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Die Goldhaendlerin

Die Goldhaendlerin

Titel: Die Goldhaendlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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dem Sarninger Pogrom vergangen waren, sicher vor üblen Nachreden oder Racheakten.
    Sie dachte an Herzog Maximilian, dem sie Rittlages Schuldverschreibungen übergeben hatte, und lächelte selbstzufrieden. Der Geldbedarf des Herrn war allgemein bekannt, und er würde über seine Bankiers jeden Kreuzer der Summe und noch Etliches an Zinsen von Rittlage eintreiben lassen. Für einen Augenblick fragte sie sich, was geschehen würde, wenn der ehemalige Vogt sich weigerte zu zahlen. Maximilian, der Sohn und designierte Nachfolger des Kaisers, würde das höchstwahrscheinlich als Beleidigung auffassen und ihm die Fehde antragen. Ihr schien es unwahrscheinlich, dass Rittlage seine reichsfreie Herrschaft Elzsprung gegen eine solche Macht halten konnte, und mit seinem Besitz würde er auch all seine neuen Ämter verlieren und froh sein müssen, wenn ihn ein anderer Adeliger in seine Dienste nahm. Lea hoffte, dass er tief genug sinken würde, um ein Opfer der Feinde zu werden, die er sich mit seinen Ränken geschaffen hatte.
    Gretchen bemerkte das Lächeln auf Leas Lippen und blickte sie verdattert an. »Du freust dich wohl noch, dass es uns so schlecht geht.«
    Lea schüttelte den Gedanken an Rittlages Schicksal ab und lachte. »Du Schaf, ich dachte doch an etwas ganz anderes. Natürlich helfe ich euch. Sag mir, wie viel Geld ihr braucht, um euch woanders anzusiedeln. Warte …! Dein Peter ist doch Schreiber?«
    Gretchen nickte eifrig. »Oh ja, er beherrscht die Amtssprache, versteht es, ein Stadtarchiv zu führen, und kennt die Geheimzeichen der kaiserlichen Post. Er hat auch dem Kämmerer assistiert und kann sehr gut rechnen. Glaub mir, er ist sehr klug und kennt sich in vielen Dingen aus.«
    Lea blickte auf die sich im warmen Sommerwind wiegenden Wiesenblumen und dachte kurz nach. »Ein Geschäftsfreund von mir hat das Monopol für den Handel mit spanischen Weinen für die Grafschaft Flandern erhalten und brauchte jemand, der dieses Monopol für ihn überwacht. Wenn dein Peter dazu bereit wäre, müsstet ihr jedoch nach Flandern reisen und euch dort niederlassen.«
    »Das Angebot wird er bestimmt annehmen!« Man sah Gretchen an, wie glücklich sie über die Aussicht war, Sarningen nicht als Bettlerin verlassen und heimatlos über die Landstraßen ziehen zu müssen.
    Während des Gesprächs hatte sich die Reisegruppe, mit der Gretchen gezogen war, zum Aufbruch bereitgemacht. Eine alte Frau trat mit einem etwa zweijährigen Knaben auf dem Arm auf Gretchen zu und machte eine auffordernde Geste. »Komm endlich, Gretchen. Wir ziehen weiter.«
    »Danke, Katharina, aber ich werde euch hier verlassen und mit Samuel Goldstaub, dem Nachbarn meiner Eltern, auf dem kürzesten Weg nach Hartenburg gehen.« Gretchen streckte die Arme nach dem Kind aus, welches die andere noch einmal herzte, ehe sie es ihr mit einem bösen Seitenblick auf den Juden reichte.
    »Das ist Peters und mein größter Schatz«, sagte Gretchen stolz.
    Lea starrte das Kind an und musste den Wunsch unterdrücken, es an sich zu nehmen und auf ihren Armen zu wiegen. Der glückselige Gesichtsausdruck, mit dem Gretchen ihren Sohn betrachtete, erinnerte sie schmerzlich daran, worauf sie verzichten musste. Für einen Augenblick verfluchte sie das Schicksal, das sie wie eine entwurzelte Pflanze vor sich hertrieb, und wünschte sich, ebenfalls einen braven Mann und ein hübsches Kind zu besitzen. Dann aber holte sie tief Luft und straffte die Schultern. Sie hatte ihren Weg doch halb und halb freiwillig gewählt und würde ihn weitergehen müssen bis zum bitteren Ende.
    »Was waren das für Leute?«, fragte sie Gretchen, als die Gruppe weitergezogen war.
    »Pilger auf dem Weg nach St. Maria am Stein. Die großen Handelszüge, unter deren Schutz man als Frau auch allein reisen kann, nehmen zu viel Geld, und so habe ich mich diesen Leuten angeschlossen. Ich hatte vor, mich oben bei Briesthal von ihnen zu trennen, weil die Fuhrleute von dort aus den Weg nach Hartenburg nehmen. Aber jetzt habe ich ja dich und deinen Knecht als Begleiter.«
    »Wenn wir jetzt aufbrechen und stramm gehen, können wir die Stadt noch vor dem Abend erreichen.« Lea wartete Gretchens Antwort nicht ab, sondern steckte sich das letzte Stück Käse in den Mund und ging die Zeche zahlen. Als sie sich ihre Kiepe auf den Rücken lud, hatte Gretchen schon ihr Bündel auf den Rücken und das Kind in einem Tuch vor die Brust gebunden. Die beiden Frauen gingen voran, während Jochanan ihnen im Abstand von ein

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