Die Goldgräber-Bande
schlecht?“
„Nee, alles klar.“
„Also, du pfeifst, wenn wer
kommt.“
Jo nickte, ging ein paar
Schritte die Straße entlang, postierte sich auf der anderen Seite von GLOTZE.
1.12 Uhr.
Ossi trat zur Apotheke. Ganz in
Gedanken hatte er sich die Maske über den Kopf gestreift. Dort war die Klingel.
Ossi drückte mit dem Zeigefinger auf den Knopf. Erst dann fiel dem Ganoven ein:
Wahnsinn! Bin ja maskiert! Wenn der Pillendreher mich so sieht, macht er gar
nicht erst auf.
Ossi streifte die Maske ab,
wandte der Tür den Rücken zu, wartete. Niemand kam.
Wohl eingepennt, wie? Schöner
Nachtdienst! Wenn jetzt jemand Nasen-Spray braucht wegen Heuschnupfen? Was
dann, heh? Soll der Heuschnupfer sich kaputt niesen?
Ossi drehte sich vorsichtig um
und klingelte nochmal.
Durchs Türfenster sah er in die
Apotheke, sah die Kasse, die Regale, die vielen Arzneimittel, die nur ein
pharmazeutischgebildeter Verkäufer hergeben darf.
Die Nachtglocke hallte. Aber
niemand kam.
Ossi sah auf die Uhr,
klingelte, hätte fast die Tür eingetreten, blickte zu seinem Komplizen und hob
die Achseln.
Jo machte mit den Händen eine
Was-ist?-Geste und wunderte sich.
Ossi rüttelte an der Tür.
Schrecklicher Gedanke, er könnte Bauchweh haben und niemand macht hier auf.
Fasziniert sah Jo zu. Daß sich
hinter ihm jemand näherte, bemerkte der Schmiere-Steher nicht.
Gert Rostowski, Oma Unkens
unbequemer Nicht-Verwandter aus Leipzig, torkelte zwar und roch auch nach
Schnaps, glitt aber auf lautlosen, italienischen Sohlen daher.
Er war nicht betrunken, er
spielte das nur.
Knapp hinter Jo machte er einen
kratzenden Stolperschritt und rülpste ferkelhaft.
Jo fuhr herum.
„Tsch... tsch... tschuldigung“,
Rostowski hickste, „wollte Sie nicht erschrecken, schönes Fräulein.“
„Ich bin kein... ach, hau ab,
Mann!
„...tschuldigung!“
Rostowski torkelte vorbei.
Wachsam waren die Augen in seinem roten Gesicht.
Mist! dachte Ossi. Doch ein
Zeuge. Aber der ist ja so blau, der sieht nicht mal die Straße.
In Schlangenlinie näherte sich
Rostowski der Apothekentür. Gegen die fiel er dann, wobei er Ossi fast
umgerissen hätte.
Angewidert versetzte ihm der
einen Tritt.
„Hier ist keine Kneipe! Zieh
weiter!“
„Keine Knei... aber eine Apo...
Apo... Hicks... Von der Theke... hicks... komme ich nämlich gerade. Brauche
Pillen zum Ausnüchtern... hicks.“
„Die gibt’s hier nicht. Hier
gibt’s überhaupt nichts. Der Apotheker ist eingeschlafen.“
Ossi zerrte Rostowski von der
Tür weg und beförderte ihn weiter mit einem Stoß in den Rücken.
„Da... danke, Kumpel!“
Rostowski torkelte zur nächsten
Ecke und verschwand hinter ihr.
Außer Sicht geraten, fiel die
Verstellung sofort von ihm ab. Er straffte sich, schob vorsichtig den Kopf vor
und beobachtete die beiden.
Üble Typen! dachte er. Denen
möchte ich nicht nachts begegnen! Hoppla, Gertchen! Bist du ja schon. Hm, hm —
hoffentlich verzupfen sie sich. Rädl ist sicherlich hinter dem Sebaldus-Hotel
auf dem Parkplatz. Beim schwarzen Kombi. Brestler, Wolmhus, meine Freunde!
Morphium, Narkotika! Es scheint zu klappen. Die beiden beschaffen, ich kaufe,
und in Leipzig ziehe ich meinen Drogenring auf — äh, nein, die Ladenkette für
Genießer. Das wird ein Geschäft, hähäh! Von mir kann noch die Mafia lernen.
Ossi hatte abermals geklingelt.
Jetzt verlor er die Geduld. Hier lief nichts heute nacht.
Er machte Jo ein Zeichen. Sie
sockten über die Straße und traten ins Haus.
Im GLOTZE-Schaufenster
erschossen sich zwei Cowboys gegenseitig beim Revolver-Duell, weil sie ihre
Schießprügel mit gleicher Schnelligkeit ziehen konnten.
Niemand sah zu, und dann war
der Film auch schon zu Ende.
16. Schildkröte Susi
Gaby wachte früh auf an diesem
Sonntag.
Morgensonne drang durch die
Ritzen der Jalousie. In der Altstadt-Straße unten fuhr ein Wagen vorbei. Tauben
gurrten irgendwo auf dem Dach.
Gaby probierte die rechte
Seite, die linke, dann Bauchlage, zwecklos! Sie konnte nicht wieder
einschlafen.
Oskar, neben ihrem Bett in
seinem Körbchen, hob den Kopf und gähnte.
„Wollen wir aufstehen, Herr
Hund?“
Oskar wedelte.
Es war noch still in der
Wohnung, Gabys Eltern schliefen sich aus, wenigstens einmal in der Woche. Der
Kommissar hatte bis nach Mitternacht im Präsidium gearbeitet: zwar kein
Nachtdienst, aber Überstunden wegen eines dringenden Falls.
Gaby schlich auf Zehenspitzen.
Als sie aus dem Bad kam, saß
Oskar vor der Wohnungstür und hielt seine
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