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Die Göttin im Stein

Titel: Die Göttin im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Beyerlein
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ungeheuerlich ist, was er tut, welch ein Verrat, er erschrickt, faßt sich, scharf fügt er hinzu: »Sie gehört mir!«
    Das endlich versteht der Wolfsbruder, fügt sich gehorsam und zieht sich zurück. Und doch weiß Lykos, daß der Bruder ihn nun von ferne beobachtet. Keine Möglichkeit mehr, Kugeni zu verschonen. Aber schlagen wird er sie nicht.
    Er kniet auf ihr, reißt ihr Kleid noch weiter auf, preßt ihre Arme in den Sand, ihre Brüste sind weiß, waren sie früher nicht voller, noch nie hat er so feste rote Knospen gesehen, sie windet sich, kämpft, ihr Busen spannt sich an, rundet sich, kräftiger faßt er zu, ihre Augen plötzlich fast schwarz, er drückt mit dem Knie ihre Beine auseinander, da wehrt sie sich nicht mehr, liegt ganz reglos, er läßt ihre Arme los, streichelt über ihren Busen, umfaßt ihre Hüften, das Mädchen still, sehr still, er ist in ihr, sie starrt, Tränen zwischen ihren Wimpern, »Kugeni«, keucht er, der Atem wird ihm knapp, »so ist's gut, so ist's brav, nicht weinen, wein doch nicht, ich beschütze dich, nun gehörst du mir, nicht mehr meinem Vater, für alle Zeit nur mir . . .«
    Lykos rang nach Luft. Die Flammen rasten über ihm. Funken und brennendes Stroh rieselten auf ihn herab, glühten sich in seine Haut. Feuer nistete sich im Wolfsfell auf seinen Schultern ein.
    Jetzt würde der Heilige Krieger ihn vernichten. Er vernichtete alle, die schwach wurden. Und er war schwach geworden. Schwach durch ein Mädchen vom Alten Volk, das – höhnisches Blendwerk der Dämonen – der ersten heißen Liebe seines Lebens glich.
    Nicht wert, verschont zu werden.
    Asche regnete. Und dann, in einem warmen Schwall ohne Ende, schüttete es Blut herab, es strömte über ihn, drang ihm in Augen und Ohren, in Mund und Nase und löschte das Feuer und die schwelende Glut.
    Ein gurgelnder Schrei quälte sich aus seiner Kehle, Blut schäumte aus seinem Mund.
    Hände griffen nach ihm, zogen ihn aus der Grube. Blinzelnd durch einen klebrig roten Schleier sah er den Stier mit' durchtrennter Kehle neben der Grube liegen.
    Hände rissen das Wolfsfell von seinen Schultern und das Wolfshaupt von seinem Kopf, warfen es ins Feuer.
    Hände zerrten ihn vorwärts zum Brunnen, stießen ihn kopfüber hinein, hielten ihn an den Füßen ins kalte Wasser.
    Feuer, Blut und Wasser: die dreifache Taufe. Himmelsvater, großer zorniger Gott, nimm mich an als deinen Sohn!
    Atemnot sprengte die Brust, Krämpfe schüttelten ihn. Atmen, Wasser einziehen, das Ende –
    Und hochgehoben, an den Beinen aus dem Brunnenloch gezogen, auf die Füße gestellt.
    Tief sog er die Luft ein.
    Er lebte.
    Die Schwärze vor seinen Augen lichtete sich, sein Blick faßte. Vor ihm standen, feierlich schweigend in ihren weißen Gewändern, die Priester. Hinter ihnen, in weitem Kreis, die Wolfskrieger, schauerlich anzusehen in ihren Wolfsfellen, mit Asche beschmiert, mit Blut befleckt. Er wandte den Blick von ihnen: vorbei.
    Dort drüben, im schwarzen Mantel, mit der schimmernden, kupfernen Streitaxt am Gürtel, der König.
    »Knie nieder, Lykos, und gelobe dem Himmelsvater Gehorsam, ihm, dem obersten Herrn über Leben und Tod!« befahl der Oberpriester. »Beuge dich vor seiner Gewalt, denn sie ist vollkommen!
    Gelobe, daß dir das Feuer und das Blut und das Wasser heilg sein werden, wie sie ihm heilig sind! Gelobe, daß du die Himmlischen ehren wirst, niemals ein Festmahl feiern, ohne sie zu Gast zu laden und ihren Ruhm zu singen, daß du ihnen Opfer bringen wirst von deinem Reichtum, den du ihrer Gunst verdankst! Gelobe, daß du dein Haus als Ebenbild des Himmelsvaters auf Erden führen wirst, streng und gerecht wie er, ein starker Herr und Gebieter über die Deinen, ihr unerschütterhicher Schutz und Schirm in jeder Gefahr! Gelobe, daß du die heilige Ordnung des Himmelsvaters erfüllen wirst, alle, die in deine Gewalt gegeben sind, Ehrerbietung und Gehorsam gegenüber den Himmlischen und gegenüber dir selbst als deren Stellvertreter lehren wirst. Gelobe, daß du deine Herrschaft über Leben und Tod der Deinen nach dem Willen des Himmelsvaters ausüben wirst. Gelobe, daß du alles tun wirst, um Macht und Ruhm der Söhne des Himmels zu mehren, ihre Herrschaft über das Alte Volk zu festigen und ihre Feinde in den Staub zu treten! Gelobe, daß du deinen Platz im Königsrat gewissenhaft und ohne Eigennutz ausfüllen wirst und, wenn es not tut, auch bereit bist, unter der Führung des Königs zu den Waffen zu greifen!«
    »Ich gelobe es«, sagte

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