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Die Göttin im Stein

Titel: Die Göttin im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Beyerlein
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Angst um sie, und grinste. Doch dann wiederholte sich der Schrei, und ein Ton war in ihm, ein Ton...
    Sie bog die Zweige auseinander, spähte hinunter, konnte Cythia nicht sehen, aber dort, Rot schimmerte durch das Blattwerk, wirbelte herum, Äste brachen, da war Cythia, Cythia rannte, Rot holte Cythia ein, Rot stieß Cythia zu Boden, Rot warf sich über Cythia.
    Und Cythia schrie.
    Wie war sie selbst vom Baum gekommen? Aus dem Wald? Zum Hof?
    Der Vater legte eben seinem Hengst das Zaumzeug an. »Herr!« Sie keuchte. Das Blut hämmerte. Pferdehufe dröhnten in ihrem Kopf.
    Er drehte sich heftig zu ihr um, Unwillen im Gesicht –einem Mädchen war es nicht erlaubt, seinen Vater anzusprechen –, doch plötzlich kniete er bei ihr nieder, faßte sie an den Armen, »Ruhig, Kind, ruhig«, sagte er eindringlich, »was ist geschehen, sag mir, was geschehen ist!«
    Nur zwei Worte würgte sie hervor: »Cythia! Rot!« Und er wurde blaß. »Wo?«
    Sie zeigte zum Wald. Sie zitterte.
    Mit wenigen Schritten war er im Haus, schon wieder heraußen, Bogen, Köcher und Streitaxt in der Hand, er hob sie aufs Pferd, schwang sich hinter sie, hielt sie fest, stieß die Fersen in die Flanken des Hengstes, preschte mit ihr los. »Zeig mir, wo Cythia ist!«
    Sie ritten. Zum ersten Mal saß sie auf einem Pferd. Er fragte sie nach dem Weg, sie versuchte zu antworten, es ging nicht, kein Ton, kein Laut, nur ein verzweifeltes Würgen, mit stummen Gesten lenkte sie ihn zu der Linde.
    Und dann sah sie Cythia. Vor dem Gebüsch lag die Schwester, nackt und merkwürdig zusammengekrümmt, warum war die Schwester so weiß, nur um den Hals, da war die Schwester rot, warum zitterte die Schwester, es war doch heiß, ihr Gesicht blutig, Nasenbluten, die Schwester hatte nie Nasenbluten, sie selbst schon oft, aber nicht Cythia, und die Haare, offen und zerwühlt, keine Zöpfe mehr, sie hatte ihr so schöne Zöpfe geflochten –
    Der Vater zügelte den Hengst unmittelbar vor der am Boden liegenden Cythia, Cythia blickte nicht auf, schlug die Hand vors Gesicht, kroch auf das Gebüsch zu, rote Flecken auf der blassen Haut, der Hengst stieg auf die Hinterhand, hart faßte der Vater zu.
    Und der Vater wendete den Hengst, preschte weiter. Cythia, wollte sie schreien, was ist mit Cythia, laß mich zu Cythia, helfen, ich muß ihr helfen.
    Kein Ton.
    Der Vater ritt. Weg von Cythia.
    Dort auf dem Weg – Rot.
    Ein Schrei. War sie es, die da schrie?
    Rot fuhr herum.
    Ein Krieger.
    Der Vater ließ sie los, fast wäre sie gestürzt, sie klammerte sich an die Mähne des Pferdes. Es blieb einige Schritte von dem Krieger entfernt stehen.
    Der Vater hatte den Bogen gehoben, den Pfeil auf der Sehne. »Eine Bewegung, und du bist tot!« Kalt zerschnitt die Stimme des Vaters die Luft.
    Der Krieger erstarrte. »Rösos!« sagte er. »Ihr!«
    »Ja, ich. Und du, Wolfskrieger, hast meine Tochter geschändet!«
    »Eure Tochter geschändet? Ich verstehe nicht . . .«
    Ein kurzer Ruck, der Bogen spannte sich. »Willst du behaupten, du wärst es nicht gewesen, der Mädchenschänder eben, hier unter der Linde?«
    Der Krieger erbleichte, stieß hervor: »Aber, es war doch, ich dachte, es war nur ein Bauernmädchen...
    Eure Tochter?
O
ihr Himmlischen, wenn ich geahnt hätte!
    Rösos, bei der alles erspähenden Sonne, beim alles verzehrenden Feuer, bei des Himmelsvaters alles vernichtendem Donnerkeil, ich schwöre Euch: Ich glaubte, daß es ein Bauernmädchen war! Nie und nimmer hätte ich mich an Eurer Tochter vergriffen!«
    Der Vater ließ den Bogen sinken. »Ich glaube dir. Aber das ändert nichts daran, daß meine Tochter geschändet ist!«
    Der Krieger
riß
seinen Mantel auf, bot dem Vater die Brust. »Tötet mich, so habt Ihr Genugtuung!«
    Cythia, was ist mit Cythia, ist mit Cythia, helfen, ich muß ihr helfen...
    Wie ein Rad ging es in ihren Gedanken herum. Und dennoch hörte sie jedes Wort dieser Unterhaltung, hörte es und sollte es in den Tiefen ihrer Erinnerung vergraben:
    »Genugtuung durch deinen Tod?« fragte der Vater voller Verachtung. »Und was ist mit meinem Verlust? Wertlos wie weggeschüttetes Wasser hast du meine Tochter gemacht, und sie war doch einmal ein kostbarer Besitz! Eine Herde hätte ich als Brautpreis für sie bekommen! Ich will keine Rache, ich will Ersatz. Du wirst mir Recht widerfahren lassen, Wolfs krieger, das wird meine Genugtuung sein. Wie ist dein Name?«
    »Ich bin Hairox, Sohn des Plicovit, und ich stehe zu Eurer Verfügung.«
    »Nun denn! Da du

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