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Die Goldhaendlerin

Die Goldhaendlerin

Titel: Die Goldhaendlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Vogts ausliefern.«
    »Davor brauchst du keine Angst zu haben. Peter wird euch einen Passierschein beschaffen, mit dem ihr Sarningen ungehindert verlassen könnt, und für Elieser geben wir euch unseren alten Handkarren mit. Mit dem kannst du deinen Bruder bis nach Hartenburg fahren.«
    »Ich möchte nach Hause!«, wimmerte Rachel, die nur den Namen ihrer Heimatstadt verstanden hatte.
    Lea stieß die Luft aus. »Das möchte ich auch.«
    Gleichzeitig fragte sie sich, was sie zu Hause erwarten würde.
    Jetzt, wo ihr Vater und Samuel tot waren, gab es niemanden mehr, der die Pflichten eines Hoffaktors erfüllen und die Geschicke der Familie leiten konnte. Auch Gerschoms Tod war ein herber Verlust, nicht nur für seine Frau Sarah und für seine beiden Kinder, sondern auch für sie, denn er hatte Jakob ben Jehuda auf allen Reisen begleitet und kannte seine Handelspartner. Er hätte ihr helfen können, mit den wichtigsten Leuten Kontakt aufzunehmen und an das Geld zu kommen, das die Familie in der nächsten Zeit dringend benötigte. Jetzt aber würde ihre Zukunft selbst dann, wenn sie lebend nach Hause kamen, von der Gnade Gottes abhängen.
    Gretchen sah, dass Lea sich Sorgen machte, und strich ihr wie einem kleinen Mädchen über die Wange. »Es wird schon alles gut gehen. Ich versorge dich und deine Geschwister für die Reise, so gut ich kann.«
    Lea war klar, dass sie Gretchen nicht umstimmen konnte, und sie sagte sich, dass Sonnenwärme und frische Luft Elieser eher gesunden lassen würden als die stickige, feuchte Kälte, die ihn jetzt umgab. »Also gut, wir brechen morgen auf. Hast du inzwischen in Erfahrung gebracht, was mit den Toten drüben in der Judengasse geschehen ist? Hat man sie wenigstens begraben?«
    Lea wollte nicht fragen, ob man sie den wilden Schweinen vorgeworfen hatte, wie es mancherorts geschehen war, und atmete auf, als Gretchen eifrig nickte. Das Gesicht der jungen Frau verriet jedoch, dass sie log. Verärgert grub Lea ihr die Finger in die Schulter. »Bitte, sag mir die Wahrheit!«
    Gretchen lief ein Schauer durch den Körper, und sie schlang die Arme um sich, als müsse sie sich wärmen. »Es war den Soldaten zu mühsam, eine Grube auszuheben, und so hat man die Toten einfach in die Sarn geworfen. Es tut mir so Leid für dich. Ich hoffe, dein Gott wird deinen Verwandten dennoch gnädig sein und sie bei sich aufnehmen. Es ist so schrecklich, was hier geschehen ist, und ich weiß nicht, ob ich in dieser Stadt noch einmal glücklich sein werde.« Sie sah so aus, als wollte sie noch etwas sagen, biss sich aber dann auf die Lippen, Lea ließ jedoch nicht locker. »Ich will alles wissen!«
    Gretchen sah Rachel an, die verkrümmt wie eine alte Frau in ihrem Winkel saß, und senkte ihre Stimme. »In der Kanzlei erzählt man sich, dass unser Vogt am Tag des Pogroms von der Ankunft deines Vaters erfahren und befohlen haben soll, ihn und seine Angehörigen zu erschlagen. Alban von Rittlage soll Angst gehabt haben, dass dein Vater ihn mit Hilfe eures Markgrafen in Schwierigkeiten bringen könnte, und wenn er erfährt, dass wir die Kinder des Hartenburger Hoffaktors vor seinen Mördern versteckt haben, wird er mich und meinen Mann eines grausamen Todes sterben lassen. Ich lebe Tag und Nacht in Angst, dass man euch bei uns entdecken könnte.«
    Lea brauchte einen Augenblick, um Gretchens Worte zu begreifen. Dann aber überschwemmte der schon einmal mühsam gebändigte Hass auf dieses Ungeheuer in Menschengestalt ihren Geist und ließ sie taumeln. Einige heftige Atemzüge lang kämpfte sie mit dem Wunsch, sich ein Messer zu besorgen, den Vogt aufzusuchen und ihn zu erstechen, und es dauerte eine Weile, bis sie wieder klar denken konnte. Jeder Versuch, den Tod des Vaters an dem Vogt zu rächen, würde sie und ihre Geschwister jenen unmenschlichen Grausamkeiten ausliefern, für die die Henkersknechte der Christen berüchtigt waren. Kraftlos sank sie in sich zusammen und hielt sich am Treppengeländer fest. »Wir brechen morgen auf.«
    Gretchen atmete auf. »Das ist vernünftig von dir. Aber ihr dürft weder als Juden noch als zwei Mädchen zu erkennen sein, die ohne den Schutz eines Mannes reisen. Wenn ihr beide Frauenkleidung tragt, seid ihr unterwegs den Zudringlichkeiten jedes besoffenen Kerls ausgesetzt. Deswegen musst du, Lea, dich als Mann ausgeben. Ich habe ein paar alte Sachen von Peter so umgeändert, dass sie dir passen müssten. Rachel bekommt eines meiner Mädchenkleider, die ich aus Hartenburg

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