Die Goldhaendlerin
hatte sich noch nicht gesetzt, da ergoss sich sein Zorn über seinen Sohn. »Ich hatte dich schon letztens gewarnt, mit diesen unsäglichen Abenteuern aufzuhören. Doch anscheinend bist du auf diesem Ohr taub. Deswegen wirst du dieses Haus nicht eher verlassen, als bis du ein verheirateter Mann bist, und du wirst mir einen Eid leisten, dich nie mehr auf ein so gefährliches Vorhaben einzulassen.«
»Auf was soll ich denn schwören, auf das Kreuz oder den Talmud?«
Sein Vater verzog sein Gesicht zu einer Miene des Abscheus.
»Sarkasmus steht dir nicht, mein Sohn. Du wirst mir dein Wort geben und es diesmal nicht mehr brechen. Und was deine Braut betrifft, so überlasse ich dir sogar eine gewisse Auswahl. Wie wäre es mit Baramostas Tochter Bianca? Schließlich hast du sie selbst ins Haus gebracht.«
Der Tonfall seines Vaters zeigte Orlando, wie ernst es Don Manuel war. Ich hätte mit Lea reden sollen, dachte er verzweifelt. Sie hätte ich sofort geheiratet. Doch jetzt war es zu spät. Sein Vater würde ihn nicht mehr nach Hartenburg reisen lassen, und Lea einen Boten zu senden, dafür fehlte ihm der Mut. Wie er sie kannte, würde sie dem Mann doch nur zornig die Tür weisen.
»Was ist? Gefällt dir Bianca?«, fragte Don Manuel ungeduldig. Orlando lachte bitter auf. Ausgerechnet seine Kusine sollte er heiraten, für die ein gewisser Léon de Saint Jacques beinahe ein Gott war? Nähme er sie zur Frau, würde Leas Schatten ihn bis an sein Lebensende verfolgen.
Don Manuel sah ihn missbilligend an. »Ich finde deine Situation nicht zum Lachen, mein Sohn. Doch wenn du Bianca nicht magst, musst du sie nicht nehmen. Wie wäre es dann mit Lorrestas Tochter Marita? Sie hat viel für dich übrig, und ich könnte beide zu uns einladen.«
Marita Lorresta würde ihm zwar nie sagen, dass ein anderer und noch dazu in Wirklichkeit gar nicht existierender Mann in allen Dingen besser war als er, wie Bianca es sicher tun würde, dafür aber mit ihrer Geschwätzigkeit innerhalb eines Monats den Wunsch in ihm hervorrufen, sie zu erwürgen. Orlando schauderte bei dem Gedanken, mit ihr verheiratet zu sein.
»Sie gefällt dir also auch nicht. Dann wirst du eben eine der einheimischen Flachsköpfe heimführen. Ich werde dir Imma Barkmann zur Frau geben. Du kannst dich vielleicht noch an die Tochter eines meiner hiesigen Geschäftspartner erinnern.«
Mutter wird mir nie verzeihen, wenn ich ein christliches Mädchen heirate, fuhr es Orlando durch den Kopf. Außer einer Jüdin würde Léonora höchstens eine Annussi akzeptieren, eine Converso, die zum christlichen Glauben gezwungen worden und willens war, die jüdischen Traditionen in der Familie an die nächste Generation weiterzugeben.
Orlando hob in hilfloser Verzweiflung die Hände. Wenn er seinen Vater zu sehr aufregte, wäre das sein Tod. Aber er konnte Lea nicht einfach aus seinem Herzen reißen. »Bitte, Vater, lass mir Zeit, mich zu entscheiden.«
»Nun gut. Zeit kannst du haben. Du gehst jetzt auf dein Zimmer und wirst es erst wieder verlassen, wenn du dich für eines der drei Mädchen entschieden hast.«
Orlando hätte seinem Vater am liebsten gesagt, dass er darauf lange würde warten müssen, aber Don Manuels Miene ließ keinen Zweifel aufkommen, dass es nur noch nach seinem Willen zu gehen hatte.
5.
Schwere Schritte auf der Treppe rissen Lea aus ihren quälenden Gedanken.
»Du kannst zu Bett gehen, Abischag. Ich übernehme jetzt die Wache«, hörte sie Jiftach draußen sagen.
Kurz darauf verrieten ihr knarzende Geräusche, dass jemand versuchte, die Stufen leise hinunterzugehen. Noch dachte sie sich nichts dabei und wollte schon wieder in das Meer aus Selbstvorwürfen und unausgegorenen Plänen in ihrem Inneren eintauchen, als der Riegel zurückgeschoben wurde. Das spärliche Mondlicht, das durch das handgroße Dachfenster hereinfiel, reichte nicht aus, um etwas erkennen zu können. Der Schritt und der schwere Atem verrieten Lea jedoch, dass es sich bei dem Eindringling um Jiftach handeln musste. Sie spürte, wie sich ihre Haare auf den Armen vor Wut sträubten, doch sie rührte sich nicht.
Jiftach blieb stehen, blinzelte in die Dunkelheit und ärgerte sich, weil er vergessen hatte, eine Lampe mitzubringen. Jetzt würde er sein Vorhaben bei Dunkelheit durchführen müssen. Vielleicht war es auch besser so, fuhr es ihm durch den Kopf, denn er wollte gar nicht wissen, ob Leas Gestalt seinen Vorstellungen entsprach oder nicht, denn sein Vater hatte sich diese Heirat in
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