Die Goldgräber-Bande
aufzuhalten.
Sie stiegen also aus beim
Stiegl-Platz.
Oma Unken wurde in die Mitte
genommen. Klößchen schirmte rechts ab, Tim links, wo Oma die Tasche trug.
Es war heiß. Blauer Himmel
lockte die Menschen ins Freie. Die Straßen-Cafés füllten sich. Viele Leute aus
dem Umland kamen zum Einkaufen, zum Bummeln oder wollten einfach nur
Großstadtluft schnuppern.
Tim spähte aufmerksam, sah aber
kein bekanntes Gesicht — und auch kein verdächtiges. Die alte Dame erwies sich
als rüstig. Klößchen konnte gerade noch Schritt halten mit ihrem Tempo. Dann...
Tim entdeckte sie als erster.
Sie standen an der Ecke zur
Staubmacher-Gasse, trugen die Helme unterm Arm und schwitzten in ihrer
Lederkluft. Ossi lutschte an einer Eiswaffel, und das schmelzende Vanille-Eis
tropfte ihm durch die Finger.
Jo hielt sich noch krummer als
sonst. Beide wirkten abgehetzt. Also waren sie dem Taxi gefolgt — oder waren sie
vorausgefahren, weil der Enkel wußte, zu wem die Oma wollte? Logo! Bei dem
belauschten Telefonat mit der Juwelierin hatte Bettina natürlich den Namen
Lobitz gebraucht.
„Dort sind sie“, sagte Tim.
„Willi, paß auf! Ich übernehme Oswald. Tritt den andern vor die Schienbeine.
Dann läßt er den Helm fallen — und du schlägst damit zu.“
„O Gott!“ flüsterte Oma Unken.
„Nur... nur das nicht!“
Zu Tims Verblüffung trat ihnen
nur der Enkel entgegen. Die Gestalt schien sich zu winden vor Verlegenheit. Er
konnte seiner Oma nicht in die Augen sehen, und seine Zähne kauten nervös auf
der Unterlippe.
„Oma, äh — entschuldige.“
„Was soll ich entschuldigen?“
Ihre Stimme war ganz flach vor Kummer.
„Versteh das bitte nicht
falsch: Ich habe den Schmuck nur genommen, weil ich dich vor einer Dummheit
bewahren will.“
„Meine Entscheidung geht dich
nichts an. Ich bleibe dabei. Und Tim hat richtig gehandelt. Ich bin ihm dankbar
dafür, daß er mir den Schmuck zurückgebracht hat.“
„Und jetzt willst du alles
verkaufen?“
„Das werde ich.“
Plötzliche Wut vertrieb die
Verlegenheit aus seinen Zügen.
„Du bist ja beknackt. Total
verkalkt. Wie kann man so was machen? Jedenfalls wohne ich nicht länger bei
dir. Ich bin volljährig. Nachher hole ich meine Sachen. Ab jetzt bin ich bei
Ossi.“
„Johannes!“ Ihre Stimme
zitterte. „Überleg dir das! Ich bin enttäuscht von dir.“
„Na und?“
Er drehte sich um und schob ab,
zurück zu seinem Kumpan, der immer noch an der Ecke stand und die bekleckerten
Finger am Hosenbein abwischte.
Bettina von Unken schluchzte
auf, aber nur einmal.
„Und nun zu Frau Lobitz“, sagte
sie. „Nun erst recht. Mein Enkel ist ein selbstsüchtiger, gefühlloser Mensch.
Ich wollte das nicht wahrhaben. Aber jetzt kann ich die Augen davor nicht
länger verschließen.“
Die Habgier, dachte Tim,
sprengt eine familiäre Gemeinschaft. Empörend, wie dieser Mistkerl seine Oma
unter Druck setzt. Später mal wird der sich nicht kümmern um ihr Grab und ihr
Andenken.
Sie gingen weiter.
Das Juweliergeschäft LOBITZ
befand sich UNTER DEN ARKADEN. Das hörte sich pompös an. Aber die ARKADEN waren
eine eher schäbige Ecke hinter einem Billig-Kaufhaus. Ein Second-hand-Shop (Ware
aus zweiter Hand) und zwei Nachtklubs mit üblem Ruf bestimmten hier die
Szene. Sonst gab es nur Tore zu Hinterhöfen und Schilder DURCHFAHRT FÜR
LIEFERANTEN GESTATTET. Die ARKADEN — das waren ein paar Säulen und eine
überdachte Passage zwischen einem Getränke-Depot und einem Heimwerker-Markt.
Als sie sich der Adresse
näherten, schob Tim die Brauen zusammen.
Heh! funkte es aus seinen
grauen Zellen. Den Laden kenne ich doch. Aber vor vier Wochen war da noch kein
Juwelier-Geschäft. Sondern das Büro einer Sekte, die ihre Mitglieder mit
Rauschgift ködert. Diese Betrüger sind aufgeflogen. Die Bosse konnten sich zwar
nach Rio absetzen, aber die Handlanger sitzen im Knast. Und jetzt handelt eine
Frau Lobitz dort mit Pretiosen ( Kostbarkeiten )?
„Ich glaube, hier ist es“,
sagte Oma Unken.
„Sie waren noch nicht hier?“
„Ich habe nur telefoniert mit
Frau Lobitz. Sie wurde mir von einem Herrn Brestler empfohlen. Aber eigentlich
— das fällt mir jetzt ein - kenne ich den auch nicht näher. Nur flüchtig. Na,
wir werden sehen.“
Klößchen knäulte das Papier
seiner Schoko-Tafel zusammen und schnippte es über eine Hofmauer.
„Benimm dich!“ mahnte Tim.
„Aber nicht wie ein Umwelt-Ferkel.“
„Hast du das Schild nicht
gesehen? Hinter der Mauer ist eine
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