Wölfe, warum die Wölfe – Männer gibt es, die sind in Wahrheit gar keine Menschen – es waren die Wölfe – Blut troff von ihren Lefzen – die Sandberge halten sie auf – die Sandberge fließen nach Westen – die Hitze – die Sterne künden Unheil – die Priesterin ist in großer Sorge – eine weite Reise ohne Abschied – der Bach war ausgetrocknet – vor ach Sommern – Zirrkans Dorf – die Wölfe – der Bach war ausgetrocknet – das Zeichen – du bist doch meine Mutter – warum hast du meine Zeichen nicht verstanden ...
    Auf einmal war sie da, die Erkenntnis : die Söhne des Himmels. Männer, die Wölfe sind. Sie werden uns überfallen. Die Große Göttin hat sich nicht von uns abgekehrt. Sie will uns helfen. Die Trockenheit ist ihre Warnung. Sie ist unsere Mutter. Sie hat uns ein Zeichen gegeben.
    Aber wir haben es nicht verstanden.
    »Taku!« schrie sie. »Taku! Komm und hol mich hier raus! Ich weiß, was wir wissen müssen! Ich muß es euch sagen! Ich muß euch warnen! Die Wölfe kommen! Fliehen! Wir müssen fliehen!«
    Kalt und stumm umschlossen sie die Steine.
    Taku hört mich nicht. Er holt mich erst am Abend. Ich muß bis zum Abend durchhalten.
    Ich muß nachdenken.
    Mein Kopf, alles ist so wirr, kein klarer Gedanke –Zirrkans Dorf – das darf uns nicht geschehen.
    »Mütter, Ahnen!« keuchte sie. »Ich bin Blut von eurem Blut, durch unzählige Fäden mit euch verbunden! Helft mir! Sagt mir, was ich tun soll!«
    Den Allgemeinen Dorfrat muß ich einberufen, noch am Abend, sobald Taku mich hier befreit hat. Es ist meine Aufgabe. Ich bin die Mutter des Allgemeinen Dorfrates –
    diese Nacht –
    Wir müssen fliehen, werde ich ihnen sagen, sofort, noch diese Nacht. Aber wohin?
    Wir müssen unsere Vorräte mitnehmen und unser Vieh. Aber die Ernte ist noch nicht eingebracht!
    Und wir können doch unsere Felder nicht zurücklassen, den Boden, in dem wir verwurzelt sind. Und unsere Gräber, unsere Mütter und Ahnen-
    Nicht einen Mann, nicht ein Kind. Und die Frauen und Mädchen
    Ich muß es verhindern ...
    Und wenn wir uns verstecken? Doch wo? Und wann? Und wir lange?
    Oder uns zur Wehr setzen? In aller Eile Befestigungen bauen? Aber wir können doch nicht kämpfen!
    Die Streitaxt. Krieger, die von frühester Kindheit das Töten gelgehgeherntben.ine Menschen –
    Ich weiß nicht, ich kann nicht, ich muß –
    Naki wälzte sich herum. Erst hatte sie nicht einschlafen können, und nun wachte sie dauernd auf!
    Noch immer war es dunkel. Aber irgend etwas hatte sich verändert. Etwas war da.
    Naki lauschte.
    Da war nichts. Nur die ruhigen Atemzüge der Schlafenden und der Wind im Rindendach.
    Noch immer kein Regen.
    Sie würde wieder den ganzen Tag Wasser tragen müssen. Und dann auch noch Brot backen! Sie sollte lieber schlafen.
    Doch alles Zureden half nicht. Eine unerklärliche Unruhe hatte von ihr Besitz ergriffen. Es hielt sie nicht mehr im Bett.
    Vorsichtig schob sie den kleinen Rablu beiseite, der sich dicht an sie gekuschelt hatte, richtete sich auf, kletterte über Uori und stieg vom Lager.
    Sie tastete sich zur Tür, öffnete sie leise, trat hinaus. Die Luft war frisch. Das erste schwache Grau kündete das Ende der Nacht an.
    Kaum im Freien, fühlte Naki sich ruhiger. Sie lehnte sich an einen der beiden Pfosten, die das vorgezogene Hausdach tru-
    gen, und sah nach Osten, beobachtete das Verblassen der Sterne. Zeichneten sich nicht Schleier am Himmel ab, die ersten Vorboten aufziehender Wolken?
    Gespannt wartete sie, ob Morgenrot von baldigem Regen künden würde.
    Und nichts, kein Vorgefühl warnte sie mehr.
    Eine Männerhand preßte sich hart auf ihren Mund. Ein Männerarm umschlang sie von hinten, drückte sie an den Pfosten.
    Und die Welt, die sie bis zu diesem Augenblick geborgen hatte, hörte auf zu bestehen.
    Schreiend fuhr Haibe auf. Sie horchte. Das Blut dröhnte in ihren Ohren. Dahinter, schwach, fern, wie zum Echo zerfetzt – verzweifelte Schreie?
    Sie strich sich über die Stirn: Wo war die Wirklichkeit, wo der Wahn?
    Sie preßte die Fäuste an die Schläfen. O Göttin, hilf! Laß mich nicht schwach werden!
    Sie durchforschte die Finsternis, sah die

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