Die Goldhaendlerin
Zukunft barg. Ruben ben Makkabi hatte sich in das Zimmer zurückgezogen, das er seit seiner Ankunft bewohnte, und las noch einmal die Gebete, mit denen er den bösen Geist aus Lea austreiben wollte. Eine seiner beiden Mägde bewachte unterdessen die Dachkammer, in der man Lea eingesperrt hatte, während die andere Sarah und Gomer in der Küche beaufsichtigte. Ketura und Jochanan arbeiteten draußen auf dem Hof und bissen die Zähne zusammen, weil Ruben ben Makkabis Knechte sich als ihre Herren aufspielten und sie schikanierten.
Elieser empfand Leas Anwesenheit trotz der Tatsache, dass sie ihm nichts mehr anhaben konnte, wie einen Albtraum und hatte sich zu Hannah geflüchtet, die seit wenigen Tagen sein Weib war. Sie saß in ihrem Zimmer und strickte Strümpfe für ihn, damit sein beschädigtes Bein die Kälte des nächsten Winters nicht mehr so spüren sollte. Elieser sah sie bewundernd an. Eine bessere Frau hätte er nicht bekommen können, denn sie war gutwillig, ständig um ihn besorgt und in allen Dingen darauf bedacht, es ihm recht zu machen.
Noch immer war es ihm ein Rätsel, wie sie ihren widerstrebenden Vater trotz aller Sanftheit dazu gebracht hatte, ihnen die Heirat ohne einen Besuch der Talmudschule oder sonstige Vorbedingungen zu erlauben. Ihr Temperament im Bett und ihre Lust an der Liebe waren nicht mit Merabs Leidenschaft zu vergleichen, dafür aber vermittelte sie ihm das Gefühl, ein vollwertiger Mann zu sein, der seinem Weib alles geben konnte, was sie auf dem ehelichen Lager erwartete. Bei diesem Gedanken spürte Elieser, dass sich etwas an ihm regte. Nach all der Aufregung war er zwar nicht in der Stimmung für eine Balgerei im Bett, doch es mochte ihm helfen, Leas vorwurfsvolle Blicke zu vergessen. Aber gerade, als er Hannah bitten wollte, sich für ihn auszuziehen, klopfte jemand an die Tür.
»Kann ich hereinkommen?«, hörte er Jiftach fragen. Elieser wollte ihn schon wegschicken, aber dann sagte er sich, dass ein Gespräch mit seinem Schwager ihn ebenfalls für eine Weile ablenken würde.
»Tritt ein!« Er rückte beiseite, so dass sein Schwager neben ihm Platz nehmen konnte.
Jiftach wirkte verstört und fahrig. Er ließ sich mit seinem nicht unbeträchtlichen Gewicht auf die Bank plumpsen, starrte Elieser an wie ein Ertrinkender den rettenden Zweig und seufzte zum Gotterbarmen. »Ich habe mir das alles ganz anders vorgestellt. Warum kann Lea sich nicht in ihr Schicksal fügen, wie es einer frommen Frau geziemt? Stattdessen benimmt sie sich wie eine Rasende. Reagiert sie immer so aufbrausend und bösartig?
Dann möchte ich sie lieber nicht heiraten.«
Elieser erschrak. Wenn Jiftach sich weigerte, Lea zur Frau zu nehmen, würde sie im Haus bleiben und ihn bald wieder so beherrschen wie früher. Das musste er unter allen Umständen verhindern. Er holte tief Luft, setzte eine leicht belustigte Miene auf und winkte ab. »Nein, nein, früher war sie ganz anders, Sie ist nicht sie selbst, glaub mir. Aus ihr spricht der Dämon, aber den wird dein Vater bald austreiben. Du wirst sehen, bald frisst Lea dir aus der Hand und ist so sanft und nachgiebig wie meine Hannah.«
Hannah hörte ihren Namen und blickte von der Handarbeit auf. »Soll ich euch Wein bringen?«
Jiftach leckte sich die Lippen. Einen so guten Tropfen wie hier gab es zu Hause nicht. »Das wäre lieb von dir.«
Sie stand auf, ging zur Tür, blieb aber dort stehen und warf Elieser einen fragenden Blick zu. Als er nickte, verließ sie das Zimmer und kehrte mit einem vollen Zinnkrug und zwei Bechern zurück. Elieser nahm sie ihr ohne Dank aus den Händen und schenkte Jiftach ein.
»Hier, Schwager! Trinken wir auf deine baldige Heirat.«
Jiftach nahm den Becher und trank ihn in einem Zug leer. Besonders glücklich wirkte er dabei nicht. »Vater würde sich freuen, wenn Lea mein Weib würde. Aber …« Er brach kurz ab und schüttelte den Kopf. »Als ich letztens Rachel gesehen habe, hoffte ich, Lea würde ihr gleichen. Aber sie wirkt hart und abstoßend, und ich fürchte, sie wird ein zänkisches Mannweib bleiben.«
Elieser lächelte, denn er musste daran denken, wie Jiftach bei Rachels Anblick die Augen aus dem Kopf gequollen waren. Sie hatte ein durchscheinendes Kleid mit einem Dekolleté getragen, das ihren Busen schamlos enthüllte, und auch sonst einen Anblick geboten, der selbst einen heiligen Mann in Versuchung geführt hätte. Mit ihr verglichen hatte Lea nichts Frauliches an sich, denn sie besaß harte Muskeln, wo
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