Die Goldhaendlerin
einen Esel und ein Mittel, um die Soldaten auszuschalten.«
Pablos Mundwinkel verzogen sich fast bis zu seinen Ohrläppchen. »Eine gute Wegstunde talaufwärts liegt ein Meierhof, der zu unserem Kloster gehört, und dort gibt es sowohl Wein als auch Esel. Zum Glück sind die uns aufgezwungenen Mönche nicht so begierig, die schwere Feldarbeit zu verrichten, daher sind dort oben nur Freunde von mir. Den Mohnsaft kann ich aus der Klosterapotheke nehmen. Aber wie wir an geeignete Frauenkleider kommen, weiß ich nicht. Nichts von dem, was die Damen im Vorwerk tragen, ist für unsere Zwecke geeignet.«
Lea lachte wie befreit auf. »Orlando hat mir seine Ausrüstung zur Verfügung gestellt, und darunter ist auch die Kleidung einer armen Frau. Also steht unserem Befreiungsschlag gegen Montoyas Leute nichts mehr im Wege.«
Baramosta schüttelte zweifelnd den Kopf. »Ich weiß nicht, ob …«
Pablo fuhr ihm ärgerlich über den Mund. »Wollt Ihr Spanien verlassen oder samt Eurer Familie und Eurem Gesinde zur Belustigung des Pöbels auf einem Scheiterhaufen enden?«
»Pablo, mäßige deine Stimme. Wenn dich jemand hört …«, wies Albañez den Mönch zurecht.
»Ist doch wahr«, brummte dieser mürrisch.
Baramosta wandte sich Hilfe suchend an Lea. »Glaubt Ihr wirklich, es könnte gelingen, Señor?«
»Dieser Herr ist kein Señor, sondern Don Léon de Santiago.«
Der Abt betrachtete den eifernden Mönch nachsichtig. »Unser mutiger junger Freund ist wohl ein Edelmann, aber kein Spanier. Er stammt aus dem Heiligen Römischen Reich und heißt de Saint Jacques.«
»Genauer gesagt stamme ich aus Burgund«, verbesserte Lea ihn. Langsam hasste sie diese Lügen und Verstellungen und wünschte sich auf einmal nichts sehnlicher, als bald wieder sie selbst zu sein. »Es wäre mir lieb, die Sache bald hinter mich zu bringen. Bitte, Pablo, besorge mir das Schlafmittel und bring mich zum Meierhof.«
Der Abt winkte ab. »Nicht so hastig, mein junger Held. Gleich beginnt die Abendmesse, Kein Mönch verlässt zu dieser Zeit das Kloster, und danach werden die Pforten geschlossen. Ihr werdet bis morgen früh mein Gast bleiben müssen. Ich bitte Euch jedoch, auf die Teilnahme an der Messe zu verzichten, denn wenn Ihr die Kirche betretet, werden die falschen Leute Fragen stellen. Wenn es Euch recht ist, würde ich nachher gerne noch ein wenig mit Euch plaudern. San Juan de Bereja ist so abgelegen, dass nur selten Neuigkeiten aus der fernen Welt den Weg hierher finden.«
Diesen Wunsch durfte Lea ihm nicht abschlagen. So sah sie sich nach einem Stuhl um, und Albañez, der ihren suchenden Blick bemerkte, wies Pablo an, die Bücher von einem der Stühle zu räumen.
»Verzeiht, dass ich Euch noch keinen Platz angeboten habe, aber ich war zu sehr in Gedanken«, entschuldigte er sich und schien sich auch daran zu erinnern, dass sein Gast hungrig und durstig sein musste. So schickte er Pablo mit einigen Ermahnungen in die Küche.
Der dicke Mönch war empört, dass sein Abt ihm zutraute, leichtsinnig zu sein. »Die Krähen, die Montoya uns ins Nest gesetzt hat, werden nichts bemerken.«
Baramosta verließ ebenfalls das Zimmer des Abtes, um die Messe zu besuchen. Echte oder vorgetäuschte Frömmigkeit und Glaubensinbrunst waren der einzige Schutz, den er und seine Leute in dieser Umgebung besaßen. Würden sie den anderen Mönchen durch gleichgültiges Verhalten oder gar jüdische Sitten auffallen, könnte selbst Albañez ihnen nicht mehr helfen. Der Abt wartete, bis Pablo Wein, Brot und ein Stück Lammbraten gebracht hatte, und entschuldigte sich dann, weil die Pflicht ihn rief. Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, flüsterte Lea ein hebräisches Gebet. Jetzt benötigte sie alle Kraft, die Gott ihr geben konnte, um das Notwendige zur richtigen Zeit zu tun.
7.
Als der Abt zurückkehrte, dunkelte es bereits. Lea hatte nicht gewagt, eine der Wachskerzen auf dem Schreibtisch anzuzünden, da sie niemand auf sich aufmerksam machen wollte. José Albañez entschuldigte sich, sie in der Dämmerung sitzen gelassen zu haben, schlug Feuer und hielt es an einen Docht. Das Wachs zischte und knallte leise, verbreitete aber sofort einen angenehmen Duft.
»So ist es besser«, sagte er lächelnd. »Ich habe Pablo angewiesen, uns frischen Wein zu bringen. Bei einem guten Schluck unterhält man sich besser.«
»Ich würde meinen Wein lieber mit Wasser verdünnen, denn ich muss einen klaren Kopf bewahren. Schließlich habe ich morgen so einiges zu
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