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Die Goldgräber-Bande

Die Goldgräber-Bande

Titel: Die Goldgräber-Bande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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regnete noch immer.
Schwadige Luft. Ausgestorben die Wendelring-Straße. Auch nebenan vor dem
GLOTZE-Video-Geschäft stand niemand.
    Rädl knetete die Hände, ging in
seine Apotheke zurück und verschloß die Tür.
    Im hinteren Raum standen zwei
große Kartons, gefüllt bis zum Rand mit Morphium, Tabletten-Packungen,
Narkotika (Rauschmitteln).
    Einzeln schleppte Rädl die
Kartons zur Hintertür.
    Im Hof brannte keine Laterne.
    Nur wer sich auskannte, kam in
der Finsternis zurecht.
    Rädl lud die Kartons in seinen
Mercedes.
    Das Hoftor stand offen.
    Er fuhr leise und zunächst ohne
Licht.
    Nirgendwo hier ein erleuchtetes
Fenster. Rädl blieb unbemerkt. Kein Zeuge. Niemand, der ihn — Rädl — sah. Und
der Parkplatz hinter dem Sebaldus-Hotel war nur fünf Minuten entfernt.
    Rädl hielt.
    Auch hier keine Menschenseele,
aber ein Dutzend geparkte Fahrzeuge. Ganz hinten stand ein schwarzer Kombi, wie
die Erpresser es am Telefon angekündigt hatten.
    Rädl parkte daneben, löschte
Motor und Scheinwerfer, stieg aus.
    Tatsächlich! An dem schwarzen
Kombi, einem VW, waren keine Nummernschilder. Abmontiert — natürlich von diesen
Typen. Seinen Erpressern! Polizeimeister Bonholt — hah! Sie seien mehrere,
hatte der gesagt, eine Organisation. Rädl mußte es glauben. Alles andere wäre
Selbstmord gewesen. Und jetzt parkte hier der Wagen ohne Kennzeichen — also
verhinderten diese Erpresser das Wiedererkennen.
    Niemand saß drin.
    Rädl probierte die Heckklappe.
Offen.
    Er stellte die Kartons auf die
Ladefläche, zog sein Schlüsselbund hervor und bückte sich.
    Warum nicht? Eine kleine
Beschädigung. Vielleicht half das irgendwann, um den Wagen zu identifizieren.
    Am Heck ritzte Rädl ein X in
den schwarzen Lack, dicht über der Stoßstange. Dann schloß er die Heckklappe.
    Für einen Moment fühlte er sich
wie ein Löwe, als kämpfe er wie ein Tier und leiste Widerstand bis zum letzten
Atemzug.
    Zitternd, gebadet in
Angstschweiß, stieg der Apotheker in seinen Wagen und fuhr zurück.
    War das klug gewesen, den Kombi
zu markieren? Plötzlich wurde die Angst noch größer. Hatten sie ihn vielleicht
beobachtet? Lauerten sie irgendwo, versteckt, mit einem Nachtglas?
    Nur 14 Minuten waren vergangen.
    In der ALTEN APOTHEKE zog Rädl
den Schlüssel der Eingangstür ab, stieg die Kellertreppe hinunter und trat in
einen fensterlosen Raum, wo Abfälle lagerten.
    Alle Türen hier unten waren
stabil. Mit bloßen Händen konnte man die nicht aufbrechen — jedenfalls hätte
er’s nicht gekonnt.
    Er schloß sich ein. Den
Schlüssel der Tür und den vom Eingang oben versteckte er unter Altpapier.
    Wie spät? Noch nicht halb zwei.
    Nebenan bei GLOTZE lief jetzt
ein Western.
    Rädl hockte sich auf eine
Kiste. Er fröstelte. Und er schämte sich. Aber was sollte er tun? Auch Nina,
der es sonst an Mut und Forschheit nicht fehlte, hatte versagt.
    Bis mindestens halb neun,
dachte Rädl, muß ich hier aushalten. Und dann? Hoffentlich glaubt mir die
Polizei.
    Er dachte an Sabine und an seine
Frau, und jede Minute in dem muffigen Keller dehnte sich zur Ewigkeit.
     
    *
     
    Johannes von Unken hatte sich
eingerichtet im hinteren Zimmer, hatte seine T-Shirts und Unterhosen
eingeräumt, die Strümpfe, Hemden und Job-Klamotten, wie er letztere nannte. Als
Kaufhaus-Kaufmanns-Azubi mußte er sich kleiden nach den Wünschen des
Abteilungsleiters. Und der kam nie ohne Krawatte und naßgekämmten Scheitel.
    Ossi Krenk besaß ein
Fernsehgerät.
    Vor dem hockte er seit Stunden,
sah sich das sogenannte Unterhaltungsprogramm an — nun schon die dritte
Blödel-Schau, eine Wiederholung von 1986.
    Ossi glotzte, labte sich am
Bier und hätte den geplanten Überfall beinahe vergessen.
    Jo kam aus dem hinteren Zimmer,
war fertig mit dem Einräumen und hatte zwei Stunden auf Vorrat gepennt.
    „Ossi, es ist eins durch. Ich
denke, wir gehen dem Apotheker an die Kasse?“
    „Verdammt!“
    Strumpfmaske!
Schreckschuß-Revolver! Licht aus!
    Leise stiegen sie die Treppe
hinunter und traten durch die Haustür ins Freie.
    Jo begann gleich mit dem
Schmierestehen, indem er aus schmalen Augen in alle Richtungen äugte.
    Zufrieden stellte er fest:
Keine Menschenseele, die Fenster dunkel. Nur eine Katze huschte schwarz, aber
mit phosphoreszierenden Augen über die Straße.
    Schwarze Katze am frühen
Morgen? O Gott!
    Aber ich bin doch nicht
abergläubisch, dachte Jo und spuckte dreimal über seine linke Schulter.
    „Was soll’n das?“ fragte Ossi.
„Ist dir

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