Die Goldhaendlerin
tun.«
»Ihr haltet es wohl wie die alten Griechen, die jeden für einen Barbaren ansahen, der seinen Wein unvermischt trank.« Albañez nickte Lea lächelnd zu und sah in den noch fast vollen Krug, der auf dem Tisch stand. »Ihr habt ja kaum etwas getrunken. Dabei ist der Wein wirklich gut.«
»Das gebe ich gerne zu. Don Alvaro de Arandela würde ihn sicher zu schätzen wissen. Doch ich bin nicht nach Spanien gekommen, um seine Weine zu probieren, sondern um Baramosta zu retten.«
»Was Euch mit Gottes Hilfe auch gelingen wird.« Albañez atmete tief durch und blickte durch das Fenster ins Freie. Plötzlich erinnerte er sich daran, dass Arandelas Soldaten sein Fenster unter Beobachtung hielten, und schloss rasch die Vorhänge.
»Wir müssen alles tun, um Eure Anwesenheit geheim zu halten.«
Pablos Erscheinen enthob Lea einer Antwort. Der Mönch
schenkte ihr und dem Abt nach und brachte auf Leas Wunsch noch eine Kanne mit frischem, kühlem Wasser. Dann wünschte er eine gute Nacht und verließ das Zimmer wieder. Albañez trank einen Schluck und starrte dann geistesabwesend in die Flüssigkeit.
»Ihr tragt einen klugen Kopf auf Euren Schultern, Don Léon«, sagte er nach einer Weile. »Orlando Terasa hätte keinen besseren Mann schicken können, um seinen Oheim zu retten.«
Lea blickte überrascht auf. »Baramosta ist Orlandos Onkel? Das wusste ich gar nicht.«
»Er erzählt wohl nicht viel über seine Vergangenheit?« Albañez nahm Leas Nicken als Antwort. »Orlando ist ein anständiger Junge, an dem sich die meisten Edelleute in seinem Alter, die sich stolz Spanier nennen, ein Beispiel nehmen müssten.«
Lea erinnerte sich an Raul de Llorza und wusste, was der Abt meinte. Ganz anders als Orlando war de Llorza ein aufgeblasener Dummkopf, der fest davon überzeugt war, sein Name und seine Abkunft würden ihn weit über die weniger vom Schicksal begünstigten Menschen stellen.
»Spanien wurde mit der Heirat Rey Fernandos und Reina Isabellas vereint, aber es hat dabei seine Seele verloren«, klagte der Abt. »Narren wie der Herzog von Montoya oder Francisco de Cisneros geben heutzutage den Ton an, Männer, denen ihr eigenes Wort schon nichts mehr gilt, wenn es ihre Lippen verlassen hat, und denen es eine Freude ist, andere zu knechten und in den Staub zu treten.«
Lea wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Als Albañez weitersprach, begriff sie, dass er keinen Kommentar von ihr erwartete. Es schien ihm gut zu tun, seine geheimsten Gedanken jemandem mitzuteilen, von dem er annahm, dass er ihn verstand. »Wisst Ihr, wie wenig es braucht, um einen guten Christen, dessen Großvater ein Jude war, in die Fänge der Inquisition zu treiben? Bei Orlandos Vater Don Manuel Terasa genügten das Wort eines ehrlosen Schurken und ein Fetzen Papiers mit ein paar hebräischen Schriftzeichen, die man in einem Winkel seines Speichers fand. Zum Glück bewahrte Orlando kühles Blut und benachrichtigte mich, so dass ich intervenieren und seinen Vater retten konnte. Damals stellte man mir noch die Bedingung, dass er und seine Familie Spanien sofort verlassen müssten. Heute wäre es mir nicht mehr möglich, ihnen zu helfen, so wie ich so vielen anderen nicht helfen konnte, wie Orlandos Großvater, dem Vater seiner Mutter. Er wurde ebenfalls denunziert, und als man sein Haus durchsuchte, fand man einen Chanukka-Leuchter aus Messing. Obwohl Gil Varjentes bei allen Heiligen und unserem Herrn Jesus Christus schwor, diesen Leuchter nie gesehen zu haben, wurde er zum Tod durch Verbrennen verurteilt und bei einem Autodafé hingerichtet.«
Albañez schwieg einen Moment, um die Wirkung seiner Worte auf seinen Gast abzuschätzen. Leas Gesicht war starr vor Entsetzen. Eben hatte sie noch geglaubt, Orlando verachten zu müssen, weil er sich vom Glauben seiner Vorväter abgewandt hatte, doch angesichts der Schicksalsschläge, die er bereits in jungen Jahren erlitten hatte, verstand sie seine Haltung. Auch sie war nicht zur Märtyrerin geboren, wie die Begegnung mit dem Judenjäger Holzinger ihr gezeigt hatte, und angesichts der Tatsache, dass Orlando viele Juden und Conversos gerettet hatte, die in anderen Ländern wieder für das Volk Judas gewonnen werden konnten, war Gott ihm bestimmt nicht gram. Von diesem Standpunkt aus gesehen war es für sie geradezu eine heilige Pflicht, Baramosta und den Seinen zur Flucht zu verhelfen.
Der Abt bemerkte nichts von ihrer Geistesabwesenheit, sondern erzählte weiter. »Cisneros, Montoya und
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