Die goldene Königin
Ãberraschung.
»Wo ist er?«
»Als van Roome und ich in Lyon eintrafen, bezog da Vinci gerade das Schloss der Comtesse dâAngoulême in Clos-Lucé.«
Alix traute ihren Ohren nicht.
»Der groÃe da Vinci ist hier. Im Val de Loire!«
»Wir sprachen mit ihm über einen Wandbehang, dessen Zeichnungen van Roome gehören. Er hätte gern, dass Ihr die Fertigung übernehmt.«
Auf dem Gesicht von Alix erschien ein strahlendes Lächeln.
»Das bin ich Euch schuldig, Alix. Ihr ladet mich für unbestimmte Zeit ein, beherbergt mich und stellt mir eine Werkstatt zur Verfügung, damit ich in Ruhe und Frieden arbeiten kann.«
»Sagt mir schnell, um welchen Wandbehang es sich handelt.«
»Um eine der zehn Tafeln, die die Geschichte von David und Bathseba darstellen.«
Sie erreichten Tours, kurz bevor die Uhr zwölf schlug. Vermutlich hielt sich Mathias noch in der Werkstatt auf. Als sie den Innenhof erreichten, kam Leo auf Alix zu. Properzia blieb derweil auf ihrem Pferd sitzen.
»Leo«, verkündete die junge Frau sofort, »du musst nach Ussé reiten und Mathilde und Valentine informieren, dass ich nicht vor heute Abend zurück sein werde. Sag Ihnen, dass meine Freundin Properzia angekommen ist, und wenn ich heute Abend nicht nach Ussé käme, ich sie morgen in Brissac träfe.«
»Aber Valentine ist zurück, Dame Alix. Wusstet Ihr das nicht?«
»Warum? Was ist geschehen?«
»Nicolas hat die Geduld verloren. Er hat sie geholt.«
Alix nickte und bemerkte, dass Properzia von ihrem Pferd abstieg.
»Ach, das hat er gut gemacht. Valentine ist für dieses Leben nicht geschaffen. Sie wollte nur ihrer Schwester gefallen. Dann werde ich Mathilde also allein in Ussé oder Brissac treffen.«
Leo beäugte unablässig die Reiterin, die Alix mitgebracht hatte, und stellte erstaunt fest, dass sich hinter ihrer männlichen Erscheinung mit Beinlingen, Stiefeln, Jacke und groÃem Hut ein Gesicht voll weiblicher Reize verbarg.
»Ich stelle Properzia de Rossi jetzt Mathias vor.«
Leo löste den Blick von der Bildhauerin und nickte.
»Er ist in der Werkstatt.«
»Das habe ich mir gedacht. Kommt, Properzia, Ihr sollt ihn endlich kennenlernen!«
Kurz darauf betraten sie die Werkstatt, in der sich der Weber aufhielt. Mathias blickte auf.
»Alix«, rief er erstaunt, »du kommst früher zurück als erwartet!«
Dann bemerkte er Properzia, die hinter Alix in die Werkstatt trat, und schwieg.
»Das ist unsere Bildhauerfreundin«, erklärte Alix fröhlich. »Wir sind uns am Ufer der Loire begegnet. Als sie erfahren hat, dass ich mit den Mädchen dem königlichen Tross gefolgt bin, wollte sie dich nicht behelligen und hat nach mir gesucht.«
»Guten Tag, Mathias. Danke, dass Ihr mich so freundlich bei Euch aufnehmt«, sagte Properzia mit einer tiefen, warmen Stimme. »Darf ich Mathias sagen?«
»Sehr gern, aber nur, wenn ich Euch Properzia nennen darf. Momentan sind wir wegen der Festlichkeiten des Königs im Val de Loire sehr beschäftigt, aber wenn alles wieder seine Ordnung hat, helfe ich Euch, Euch in Eurer Werkstatt einzurichten. Sie liegt nicht weit entfernt von hier, direkt am anderen Ende des Gebäudes.«
»Mathias hat recht«, stimmte Alix noch immer fröhlich zu. »Wir warten, bis wieder Ruhe eingekehrt ist, und richten Euch dann ein.«
Zufrieden wandte sie sich an ihren Ehemann:
»Wusstest du, Mathias, dass der Maler van Roome, mit dem Properzia gereist ist, uns einen der zehn Teppiche von der Geschichte von David und Bathseba anvertrauen will? Wir werden ein weiteres Mal direkt mit der Werkstatt in Brüssel zusammenarbeiten, die mit der Koordination des gesamten Ensembles beauftragt ist.«
»Handelt es sich um das Ensemble, für das wir schon einmal einzelne Elemente angefertigt haben?«
Alixâ Augen strahlten vor Freude.
»Ja, das ist dasselbe Ensemble. Wir kennen nicht die Geschichten aller Bilder. Das, welches ich an den Wänden des Vogts von Lyon gesehen habe, war König David bemerkt Bathseba .«
Properzia trat näher und beobachtete eine Zeit lang die Hochwebstühle, an denen überall Arbeiter tätig waren.
»Die Geschichte, die er Euch anvertrauen will, heiÃt Dem König wird der Sieg verheiÃen .«
»Ich habe mich bereits mit der Methode vertraut gemacht«, erwiderte Alix. »Wir weben ein
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