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Die Goldhaendlerin

Die Goldhaendlerin

Titel: Die Goldhaendlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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befreien?«
    Elieser strich mit der Rechten nachdenklich über seinen schütteren Kinnbart und wiegte den Kopf. Eine Vergewaltigung war ohne Frage ein schlimmes Verbrechen. Andererseits hatten Ruben ben Makkabi und er die Ketuba unterzeichnet und damit die Hochzeit zwischen Jiftach und Lea festgeschrieben. Wenn er jetzt vor seiner Schwester kapitulierte, würde er sich ihr auf alle Zeiten unterwerfen müssen und nie den ihm zustehenden Platz als Oberhaupt der Familie einnehmen können. Er zwinkerte Hannah aufmunternd zu und legte nun seinerseits Jiftach die Hand auf den Arm. »Es wäre einen Versuch wert. Wenn der störrische Geist Lea verlassen hat, wird sie sich glücklich schätzen, deine Frau geworden zu sein.«
    Hannah musste kichern. Sie hatte sich seit Jahren danach gesehnt, einen Bräutigam zu bekommen, der ihr die Jungfernschaft nehmen und sie zur Frau machen würde, und war mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Daher fiel es ihr leicht, sich vorzustellen, dass es einer geheilten Lea genauso gehen würde. Sie sah ihren Bruder in einem verklärten Licht und war fest davon überzeugt, dass sie, wenn Jiftach sein Vorhaben in die Tat umsetzte, Lea schon am nächsten Tag als ihre Schwägerin in die Arme schließen konnte. Daher nickte sie ihrem Bruder auffordernd zu.
    »Geh zu deiner Braut und zeige ihr, was für ein Mann du bist.«
    Elieser hatte so seine Zweifel, aber einerseits schien es der einzige Weg zu sein, Lea zu bändigen, und zum anderen sah er darin jetzt eine gute Gelegenheit, den störenden Schwager loszuwerden. Er stand auf, humpelte zu Tür und öffnete sie. »Nimm dein Glück selbst in die Hand und zeige Lea, dass du ihr Herr bist. Meine Gedanken und Gebete werden dich begleiten!«
    Mit diesen Worten schob er seinen immer noch zögernden Schwager aus dem Zimmer. Beide übersahen dabei den Schatten, der draußen vorüberhuschte und hinter der angelehnten Tür eines anderen Zimmers verschwand.
    Jiftach sog tief die Luft ein und starrte Elieser an, als wollte er sich noch einmal seiner Zustimmung versichern. »Gut, ich werde dem Weib da oben zeigen, dass sie mir zu Willen zu sein hat!«
    Mit diesen Worten drehte er sich um und ging schnaufend zur Treppe. Als er sich noch einmal zu Hannahs Zimmertür wandte, hörte er, wie der Riegel vorgelegt wurde.

4.
    Diese Heimkehr war für Orlando noch bitterer als die letzte. Weder die Freude seiner Mutter, ihren Bruder und dessen Familie gesund und unversehrt vor sich zu sehen, noch das überschwängliche Lob seines Onkels vermochten seine trübe Stimmung zu heben. Er machte sich Vorwürfe, weil er Lea so einfach hatte gehen lassen, und war fest entschlossen, nach Hartenburg zu reisen und mit ihr zu reden. Vielleicht gelang es ihm dort, den Panzer zu durchdringen, hinter dem sie sich versteckte.
    Am Abendbrottisch war er noch immer so stark in seinen Überlegungen eingesponnen, wie er Lea überzeugen und endlich für sich gewinnen konnte, dass er nicht zuhörte, wie sein Onkel über die Flucht aus Spanien berichtete. Baramosta erzählte nämlich, dass ihr Retter Léon de Saint Jacques nicht nur ihn und die Seinen, sondern auch Orlando befreit hatte.
    Don Manuel fragte noch einmal nach und lief dabei rot an. Dann kniff er die Augenbrauen zusammen, warf seinem Sohn einen finsteren Blick zu und schlug mit der flachen Hand so heftig auf den Tisch, dass Teller und Näpfe hochsprangen. Jetzt erst sah Orlando auf und bemerkte, dass der Wutausbruch ihm galt. Ehe er etwas sagen konnte, schrie sein Vater ihn an.
    »Du hast also meinen ausdrücklichen Befehl missachtet und bist nach Spanien gefahren. Das wird Folgen für dich haben. Ich …«
    Doña Léonora legte ihrem Mann die Hand auf den Arm und sah ihn bittend an. Don Manuel brummte etwas in den Bart und lehnte sich zurück. »Wir werden hinterher darüber reden, mein Sohn, unter vier Augen!«
    »Bitte, Manuel, sei nicht zu streng mit unserem Jungen. Es hat sich doch alles zum Guten gewendet.«
    Don Manuel schob das Kinn vor, und sein Bart zitterte vor Erregung. »Aber nicht durch seinen Verdienst! Dein Sohn ist nicht nur ungehorsam, Weib, sondern handelt auch immer wieder so unverantwortlich wie ein kleines Kind. Das werde ich ihm ein für allemal austreiben.«
    Obwohl sich sein Schwager ebenfalls für Orlando verwandte, blieb Don Manuel bei seinem Standpunkt. Er wartete gerade so lange, bis seine Gäste sich satt gegessen hatten, befahl dann Orlando, ihm zu folgen, und ließ sich von Alisio in sein Zimmer führen. Er

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