Die Goldhaendlerin
Worten ihrer Freundin sprach. »Ich nehme an, du bist unterwegs, um deine Eltern zu besuchen.«
»Ja, das auch. Aber in erster Linie wollte ich zu dir. Meine Schwiegermutter ist nämlich gestorben, und wir haben etwas unter ihren Sachen gefunden, das dir gehört.« Gretchen griff in die Tasche und holte einen Beutel heraus, in den sie Lea blicken ließ. Es lagen mehrere Schmuckstücke und ein paar Goldmünzen darin.
Das Pogrom von Sarningen lag so weit hinter ihr, dass Lea den kleinen Schatz, den die alte Pfeifferin ihnen in Sarningen vorenthalten hatte, erst auf den zweiten Blick erkannte. Gerührt reichte sie Gretchen die Hand. »Ich danke dir. Damit machst du mir eine große Freude. Die Brosche hier gehörte bereits der Großmutter meiner Großmutter, und ich war sehr traurig, sie verloren zu haben.«
Gretchen senkte beschämt den Blick. »Peter und ich hätten damals darauf bestehen müssen, dass die Alte die Sachen herausrückt. Aber …«
Sie brach ab und seufzte. Lea lächelte aufmunternd, denn ihr war klar, dass ihre Freundin und deren Mann die alte Frau gefürchtet und es nicht gewagt hatten, ihr den Schmuck wieder abzunehmen.
Jochanan tauchte neben Lea auf und hielt ihr ein Brett hin, auf dem zwei Becher verdünnten Weines, zwei kleine Brote und zwei Stücke Käse lagen. Leas Blick zeigte dem Knecht, dass sie nicht gestört werden wollte, und so stellte er das primitive Tablett auf einen Baumstumpf in ihrer Nähe, nahm sich seinen Teil und setzte sich ein Stück entfernt ins Gras. Lea trank einen Schluck Wein und begann hungrig zu essen.
Gretchen knetete nervös ihre Finger und sah Lea mit einem beinahe bettelnden Blick an. »Ich bin vor allem deswegen nach Hartenburg unterwegs, um mit dir zu sprechen. Du hast nach deiner glücklichen Rückkehr einen so lieben Brief geschrieben, dass ich noch oft an dich denken musste. Meine Eltern haben mir auch einmal geschrieben und dabei auch den Hartenburger Leibjuden erwähnt, der noch reicher sein sollte als sein Vater. Ich habe angenommen, es handele sich um Elieser, und wollte dich bitten, ihn zu überreden, uns …«
Sie schluchzte auf und trocknete einen Tränenschwall.
Lea lächelte ihr aufmunternd zu. »Sag frei heraus, was dir auf der Seele brennt. Du hast uns damals gerettet, und ich werde für dich tun, was ich kann.«
»Schuld an allem ist Alban von Rittlage, dieser gemeine Verräter!«, brach es aus Gretchen heraus. »Peter hat viele Jahre in seinen Diensten gestanden, bis Rittlage vor einem halben Jahr sein Amt als kaiserlicher Vogt in Sarningen niedergelegt hat, um sich als einer der Hauptleute des schwäbischen Kreises in seiner Herrschaft Elzsprung niederzulassen. Seine Gefolgsleute und seinen Stab an Schreibern und Bütteln hat er jedoch nicht mitgenommen, sondern sie allesamt vor die Tür gesetzt. Vorher aber hat er den Sarninger Bürgern noch zweitausend Gulden als Strafe für die Vertreibung der Juden auferlegt, und die Leute, die es wagten, ihn daran zu erinnern, dass er selbst der Anstifter dieser Tat gewesen war, als Verleumder in den Kerker geworfen. Nachdem er Sarningen verlassen hatte, hat sich der Hass der Bürger gegen die Männer gerichtet, die in den Diensten des Vogts gestanden hatten. Man hat Peter angedroht, uns das Haus über dem Kopf anzuzünden, wenn wir Sarningen nicht bald verlassen, und im letzten Monat ist er überfallen und zusammengeschlagen worden. Wir müssen fort, aber ohne Empfehlung oder eine größere Summe gemünzten Goldes wird uns keine Stadt als Bürger aufnehmen. Wir besitzen weder das eine noch das andere, und meine Eltern verfügen auch nicht über so viel Vermögen oder Einfluss am markgräflichen Hof, dass wir nach Hartenburg übersiedeln und Peter dort eine Stelle bekommen könnte.«
Lea hatte zunächst nur den Namen Rittlage verstanden, denn im gleichen Moment stieg ihr das Blut in die Ohren, so dass sie nichts anderes vernahm als ihren Herzschlag. »Du sagst, Rittlage wäre zu einem der Hauptleute des schwäbischen Reichskreises aufgestiegen?«
Gretchen nickte bedrückt. »So ist es. Man sagt, er würde bereits nach einer passenden Erbin suchen, um seinen Besitz durch eine Heirat zu vermehren.«
Tausend Gedanken schossen Lea gleichzeitig durch den Kopf. Sie hielt es für einen Fehler Rittlages, sich seiner alten Gefolgsleute entledigt zu haben und die Bürger von Sarningen für etwas bezahlen zu lassen, für das er selbst verantwortlich war. Anscheinend fühlte er sich nach den Jahren, die seit
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