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Die Goldhaendlerin

Die Goldhaendlerin

Titel: Die Goldhaendlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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gleicher Höhe in die Augen sehen und hatte einen leuchtend rotblonden Schopf.
    »Hat es Euch die Sprache verschlagen?«, höhnte Lea, als Orlando stumm blieb.
    »Das gewiss nicht. Nachdem du mich für fähig hältst, Stuten zu besteigen, überlegte ich, welches Tier zu dir passt. Ich vermute, eine Ziege wäre das Richtige.« Zu seiner Zufriedenheit nahm Orlando wahr, wie Leas Gesicht sich dunkel färbte.
    Sie hatte sich jedoch sofort wieder in der Gewalt. »Bei einem Tier zu liegen ist ein Gräuel vor dem Herrn. Allein der Gedanke daran ist eine Sünde.«
    Mit diesen Worten drehte sie Orlando den Rücken zu und wollte ins Haus zurückkehren. In dem Augenblick schlug ein Blitz krachend in eine Eiche ein, die keine fünfzig Schritt von der Herberge entfernt stand, und der ihm folgende Donner raste über den Hof und ließ das Gebäude erzittern, gerade als der Wirt Herzog Maximilian unter etlichen Bücklingen ins Haus geleitete und dabei ein so devotes Gesicht machte, als hätte er nie versucht, den hohen Herrn zu erpressen.

3.
    Während Lea sich vor Schreck an Orlando klammerte und von ihm kurzerhand zur Treppe geschoben wurde, betrat Herzog Maximilian an der Spitze seiner engsten Begleiter die Gaststube und befahl dem Wirt, aufzutragen, was Küche und Keller zu bieten hatten. Dann wandte er sich an den Edelmann, der Orlando vorhin gedankt hatte.
    »Herr van Grovius, seid so gut und ladet die beiden Herren, die uns eben so behilflich waren, an meinen Tisch.«
    »Den Juden auch?«, fragte Frans van Grovius verblüfft.
    »Wenn wir auf Kosten dieses Mannes essen und trinken, können wir ihn kaum zusehen lassen. Also behandelt ihn so höflich wie einen Christenmenschen.«
    Sein Blick traf den Wirt, der noch immer vor ihm stand, als erwarte er weitere Befehle. »Mach, dass du in die Küche kommst und ein gutes Mahl für uns bereiten lässt, du Schurke. Wenn du dir alle Mühe gibst, werde ich dir deine Unverschämtheiten vielleicht verzeihen können.«
    Das klang so drohend, dass der Wirt, der jetzt nicht mehr auf seine Bauern zählen konnte, einen weiteren Bückling machte und eiligst durch die nächste Tür verschwand. Sekunden später schoss er wieder heraus und bat den Herzog und dessen Begleiter in die gute Stube der Herberge, wo bereits ein Knecht mit einem großen Zinnkrug des besten Weines auf die hohen Gäste wartete.
    Der Herzog ließ sich einschenken und probierte. Der Wein schien ihm zu schmecken, denn er hielt den Pokal dem Knecht zum Nachfüllen hin. Unterdessen hatte Frans van Grovius Orlando in dem geräumigen Zimmer gefunden, das dieser für sich und seine jüdischen Begleiter zugewiesen bekommen hatte.
    Artig verneigte er sich vor ihm und bat ihn, Gast seines Herrn zu sein.
    »Wohl eher unser eigener Gast, da wir die Zeche bezahlen«, murmelte Lea leise und nur für Orlando verständlich. Orlando verbeugte sich lächelnd vor dem Edelmann. »Wir nehmen dankend an und freuen uns über die hohe Ehre.«
    Van Grovius bedachte Lea mit einem schiefen Blick, der ihrem schäbigen Mantel und noch mehr dem verknitterten Judenhut galt, und wandte sich zum Gehen. Lea verschränkte die Arme, hob beleidigt das Kinn und lehnte sich gegen einen der mannshohen Bettpfosten, als wollte sie dort stehen bleiben und schmollen. Orlando feixte, legte ihr den Arm um die Schulter und zog sie mit sich. »Versuche, dich gut zu benehmen, mein beschnittener Freund. Wenn wir Glück haben, lohnt sich dieser Abend für uns beide.«
    Einen Moment später verfluchte er sich, weil seine Worte und ihre schmale, weiche Figur ihn daran erinnerten, dass sie eben kein beschnittenes Glied unter ihrem Kaftan trug, sondern verlockend anders geformt war. Orlando versuchte, die Reaktion seines Körpers auf diesen Gedanken zu ignorieren, und nahm sich vor, so bald wie möglich eine Hure aufzusuchen. Wie es aussah, hatte er seine Bedürfnisse zu lange nicht gestillt, denn sonst würde er nicht nach diesem Mannweib lechzen. Ein Blick auf Leas ebenmäßige Gesichtszüge brachte ihn dazu, seine Einschätzung zu berichtigen. So sah keine männermordende Megäre aus und auch keine Walküre heidnischer Sagen. Hätte sie eine weibliche Frisur und Kleider getragen, wie es sich gehörte, wären etliche Frauen vor Neid auf ihre Schönheit erblasst. Orlando war froh, als van Grovius sie vor den Herzog führte, so dass sich seine Gedanken mit etwas anderem beschäftigen konnten als mit Leas Geschlecht. Maximilian von Burgund war knapp über dreißig und hätte ohne

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