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Die goldene Göttin

Die goldene Göttin

Titel: Die goldene Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Maddock
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Gehorsam kam sie an seine Seite. Fortune blickte umher und dachte zu Webley: Wo ist die verdammte Höhle?
    »Beim dritten Baum links über den Hügel. Ein besseres Quartier hättest du nicht für sie finden können.«
    Wäre die alte Frau nicht in diesem Moment gestolpert, hätte Fortune sich die Bemerkung von Webley erklären lassen, aber statt dessen beeilte er sich, seine zerlumpte Beute vor dem Fallen zu bewahren. Spröde Knochen brechen leicht, und wenn die Alte sich die Hüfte bräche, wäre sie in der Tat eine wertlose Trophäe. Sie fiel schwer gegen ihn, fand das Gleichgewicht wieder und quietschte vor Schmerzen. Es dauerte nicht lange, um festzustellen, daß der Knöchel nur gestaucht und nicht gebrochen war. Während der Untersuchung verfluchte Fortune im stillen sein Schicksal. Alle Helden in den Balladen und Sagen, wenigstens diejenigen, die etwas auf sich hielten, brachten es fertig, Damen jüngerer Jahrgänge zu retten; warum sollte ausgerechnet er mit einer zerknitterten alten Vettel belohnt werden? Er versuchte sich die Alte in ihrer Jugend vorzustellen; vor fünfzig Jahren, so dachte er, mußte sie ein ansehnlicher Bissen gewesen sein. Alles, was davon noch übrig war, waren die Knöchel. Ja, seufzte er, die Beine halten sich meist am längsten.
    Andererseits konnte die alte Frau bei weitem nützlicher sein als alle ihre Enkelinnen zusammen. Sie war das Geschichtsbuch, das er sich vor einer Stunde gewünscht hatte.
    Er hob sie auf und fand sie erstaunlich leicht. Am dritten Baum bog er von der Straße ab und tappte vorsichtig durch das rauhe Gelände, bis er den am gestrüppüberwucherten Hang halb versteckten Eingang des Heiligtums vor sich hatte. Selbst wenn Ki’em seinen Mut wiederfände und einen Suchtrupp organisierte, würde er sie nur mit Spürhunden finden.
    Fortune trat in die Höhle und setzte die Alte behutsam auf den staubtrockenen Boden. Der Himmel draußen war tiefblau und verschmolz am Osthorizont mit dem dunklen Meer. In der kleinen Höhle war es fast finster. Fortune berührte die Seiten seines Helms, und ein Filter klappte vor seine Augen. Gleichzeitig sandte eine kleine, als Edelstein getarnte Linse an der Stirnseite seines Helms einen breit gestreuten Infrarotstrahl aus, der ohne geeigneten Filter unsichtbar blieb. Fortune beobachtete die alte Frau einen Moment, während sie ihrerseits seine Silhouette wachsam im Auge behielt.
    »Du hast nichts zu befürchten«, versicherte er ihr. »Wer bist du?«
    »Ich werde Norni genannt, Herr. Seit vielen Jahren bin ich deine Prophetin. Dank sei Nodiesop, daß du gekommen bist.« Sie atmete tief aus und legte sich zurück in den Sand. »Ich bin so müde, Herr.«
    Die alte Frau schloß die Augen, und ihr Kopf hing auf eine Seite. Fortune befürchtete, sie sei tot, aber Webley vergewisserte sich rasch, daß sie nur schlief, erschöpft von ihrer Flucht vor dem Mob. Fortune nahm seinen Umhang ab und deckte sie damit zu.
    »Eins muß man diesen Leuten lassen«, sagte er, sich wieder aufrichtend. »Sie erkennen einen Helden, wenn sie einen sehen.«
    »Bevor du dich noch mehr in die Brust wirfst«, erwiderte Webley, »solltest du dich lieber an den Namen erinnern, den die Leute für sie hatten.«
    »Was war das für ein Name?«
    »Sie nannten sie die Verrückte.«

 
3
     
    Die Verrückte von Manukronis – das war, wie sie zugab, einer der vielen Namen, die ihr von den Yolarabiten angehängt worden waren – wachte nach einer Stunde wieder auf. Fortune hatte Feuer gemacht und aus den Bestandteilen seines Proviants eine Art Fleischbrühe gekocht, die anders schmeckte als alles, was die Alte je gekostet hatte. Sie schnupperte daran wie ein Tier, das schon zuviele Bissen gesehen hat, die Köder für Fallen waren, dann schlürfte sie gierig.
    Der Himmel war inzwischen samtschwarz, nur im Westen nicht, wo die rotglühende Lava im Kratersee des Vulkans den Himmel darüber entflammte, daß der Effekt eines die ganze Nacht währenden Sonnenuntergangs entstand. Der Widerschein war von einem zarten Rosa, denn die Nacht war klar; eine Wolkendecke hätte den Einwohnern von Manukronis eine wahrhaft barbarische Nachtbeleuchtung beschert.
    »Manukronis?« wiederholte Fortune, sich wieder der Frau zuwendend.
    »Es gibt noch einige, die sich an die Zeit erinnern, als es Nodiesopis genannt wurde. Ich versichere dir, Herr, daß viele immer noch den Meeresgott verehren und auf Yolarabas spucken, wie ich es tue.«
    Fortune lächelte nachsichtig. Er war noch nicht

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