Die Goldhaendlerin
als bei allen anderen Reisen zusammen, und nun sah es so aus, als würde das Gold, das sie unter Lebensgefahr geborgen hatte, die Taschen ihrer Mörder füllen. Wie berauscht von den Reden des Mönches hieb der Ritter auf den Tisch, um die Aufmerksamkeit des Wirts und der anderen Gäste auf sich zu lenken. »Ich habe eine Menge Feuerholz draußen an der Hauswand aufgestapelt gesehen. Lasst uns daraus einen Scheiterhaufen errichten und das Judenpack verbrennen.«
Während der Mönch sich zurücklehnte und zufrieden lächelte, wurde das Gesicht des Wirtes abweisend. »Das Holz ist für den Winter.«
Der Ritter ließ sich nicht beirren. »Willst du dich etwa sträuben, Mann, ein gottgefälliges Werk zu unterstützen? Es ist noch früh genug im Jahr, um einen neuen Vorrat anzulegen. Ich sage, wir nehmen das Holz und schicken die verdammten Juden zur Hölle.«
»Wenn Ihr mir das Holz bezahlt …«, antwortete der Wirt mit noch verkniffenerer Miene.
Der Mönch fiel ihm ins Wort. »Wenn du das Holz spendest, auf dem die Juden verbrannt werden, ist das so viel wie der Schlüssel zum Himmelreich!«
»Das mag ja sein, aber ich muss noch den Holzfäller bezahlen, der es mir geschlagen hat, und der Grundherr bekommt auch noch eine größere Summe für die Erlaubnis, das Holz aus seinem Forst zu holen. Das sind recht handfeste, irdische Schulden, deren Begleichung ich nicht mit dem Hinweis auf das Himmelreich verweigern kann.«
Der Ritter ballte die Faust. »Du bist ein elender Geizhals!«
Der Mönch winkte ihm zu schweigen und sah den Wirt mit einem Lächeln an, das verständnisvoll wirken sollte. »Du wirst mit dem Geld entschädigt werden, das der Jude mit sich führt.«
Der Wirt warf einen Blick auf Leas abgetragenen Mantel und den alten Judenhut auf ihrem Kopf, dessen gelbe Farbe längst ins Bräunliche spielte, und schüttelte zweifelnd den Kopf. »Der Bettel, der bei denen zu holen ist, wird nicht einmal dem Holzfäller genügen.«
Ein Kaufmann sprang auf, eilte zu dem Mönch und drückte seine Lippen mit Inbrunst auf dessen schmierige Kutte, mit der Sarah nicht einmal mehr den Boden gewischt hätte. Dann wandte er sich an den Wirt und hob die Arme wie zum Gebet.
»Sorge dich nicht, Mann. Wenn das Geld des Judenschweins nicht reicht, lege ich den Rest darauf, um für mich und meine Familie einen Ablass von meinen Sünden zu erlangen.«
Lea musste an sich halten, um nicht aufzustöhnen, denn sie hatte den Mann erkannt. Es war der Kaufmann, der ihr vor drei Jahren auf dem Heimweg von Sarningen erklärt hatte, wie man mit allen Juden im Reich verfahren sollte. Jetzt schien er die Gelegenheit zu wittern, sein Scherflein zur Vernichtung des ihm verhassten Volkes beizutragen. Er starrte Lea an, als wollte er sie mit seinen Blicken töten, erkannte sie aber nicht. Der Unterschied zwischen einem nach Art der Christen gekleideten Reisenden und dem in einen Kaftan gehüllten Juden war wohl doch zu groß.
Der Mönch nickte dem Kaufmann sichtlich zufrieden zu. »Damit ist die Entscheidung gefallen. Der Jude und sein Knecht kommen ins Feuer.«
Der Ritter und seine Leute jubelten bei diesen Worten auf. Es waren harte Männer, denen das Töten zum Handwerk geworden war und vielleicht sogar zur Lust. Aber auch die meisten anderen Gäste stimmten dem Beschluss des Mönches zu, wenn auch bei weitem nicht so begeistert. Keiner war jedoch bereit, es sich mit dem Klosterbruder zu verderben, dessen Stimme seit mehr als einer halben Stunde so scharf wie eine Peitsche auf sie eingeschlagen hatte. Die meisten von ihnen hatten von Medardus Holzinger gehört, der bereits Hunderte Juden auf den Scheiterhaufen gebracht haben sollte und den einen oder anderen Christen, der es gewagt hatte, sich für die Söhne Judas zu verwenden, gleich mit dazu. Man galt in diesen Landen sehr rasch als Ketzer, wenn man einem Kirchenmann wie Holzinger missfiel.
Lea hatte inzwischen mit ihrem Leben abgeschlossen. Mit bissiger Selbstverspottung dachte sie daran, dass ihr Geheimnis nun für alle Zeiten sicher war, denn einem Häuflein Asche konnte man nicht mehr ansehen, ob es von einem Mann oder einer Frau stammte. Während sie sich noch fragte, wie es ihren Geschwistern ergehen würde, wenn sie durch ihren Tod ein zweites Mal verwaisten, erhob sich ein junger Mann, der seiner schreiend bunten, städtischen Kleidung nach zu urteilen zu jenen geckenhaften Müßiggängern aus reicher Familie gehörte, die für ihre Spottlust und ihre Streiche berüchtigt
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