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Die Goldhaendlerin

Die Goldhaendlerin

Titel: Die Goldhaendlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Dachstuhl trugen.
    Es ging so schnell, dass Sarah erst zum Luftholen kam, als Lea schon fertig war. Die alte Frau senkte die Lampe und leuchtete Jiftach, der langsam aus seiner Bewusstlosigkeit erwachte, ins Gesicht. »Das wird dich in Zukunft lehren, einer unschuldigen Jungfrau Gewalt antun zu wollen.«
    Lea prüfte Jiftachs Fesseln und wandte sich dann mit einem zufriedenen Auflachen zur Tür.
    »Wer schläft in meinem Zimmer?«, fragte sie Sarah und nahm ihr den Schürhaken aus der Hand, der eine durchaus wirkungsvolle Waffe darstellte.
    Die alte Frau winkte ab. »Niemand. Ruben ben Makkabi hat entschieden, dass es das Zimmer des Hausherrn sei, in dem nur Elieser schlafen dürfe. Dein Bruder aber zieht sein altes Zimmer vor, weil es dort wärmer ist.«
    »Das ist gut.« Lea lauschte, ob sich etwas im Haus rührte, verließ dann vorsichtig die Dachkammer und schlich zu ihrem Zimmer. Als sie die Klinke hinunterdrückte, fand sie die Tür zu ihrer Erleichterung nicht abgeschlossen. Sie schlüpfte in den Raum, zündete eine der Kerzen an und sah sich um. Die Geschäftsbriefe lagen noch dort, wo sie sie am Nachmittag gesehen hatte, und die Schlüssel zu den Geheimfächern in der Truhe hatte ebenfalls niemand weggeräumt. So viel Leichtsinn angesichts des fremden Gesindes im Haus ärgerte Lea, denn so hätte jeder im Haus an den Schlössern herumspielen und den Inhalt des Kastens vernichten können.
    Mit einem Mal überwog ihre Neugier die Vorsicht. Sie überflog die Briefe und steckte diejenigen ein, die ihr wichtig erschienen. Sie würde die Schreiben später noch einmal genauer lesen müssen, doch schon der erste Blick hatte ihr verraten, dass sie nun genug Geld besessen hätte, um sich in einer jener Reichsstädte, die Juden gewogen waren, als reicher Kaufmann ansiedeln zu können. Diese Möglichkeit hatten Ruben ben Makkabi und ihr Bruder, der den Augsburger Händler in ihre Geheimnisse eingeweiht hatte, nun genommen.
    Lea hatte sich so von ihren Geschäften ablenken lassen, dass sie nicht merkte, wie die Tür hinter ihr aufging. Als Sarahs Stimme neben ihr erklang, zuckte sie zusammen und griff nach dem Schürhaken, ließ ihn jedoch sogleich wieder los. Sarah hob flehend die Hände, aber ihre Stimme war so zittrig und leise, dass Lea sie kaum verstand. »Nimmst du Jochanan, Ketura und mich mit, wenn du gehst? Wir können hier nicht länger bleiben.«
    Lea sah Sarah an, wie schwer es ihr fiel, diese Bitte zu äußern. Hier in diesem Haus hatte sie ihren Mann Gerschom kennen gelernt und ihre Kinder geboren, und es war ihr immer als ein sicherer Hort in einer feindseligen Welt erschienen. Doch man hatte ihr, wie sie nun berichtete, die Schlüsselgewalt genommen und die Arbeiten einer niederen Magd zugewiesen. Nur der Respekt vor ihrem Alter hatte die neuen Dienstboten bisher daran gehindert, sie genauso herumzustoßen wie ihre Kinder oder Gomer. Da Lea nicht sogleich antwortete, brach Sarah in Tränen aus. »Bitte Lea, lass uns nicht hier zurück!«
    Lea war gerade dabei, die große Truhe zu öffnen, und war sich gar nicht bewusst, auf Sarahs Frage nur in Gedanken geantwortet zu haben. »Natürlich nehme ich euch mit. Packt ganz leise Zusammen, so dass die anderen nicht aufwachen.«
    »Wir werden so lautlos sein wie eine Spinne an der Wand«, versprach Sarah und verschwand erstaunlich leise.
    Bis jetzt hatte Leas ganzes Sinnen und Trachten sich nur darauf konzentriert, Ruben Ben Makkabi und einer aufgezwungenen Heirat zu entkommen. Jetzt aber wurde ihr bewusst, dass sie weiterdenken musste. In diesen Stunden hatte sie ihre Heimat verloren, und das noch nicht einmal, wie sie immer gefürchtet hatte, durch eine Laune des Markgrafen. Nein, ihr eigener Bruder und ein Mann ihres eigenen Volkes hatten sie ihr genommen. Ruben ben Makkabi war gewiss überzeugt, recht zu handeln, doch er berücksichtigte dabei nicht, was sie für ihre Geschwister getan hatte. Mit seinem Eingreifen hatte er alles zerstört, was sie sich mühsam aufgebaut hatte, und erwartete überdies noch, dass sie sich seinem Willen beugte. Aber das würde sie niemals tun.
    Um überleben und wenigstens ihrer treuen Sarah und deren Kindern Schutz bieten zu können, brauchte sie Geld. Sie nahm das Säckchen mit dem letzten Flussgold aus der Truhe, stellte die geprägten Hartenburger Zwölfergulden daneben, die sie als eiserne Reserve zurückbehalten hatte, und griff nach ihren Geschäftspapieren. Als sie sie in der Hand hielt, wurde ihr klar, dass die meisten

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