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Die Göttin im Stein

Titel: Die Göttin im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Beyerlein
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Haibe wieder bei den Händen, eine zur Rechten, eine zur Linken, zogen sie in den Kreis, nahmen sie mit in die sich windende Schlange, tanzten mit ihr in den Tod hinein, aus dem Tod wieder hinaus ins Leben.
    Noch immer sah Haibe das Licht.
    Und sie wußte, dort waren ihre Söhne, ihre Brüder, ihr Mann: geborgen bei Ihr.
    Sie lächelte.
    Als der Tanz endete und der Mond hoch am Himmel stand, erblickte Haibe den Weg vor sich, den sie zu gehen hatte.
    Sie kehrte nicht mit den anderen für die Nacht ins Haus ihrer Gastgeberin zurück, sondern legte sich allein in die Laubstreu im Schuppen. Und zum ersten Mal, seit Ritgo sie aus dem Grab befreit hatte, waren die Schmerzen in ihrem
    Kopf, in ihren Gliedern und Gelenken nur noch schlimm, nicht mehr unerträglich.
    Zum ersten Mal schlief sie wieder tief und fest.
    Naki war an den Pfosten gebunden. Flammen loderten um sie
    herum. Glühend umbrauste sie der Feuerwind. Beißend stach der Rauch in ihre Lunge.
    Oheim Ritgo! wollte sie schreien,
Großer
Oheim, hilf mir!
    Doch kein Ton kam über ihre Lippen.
    Er hörte sie dennoch. Er war da. Sie sah ihn nicht, der
    Rauch war zu dicht, aber sie spürte seine Hände, er löste die Fesseln, er hob sie hoch, trug sie, schritt mit ihr auf den Armen durch Feuer und Rauch.
    Sie schlang die Arme um seinen Hals. Oheim, wo du bist, da
    ist Sicherheit.
    Sie ließen das Feuer hinter sich.
    Oheim Ritgo, flüsterte sie, mein Großer Oheim! Fest
    drückte sie einen Kuß auf seine Wange.
    Sein Bart kitzelte in ihrer Nase.
    Seit wann hast du einen Bart, fragte sie und sah ihn an.
    Sie zuckte zurück.
    Es war nicht der Große Oheim. Es war Lykos.
    Laß mich! schrie sie und wand sich in seinen Armen.
    Er hielt sie fest. All ihre Kraft bot sie auf, zerrte und zog. Seine Hände, hart wie Fels, hielten sie unerbittlich. Nicht einen Fingerbreit konnte sie sich von ihm bewegen.
    Verflucht sollst du sein! schrie sie.
    Da verwandelte er sich in einen Wolf.
    Er warf sie um, sein furchtbares Gebiß blitzte. Nein! Schrie sie. Nein!
    Der Wolf war über ihr, sie trat nach ihm, wehrte ihn mit den Händen ab. Da schlug er seine Zähne hinein.
    Sie riß den Arm zurück, vergebens, seine Zähne ließen nicht los, fetzten ihr das Fleisch von den Knochen...
    Naki schrie, fuhr in die Höhe. Rasend hämmerte ihr Herz.
    Sie keuchte. Finsternis um sie.
    Und dann Männerarme, die sich um sie schlossen, sie
    beschwichtigend wiegten, eine tiefe Stimme, die ihren Namen murmelte, ein Traum, begriff sie, nur ein Traum, mein Oheim, wie gut, daß du da bist!
    Sie drückte ihr Gesicht an seine Brust, langsam beruhigte sich ihr Herz.
    »Naki«, hörte sie die Stimme wiederholen, und dann noch weitere Worte, fremde Worte, die die Wirklichkeit zurückbrachten in den zweifachen Traum.
    Nicht Oheim Ritgo.
    Lykos.
    Sie schluchzte.
    Er hielt sie.
    Es könnte gut sein, gehalten zu werden, sie wollte, daß jemand sie hielt, wenn sie nur weiter glauben könnte, es wäre der Oheim, nur nicht Lykos, nicht er.
    Er stand auf, zog sie mit sich.
    Sie taumelte in die Höhe und begriff: Er wollte gehen. Endlich wach und ernüchtert dachte sie: Etwas Besseres könnte er nicht tun.
    Sie schlug den Vorhang beiseite, der auf Lykos' Befehl die Ecke des Bauernhauses abtrennte, in der man ein Lager für Naki aufgeschlagen hatte, tastete zur Feuerstelle und blies hinein. Rot leuchtend erwachte die Glut. Naki hielt einen Span daran und entzündete die Lampe.
    Vor Lykos kniend, band sie die Lederschnüre seiner Schuhe. Dann stand sie auf und reichte ihm den Kittel, hielt die Augen dabei gesenkt, damit sie ihn nicht sehen mußte, sein bärtiges Gesicht, seine breiten Schultern, seine von Narben bedeckte behaarte Brust. Voller Entsetzen merkte sie, daß sein Glied sich regte.
    Nicht noch einmal, flehte sie stumm, nicht schon wieder!
    Er faßte sie am Kinn, zog sie hoch, drückte einen fordernden Kuß auf ihre Lippen.
    Für dich, Kori, ich ertrage es nur für dich!
    Hörst du, Tante Mulai, ich muß es geschehen lassen, ich muß so tun, als sei ich willig, sonst quält er das Kind.
    Die Tante erwiderte – deutlich hörte Naki diese kühle, nüchterne Stimme in ihrem Kopf: Du hast es auch schon geschehen lassen, ehe er gedroht hat, Kori statt deiner zu züchtigen.
    Naki stöhnte, krampfte ihre Finger in seine Arme.
    Er umfaßte sie fester, sein Atem ging schneller, er drängte seinen Unterleib an ihren Körper, hart spürte sie seine Männlichkeit an ihrem Bauch, wenn ich mich wehre, schlägt er Kori, wenn ich

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