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Die goldene Göttin

Die goldene Göttin

Titel: Die goldene Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Maddock
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bereit, ihre Feststellungen für Tatsachen zu nehmen. Besonders ihr Eifer, mit dem sie eine lebenslange Treue zum Meeresgott beteuerte, dessen Symbole seinen eigenen Schild zierten, schien ihm eher ein taktisches Manöver zu sein. »Ist das der Grund, warum die Menge dich steinigen wollte?« fragte er.
    Sie schüttelte ihren Kopf. »Ich habe Yolarabas schon oft geschmäht. Heute bin ich zu weit gegangen – ich redete gegen Kronos selber. Die Wächter dulden Unterschiede im religiösen Glauben, aber dies nannten sie Hochverrat.«
    Fortune nickte. »Und darum haben sie dich der Menge übergeben.«
    »Die Menge hat mich ihnen weggenommen. Sie wollten mich steinigen, weil sie keine Lust hatten, abzuwarten, bis R’cagn ein Urteil fällen würde.« Sie lächelte zufrieden und schlürfte ihre Brühe. »Sie konnten natürlich nicht wissen, daß ihr frevelhaftes Tun die alte Norni in die Obhut ihres Rächers führen würde.«
    »Alte Frau, ich bin ein Fremder. Erzähle mir, wie das alles begann, damit ich verstehen lerne. Fang mit der Zeit an, als Kronos zuerst erschien. Was weißt du von ihm?«
    Der Widerschein des Feuers flackerte in den Augen der Alten, die eine Weile brauchte, um ihre Gedanken zu sammeln. »Kronos’ Kommen wurde vor vielen Jahren von dem Manu geweissagt. Das war während der Regierung des Königs Oranas, der ein großer Krieger war, aber nie einen Thronfolger zeugen konnte. Er war schon ein alter Mann, als ich geboren wurde. Jede seiner Frauen hatte empfangen, aber alle Kinder kamen tot zur Welt. In seinem Zorn warf Oranas sie in den Feuersee, der S’ratrat genannt wird, und ihre Mütter hinterher. Jede neue Frau wurde aus den ältesten Familien im Königreich ausgewählt, damit die königlichen Nachkommen das Blut der Helden bekämen. Man sagt, der alte Oranas habe sich beklagt, daß die Helden aus diesen edlen Familien ihr bestes Blut schon in alter Zeit vergossen hätten, denn warum gelang es ihren Töchtern nicht, ein lebendes Kind hervorzubringen? Aber es ging auch ein Gerücht um, daß der Meeresgott Oranas Samen verflucht habe.« Die Alte machte eine Pause und warf ihrem Rächer einen forschenden Blick zu, doch als die Bestätigung ausblieb, fuhr sie mit ihrer Geschichte fort:
    »Damals lebte an der Küste ein sehr schönes und talentiertes Mädchen, die einzige Tochter eines einfachen Schiffbauers namens Llahwen. Das Mädchen hieß Saegeas, das ›die Freigebige‹ bedeutet, und war kaum mehr als ein Kind. Ihre Mutter war tot, und ihr Vater liebte seine Tochter innig. Eines Tages, als König Oranas seine Flotte besichtigte, fiel sein Blick auf das Mädchen, und er fragte sie nach ihrem Namen. Als sie sagte, daß er Saegeas sei, befahl er ihr, mit ihm in den Palast zurückzukehren.
    Er zeigte sie seinem Hofastrologen Gibelnusnu und fragte ihn, ob der Name ›die Freigebige‹ ein gutes Omen sei. Gibelnusnu kannte den König seit vielen Jahren und merkte, wie Oranas das Mädchen ansah, also sagte er ja, es könne in der Tat ein gutes Omen sein, und er sehe keine Gründe, die einer Verbindung entgegenstünden.«
    »Und Kronos?« fragte Fortune.
    »Ich werde auf ihn zu sprechen kommen, Herr«, sagte sie. »Aber du batest mich, es so zu erzählen, daß du alles verstehst.«
    »Norni, vergib mir. Deine Art ist die beste.«
    »Und die längste«, murmelte Webley in sein Ohr.
    »Viele Jahre später«, erzählte Norni weiter, »sagte mir Llahwen, Saegeas’ Vater, wie er aus Angst, seine Tochter könne gleichfalls im Feuersee enden, anderntags in den Palast gegangen war, um den König zu überzeugen, daß Saegeas seiner nicht würdig sei. Aber er kam zu spät. Er durfte sie nicht einmal sehen, denn sie war jetzt eine Königin, während er immer noch ein gewöhnlicher Schiffbauer war. In jenen Tagen durften nur der König und der Hofastrologe eine Königin von Nodiesopis sehen. Sie war eine Gefangene in ihrem Teil des Palastes, genauso wie heute jede Frau die Sklavin ihres Ehemannes ist.
    Gibelnusnu war ein sehr wichtiger Mann, denn er war nicht nur Hofastrologe, sondern auch Leibarzt des Königs. Er berichtete der Königin vom Besuch ihres Vaters und war bereit, ihm eine Botschaft zu bringen, daß die junge Königin bei guter Gesundheit und so glücklich sei, wie es eine Braut sein könne, die mit einem knorrigen alten Krieger verheiratet ist, der doppelt so alt ist wie ihr eigener Vater. Gibelnusnu untersuchte sie auch und sagte ihr, es gebe keinen Grund, warum sie Oranas nicht viele gesunde Kinder

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